Roxelane
vertraulichen Männergespräch über Frauen geneigt wäre, falls es nur gelänge, ihm die Zunge auf die rechte Art zu lösen.
Denn noch immer wählte der verwitterte Mann aus der Mädchenbeute die Schönsten für sein Bett aus, und mehr als einmal hatte er geäußert, daß er dieser Gewohnheit bis zu seinem noch sehr, sehr fernen Ende treu zu bleiben gedenke.
Es handelte sich also nur noch um das befeuernde Getränk.
Der Kaffee würde den Pascha wachhalten; die Ergänzung zum Kaffee jedoch wartete bereits im Hinterhalt. Und einen Ausweg, sie dem Alten angenehm zu machen, wußte Ibrahim auch schon.
„Bruder Pascha“, klagte Ibrahim, „es gibt schlechte Moslems ..."
„Die gibt es“, sagte Chaireddin, „und Allah verdamme sie!“
„. .. Moslems“, fuhr Ibrahim fort, „die den Geboten des Korans jede Achtung versagen.“
„Verworfene .. .!“ grollte der Alte.
„Besonders was den Wein anlangt, gibt es viele Sünder“, begann Ibrahim wieder. „Und wenn ich so bedenke, daß ein herrlicher Dichter und heiliger Derwisch wie Hafis die Sünde lobte - trauert mein Herz.“
Doch Barbarossa blieb unbeugsam.
„Er war ein Perser, also ein Ketzer, dein Hafis“, wetterte er, „und wenn er noch lebte, müßte er ausgerottet werden mit der Schärfe des Schwertes!“
„Du sagst es“, bestätigte Ibrahim.
Und dann tranken sie Kaffee. Aber nicht lange.
„Wie war das mit Hafis?“ fragte Barbarossa nämlich.
„Er ist tot“, seufzte Ibrahim, „seit dreihundert Jahren lebt er nicht mehr.“
„Und es war ein heiliger Mann, sagst du...?“ forschte der Alte vorsichtig.
„Er war es!“ beteuerte Ibrahim. „Nach den Zeugen seines heiligen Lebens war er es. Und Allah erleuchtete sein Angesicht und machte es weiß vor Ihm.“
„Du weißt es“, nickte Barbarossa achtungsvoll, „du bist jung, du bist ein Seidener, Samtener und bist gelehrt. Von euch jungen Leuten kann man lernen. Ihr habt besseren Unterricht heutzutage als wir Alten einst.“
„Es ist kein Wissen außer in Allah“, erklärte Ibrahim mit stolzer Bescheidenheit.
„Aber wenn es so ist, wie du sagst“, begann Barbarossa sich zu ereifern, „und es ist so, weil du es sagst. .. dann ist vielleicht die Rebe doch nicht. . .?“ „O Pascha, schweige!“ trauerte Ibrahim. „Du begibst dich auf den Weg der Sünde!“
Es schien schwer zu erraten, was hinter Barbarossas buschigen Augenbrauen vorging. Aber es schien nur so.
Vorläufig zwar trank der Alte seinen Kaffee.
Aber Ibrahim war jetzt nicht mehr im Zweifel, daß seinem hohen Gast dieser Trank durchaus nicht genügte.
„Dagegen ..." , holte er darum aus, „gibt es Getränke, die nicht von Mohammed verboten sind.“
Barbarossa horchte auf.
„Wenn man Wein verdunstet - was ist er dann?“ fragte sein Wirt. „Luft... Dampf“, meinte Barbarossa.
„Und wenn man“, fuhr Ibrahim mit einer weiten, kreisenden Bewegung seines Armes fort, „diese Luft einfängt - was ist sie dann?“ „Immer noch Luft!“ bestätigte Barbarossa, dessen Anteilnahme bis aufs höchste gestiegen war. „Aber was wird dann aus der Luft?“ „Wasser“, erklärte Ibrahim. „Luftwasser. Und nun sprich: Hat der Prophet Luftwasser verboten?“
„Von Luftwasser weiß ich nichts“, sagte Barbarossa. „Aber kläre mich auf, Großwesir: Hat dieses Luftwasser noch immer das, was . ..?“
„Es hat mehr“, sagte Ibrahim, und er sagte es wie ein Hoherpriester. „Dann - zum Teufel!“ polterte der Alte los, „gib dein Luftwasser her, Großwesir! Wir verplempern sonst die schönste Zeit bis zum Morgen!“
Worauf Ibrahim die Kognakflasche hervorzog.
Barbarossa wußte Ibrahims Luftwasser zu rühmen und versicherte, hinfort nur noch auf den Wegen des Gesetzes und der Gerechtigkeit wandeln zu wollen, wie sie ihm Seine Hoheit gewiesen habe.
„Vergiß auch den Kaffee nicht“, mahnte Ibrahim. „Er hält den Frommen wach und schärft seine Lust auf das, was ihm Allah beschert hat.“
Und als der Pascha dem Geheiß gefolgt war, erkundigte sich Ibrahim, ob sich der Herr Bruder wohl getraue, etwas so Höllischem ins Angesicht zu blicken, wie es ein Bildwerk der Ungläubigen sei?
Barbarossa aber beteuerte, durch seine guten Vorsätze bereits so geheilt zu sein, um dem Teufel selbst in die Augen schauen zu können.
„So sieh!“ sagte Ibrahim und reichte ihm ein Porträt der Giulia Gonzaga.
Sie war die schöne Schwester der göttlichen Giovanna von Aragon. Die ganze gebildete Welt des Morgen- und Abendlandes
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