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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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sollten uns nicht erregen“, sagte er, „wir sollten uns setzen.“ Und da er es tat, blieb Iskender nicht viel anderes übrig, als seinem Beispiel zu folgen.
    „Sie wissen doch, daß es Aufgabe des Großwesirs ist, den Kriegsschatz zu stellen“, begann Ibrahim und beugte sofort auch dem Einwand des anderen vor: „Gewiß, ich weiß, daß Sie als Defterdar die Sorge für den Schatz übernommen haben. Aber Sie waren nicht anwesend, Exzellenz. Was hätte ich also tun sollen, als gestern abend bei den Schatzkamelen Diebeslärm erscholl?“
    Doch Iskender fühlte die unerbittliche Gegnerschaft Ibrahims und gab sich durchaus nicht zufrieden.
    „Wenn Sie mich fragen, Hoheit, muß Ich Ihnen wohl antworten“, sagte er. „Sie hätten die Schreier festnehmen und ihnen Stockprügel geben lassen sollen.“
    „Den Schreiern oder . .. nicht lieber den Dieben?“
    „Es gibt keine Diebe!“
    „So sicher glauben Sie sich Ihrer Leute?“
    „Unbedingt! Sagen Sie mir also, Hoheit, was mit ihnen geschehen ist. Man hat dreißig von ihnen verhaftet!“
    Ibrahim machte eine Geste des Bedauerns und der Nachsicht mit Iskender.
    „Es ist das mit ihnen geschehen, was in einem solchen Fall wohl selbstverständlich ist“, erklärte er in einem Ton, der Schonung bedeuten sollte und gerade darum so erregte.
    „Nun?“ drängte der Kiaja.
    Außer der Verhaftung wußte er wirklich noch nichts.
    Doch jetzt schlug Ibrahim auch schon zu.
    „Man hat Ihre Leute gefoltert“, sagte er.
    „Gefoltert?!“
    Iskender schrie es und sprang zornrot auf.
    Ibrahim jedoch blieb sitzen.
    „Meine liebe Exzellenz“, sagte er im Ton einer freundschaftlichen, aber ernsten Ermahnung. „Ich begreife Ihre Bestürzung vollkommen. Wer wäre wohl nicht erschüttert, der sich in seinen Beamten in einem solchen Maße getäuscht sähe wie Sie? Aber es geht doch unmöglich an, daß der Kiaja seinen Serasker anschreit. Nicht wahr? - Wenn Sie sich selbst überzeugen möchten“, fuhr er dann fort und reichte Iskender einen Stoß Papiere.
    Es waren die Protokolle der peinlichen Befragung.
    Iskender Tschelebi las und wurde blaß.
    So wie es gelesen war, schwebte ein Blatt nach dem andern aufs Sofa und zur Erde - Iskender merkte es nicht.
    Die Blätter sagten immer dasselbe. Dies sagten sie:
    Der Defterdar und Kiaja Serasker habe die Angeklagten dazu verführt, unter dem Schutz der Nacht den Schatz zu bestehlen. Natürlich waren die armen Teufel mit dieser Aussage verloren. Wahrscheinlich hingen sie schon, um nicht mehr widerrufen zu können. Aber der Defterdar sah auch, daß die Gefahr ihn selbst schon erreicht habe. Er dachte an die Mitteilung, die er seiner Frau Nino gemacht hatte und an Roxelane Sultana und wußte Bescheid. Seinem Feinde Ibrahim noch eine Maske zu zeigen, hielt er darum für überflüssig. Welche Brücke konnte es von ihm zum Serasker noch geben?
    „Gute Folterknechte haben Sie, Hoheit“, ließ er darum verächtlich fallen; „aber für ein wenig mehr Abwechslung hätten sie sorgen sollen.“
    „Ich denke, die Aussagen genügen“, sagte Ibrahim trocken.
    „Gegen mich, meinen Sie?“ höhnte Iskender.
    Ibrahim, der Herr über Leben und Tod, wäre es auch in Iskenders Fall gern gewesen. Aber gegen seinen Stellvertreter durfte er nichts wagen, wegen des Heeres nicht und Solimans wegen nicht. Das Heer stand ganz auf Iskenders Seite, und Soliman empfand eine hohe Achtung vor dem tüchtigen Mann.
    „Darüber steht mir ein Urteil nicht zu“, umging Ibrahim die Antwort. „Nicht ich habe Sie ernannt, sondern der Kaiser.“
    „Der Kaiser kennt mich“, sagte Iskender.
    „Ich hoffe, er kennt uns beide“, erwiderte Ibrahim mit einem undurchdringlichen Lächeln.
    Es verschwand jedoch, als sein Stellvertreter jetzt auf ihn zutrat. Iskender war angegriffen worden - jetzt griff er selbst an. „Serasker“, erklärte er, „man kann mich beschimpfen, aber absetzen kann mich nur der Kaiser. Sie wissen es.“
    „Ich weiß es.“
    „Ich bin also Kiaja Serasker und werde im nächsten Kriegsrat darauf antragen, nicht erst gegen Bagdad, sondern gleich gegen Persien vorzugehen und den Marsch in der Richtung auf Täbris anzusetzen. Wer die Hauptstadt hat, dem fällt auch Bagdad zu.“
    „Sieh einmal an!“ war alles, was Ibrahim darauf antwortete. Sein eigener Plan hatte nämlich Bagdad gegolten, und Iskender wußte das. „Ich wollte Eure Hoheit nicht über meine Absichten im unklaren lassen“, schloß Iskender Tschelebi.
    „Sehr dankenswert,

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