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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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fragen! Früher einmal hatte sie geglaubt, Serafim wisse alles. Das freilich war schon sehr, sehr lange her. Vergangenen Frühling hatte sie das zum letzten Male geglaubt. Gerade da aber hatte er so vieles von dem, was sie bedrängte, nicht sagen können, und auf diese Weise war sie dann dahintergekommen, daß er es nicht wisse.
    Vater Serafim konnte ihr in Chortiza nicht mehr viel helfen. Dagegen würde sie ihm, wenn sie erst wiedergekommen sein würde, alles erklären, worauf er nicht hatte antworten können. Denn nichts würde es geben, was sie dann nicht wüßte. Und er sollte alles erfahren, er vor allen!
    Denn immerhin war Serafim gut. Er wußte zwar nicht alles, aber nie würde er ihr oder der Katze Schlechtes antun.
    Beim Denko war sie dessen nicht ganz sicher. Der wollte immer seinen Willen durchsetzen und verstand deswegen vielleicht doch nicht mehr als Serafim.
    Schon jetzt zweifelte Rosska sehr, ob das, was Denko Köstliches mit ihr vorhabe, ein Segen sei. Denn wie es ausging, wenn man angetan war wie eine Tatarenprinzessin aus Bagdscheserai - das hatte sie ja nun gesehen.
    Außerdem würde es dann auch mit jeder Gemütlichkeit aus sein.
    Bis jetzt war sie gekommen und gegangen, wie es ihr paßte. Kein Mensch hatte sich darum gekümmert, auch Denko nicht. Ob ihr Platz hinterm Herd leer gewesen war oder nicht, hatte ihm keine Kopfschmerzen gemacht.
    Aber wenn er ihr erst die feinen Kleider geben würde, wäre das natürlich vorbei! Mit solchen Kleidern konnte man nicht gut hinterm Herd liegen, und überhaupt war dann auf Chortiza kein Platz mehr für sie.
    Wenn sie aber nicht meerwärts und stromab sollte, wogegen Denko offenbar etwas hatte, dann blieb nur noch übrig, sie nordwärts stromauf und über die Porogen hinüber ins Oberland zu schaffen, vielleicht gar nach dem furchtbar großen Kiew. Schöne Kleider konnte sie dann wohl brauchen, denn mächtig reich waren die Leute da. Ob aber in diesem Fall eine Tatarenprinzessin gerade das Richtige sei, wußte Rosska noch lange nicht! Die in Kiew hatten doch viel zuviel Zank miteinander, als daß sie sich um eine Tatarenprinzessin groß kümmern würden. Dazu wäre mindestens eine Heilige vonnöten, die ja, wenn man Vater Serafim so erzählen hörte, auch manchmal ganz hübsch angezogen gewesen sein mußten.
    Die Dinge lagen nun einmal so, daß die Römisch-Katholischen sich mit den Rechtgläubigen zankten! Die Polen, das wußte Rosska, waren römisch und spielten in der Ukraine die Herren. Die Leute der schwarzen Erde selbst aber waren rechtgläubig wie die Saporoger. Was aber Rosska nicht wußte und was ihr auch Serafim nicht hatte klarmachen können, war, warum sieh die Leute so zankten, und Rosska fürchtete sehr, daß die in Kiew es auch nicht wußten und es ihr ebensowenig sagen konnten wie Serafim. Denn daß die einen es mit dem Papst in Rom und die andern mit dem ökumenischen Patriarchen hielten, konnte nach Rosskas Meinung unmöglich der wahre Grund sein! Tatsächlich hatte Rosska vor Kiew beinahe ebensoviel Angst wie vor Chortiza. Denn vor Chortiza hatte sie plötzlich Angst bekommen, und zwar an diesem Nachmittag, als der Igor sie an seine nackte Brust gepreßt hatte.
    Wenn der sie holen käme, dachte sie, das wäre schrecklich.
    Denn Rosska wußte Bescheid! Erst waren da Mädchen, und dann kamen da Männer und holten sie, und auf einmal waren es gar keine Mädchen mehr, sondern sie benahmen sich unsagbar albern wie die Marinka mit ihrem krummbeinigen Pjotr, von dem sie immer sagte, der würde mal der beste Reiter werden, weil er den richtigen Schenkelschluß habe!
    Rosska aber hatte ihre Katze und Serafim, zu denen sie ja auch auf alle Fälle zurückkehren würde, und brauchte keine krummbeinigen Pjotrs und keine Igors, die schlecht rochen, wenn sie betrunken waren. Und es sei gräßlich, fand sie, so angefaßt zu werden, wie Igor sie angefaßt habe.
    Rosska wollte dies ganze Chortiza nicht mehr!
    Nun hatte sie ja gehört, wie Denko den Igor hart angefahren hatte, und das war auch gut so. Aber Männer waren nach ihrer jungen Erfahrung oft recht haltlos, und dann taten sie ganz anders, als sie sprachen.
    Und Igor war nicht der erste beste!
    Er war der berühmteste Pferdedieb der ganzen Kosakei. Natürlich stahl er niemals Kosakenpferde. Das würde ihm schlechter als schlecht bekommen sein und hätte ihn verächtlich gemacht. Aber Tatarenpferde, die stahl er in Haufen! Und dafür wurde er belobt, und so erfreute er sich bei den Grenzern eines hohen

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