Roxelane
geleuchtet hatte, war wohl die einzige im ganzen Harem, die fest an Roxelanes Stern glaubte. Die Sultana, deren Hofmeisterin sie werden wollte, hieß.. . Roxelane Sultana.
Von allem hörte und sah Roxelane selbst am wenigsten.
Sie war die allerletzte gewesen, die sich Solimans Worte zu deuten gewußt hatte. Sie hatte sich an das Märchen von dem zugeworfenen Taschentuch geklammert, und da kein Schnupftuch durch die Luft geflogen war, hatte sie sich in völlige Sicherheit gewiegt und sich gegen alles, womit man sie über ihr Glück hatte bestürmen wollen, wie gegen törichte Spöttereien und zuletzt nicht ganz ohne Zorn gewehrt. Doch dann war der Kislar Aga in eigener Person bei ihr erschienen. Geradeso war ihr dabei gewesen wie auf Chortiza, wenn sie etwas angestellt hatte, nur daß in diesem großen, großen Harem eines jungen Kaisers auch nicht das kleinste Schlupfloch zu erspähen gewesen war, durch das sie hätte ins Freie entkommen können.
In dieser recht unköniglichen Seelenhaltung war sie durch die Mitteilung erschreckt worden, die der Kislar Aga ihr persönlich zu überbringen verpflichtet war. Trotzdem hatten seine schönen Badestelzen sie weit mehr als seine blumigen Worte von dem gnädigen Geruhen Seiner Majestät überzeugt.
Auf den kleinen Aufschrei, der ihr bei dieser Erkenntnis entschlüpft war, hatte allerdings kein Mensch mehr achtgegeben.
Dagegen waren auf einmal ein ganzer Schwarm offenbar sehr tüchtiger Amtspersonen dagewesen, die sich sofort ihrer jungen Person mit höchster Beflissenheit versichert hatten.
Wohin man sie bringen würde, hatte sie sich zuerst freilich gar nicht vorstellen können. Kein Mensch hatte es ihr gesagt, weil niemand auf den Gedanken gekommen war, sie könne es nicht wissen. Und gesehen hatte sie überhaupt nichts mehr, weil sie von dem großen Zug von Mägden und Schönheitskünstlern des weiblichen und sächlichen Geschlechts völlig umringt gewesen war. - Erst jetzt, da sich die Wolke der Eifrigen etwas zerteilte, erblickte sie mehr. Sie befand sich in einem ihr völlig fremden Raum.
Er war von so ansehnlicher Größe, daß alle, die ihr Amt an ihr auszuüben gedachten, darin hinreichend Bewegungsfreiheit behielten. Wie das vertiefte, geräumige Badebecken war auch der Boden aus weißem Marmor. In die Wände aber waren Platten aus chinesischem Porzellan eingelassen, und die Fensterhölzer und Türen waren zierlich vergoldet. Ein feiner, duftender Dampf erfüllte den Raum. Er stieg vom Becken auf, in das eintönig plätschernd kaltes und heißes Wasser aus blitzenden Hähnen floß.
Bademädchen knieten um das Becken und warteten ebenso auf ihre
Gelegenheit wie die Kneter mit ihrem Oberknetmeister und die Duft-, Haut-, Haar- und Schminkkünstler mit ihren Tiegeln, Flaschen und Phiolen.
Die Auskleiderinnen brauchten dagegen nicht zu warten. Sie hatten zu beginnen. Und da Roxelane einsah, daß sie nunmehr eine öffentliche Persönlichkeit sei, fügte sie sich auch. Mit einem schweren Seufzer fügte sie sich.
Denn seit ihrem Kindererlebnis mit dem Kosaken Igor widerstrebte ihr jede körperliche Vertraulichkeit. Und wenn sie sich auch trotzdem an vieles hatte gewöhnen müssen, wie auch daran, mit ihren Kameradinnen Schlafsaal und Bad zu teilen, so kam sie sich doch jetzt, wie alles so erwartungsvoll um sie herumstand, wieder vor wie einst, nachdem man sie gefangengenommen und auf den Sklavenmarkt zu Pereskop geschickt hatte.
Auch dort hatte sie sich neugierigen und abschätzigen Blicken nackt zeigen müssen, und das mehr als einmal, weil kein Mensch sie hatte kaufen mögen und sie sich auf dem besten Wege befunden hatte, sich zu einem Ladenhüter auszuwachsen. Aber damals, bei den Krimtataren, war sie noch ein Kind gewesen.
Und dann waren endlich auch die Eunuchen der hohen Frau Nur Banu erschienen, der Roxelanes ausnehmende Häßlichkeit gerühmt worden war. Die Verschnittenen hatten sie auch lange hin und her gewendet, um dann zu einer Bestätigung der Glückskunde zu gelangen, daß dieses Mädchen in der Tat nie ein Gefäß der Wollust und somit auch niemals eine Gefahr für den regierenden Khan Mohammed Girai werden könne.
Gerade wie damals war Roxelane heute zumute.
Wohl war sie nun eine Hanum, die man bediente, dennoch fühlte sie dieselbe Scham wie einst und war ebensowenig imstande, sich zu wehren.
Man nahm ihr den Talpotsch vom Kopf, die Schuhe von den Füßen. Kaftan und Unterkleid nahm man ihr wie das Hemd. Auch ihre Hose, die sie nach
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