Roxelane
das Gesicht Serafims.
Roxelane schloß erschauernd ihre Augen. Sie stellte sich vor, daß die Mägde ja nur Frauen und daß die Männer, die sie umstanden, gar keine Männer, sondern nur Hämmlinge seien. Es half ihr freilich wenig, und so war es gut, daß ihr keine Wahl blieb. Sie mußte sich den eifrigen Händen übergeben, die ihr höflich unter die Achsel griffen, um sie so die Stufen ins duftende Bad hinunterzugeleiten. Doch während Roxelane nun fremde Hände an ihrem Körper spürte, verkroch sie sich voll Abwehr vor dem, was ihr bevorstand, in sich selbst.
Und ihr stand bevor, einem Mann und ihrer Bestimmung entgegengeführt zu werden.
Dabei war sie eigentlich Männern gegenüber nicht gerade schüchtern, ja es war nicht einmal zu leugnen, daß sie an ihrer Verbannung aus Bagdscheserai durchaus nicht unschuldig gewesen war.
Oft genug hatte sie bei Frau Nur Banu gedacht, daß es seine Vorteile habe, die Sklavin einer großen Dame zu sein, weil man auf diese Weise eine Reihe gebildeter Männer zu Gesicht bekomme, nämlich die ganze Leiter der männlichen Verwandten der Herrin bis zu den Neffen hinunter, vor denen allen ihr Gesicht zu zeigen einer gläubigen Frau erlaubt war.
Und im Hause Girai gab es keinen Kanun wie für die Familie Osman. Bei den Girais wimmelte es stets von Brüdern und Neffen und andern männlichen Verwandten des Khans. Sogar sehr erwünscht waren sie; allerdings vornehmlich bei der Hohen Pforte in Konstantinopel, wo man die vielen tatarischen Prinzen so gern sah, um sie gelegentlich einen gegen den anderen ausspielen zu können.
Das alles nun verkehrte im Harem von Bagdscheserai.
Als nettester aber von all diesen jüngeren und älteren Männern war Roxelane der regierende Khan erschienen.
Daß Mohammed Khan aus dem Geschlecht des großen Dschingis Khan war - daraus hatte sie sich freilich nichts gemacht. Seine Verwandten waren ebenfalls Girais aus dem Blut des Welteroberers, und trotzdem war der eine ein Lump und der andere ein Trottel. Mohammed, der geschmeidige Fünfziger, war jedoch ein geistvoller Mann.
Zuerst hatte Roxelane ihn bewundert, dann hatte es ihr geschmeichelt, wenn sie der Ehre seines Gesprächs gewürdigt worden war, und schließlich hatte sie einen riesigen Spaß bei der Beobachtung gehabt, daß sie diesen gebietenden Volksfürsten und Mann durch einen Blick oder eine bestimmte Bewegung jederzeit in einen Zustand hatte versetzen können, der ihr überaus seltsam und sehr unterhaltend erschienen war.
Doch nicht aus Eitelkeit hatte sie das getan oder aus einer unverdeckten Lust ihres Körpers, sondern... aus Neugier. Vor allem aus Neugier. Und mit derselben fanatischen Neugier hätte sie die Reflexbewegungen eines anderen Lebewesens betrachtet, eines Käfers etwa, wenn der ihre Aufmerksamkeit erregt hätte, oder, noch besser, eines gefährlichen Tiers.
Männer aber waren für sie halb possierliche, halb gefährliche Tiere, die ein Mädchen zu zähmen und in Schach zu halten habe.
Seit dem scheinbar so winzigen Erlebnis mit dem kosakischen Pferdedieb fühlte sie so. Immer wieder mußte sie an das Grauen denken, das ihr Igors behaarte Brust eingeflößt hatte, und vor dem Gedanken, sich von einem solchen tierhaften Wesen durchdringen zu lassen, empfand sie einen urgründigen Abscheu.
Auch das, was sie jetzt in dem festlichen Badezimmer erfüllte, war zumindest Abwehr.
Trotzdem bäumte sich ihr Inneres noch weniger gegen das Zupacken der Kneter als gegen den geschniegelten Duftmeister auf, der hinterher mit aufreizender Umständlichkeit in ihre geöffneten Hautporen Wohlgerüche und Salben einzuklopfen begann, wobei die unbestechlichen Blicke der Umstehenden auch noch darüber wachten, daß nicht der kleinste Teil ihres Leibes seinen glättenden Händen entgehe. Alles für den Padischah.
Nein! Das konnte nicht ihre Bestimmung sein! Sie so für einen Mann herrichten, hieß ihr außer den Kleidern auch noch stückweise die letzte Scham abstreifen!
Dabei wußte sie nur zu genau, wie lächerlich es gewesen wäre, sich etwa zu sträuben. Doch wenn sich ihr Körper auch der Umwelt fügte, um so fieberhafter suchte ihr rebellisches Hirn nach einem Entkommen.
Sie wollte einfach nicht! Sie wollte keinen Mann, auch nicht den
Kaiser.
Die andern Mädchen sprachen oft Ton Männern; aber sie, wenn sie sich einmal Gedanken darüber gemacht hatte, war sie immer ganz zufrieden gewesen, eines fernen Tages mit irgendeinem Mann verheiratet zu werden. Das war etwas ganz
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