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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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ihr seinen Besuch ankündigen lassen, so hätte sie weniger Eifersucht empfunden. Und da sie nun einmal eifersüchtig war, wäre ihr zum andernmal besser gewesen, sie hätte in diesem Augenblick weder das Aufleuchten in den Augen des Gatten noch seinen Gruß übersehen. Denn von diesem Augenblick konnte viel für sie abhängen. Wußte sie denn, wann sie Soliman Wiedersehen würde? Aber sie übersah alles außer dem Barbarenmädchen, für dessen Herkunft aus der sagenhaften skythischen Steppe sie die tiefste Verachtung zu hegen vorgab, und die sie doch ... fürchtete. Immer schon hatte Saffieje Roxelane gehaßt.
    So verschleierte sie sich mit einer Gebärde des Abscheus, warf sich mit einem Ruck auf ihren hohen Hacken herum und zeigte der Verhaßten im Davoneilen nichts als den herrischen Rücken.
    Leider zeigte sie ihn damit auch dem Gebieter, und das noch dazu in einer Stunde, die nach aller Voraussicht für viele Monate die letzte war, in der sie ihn sehen konnte.
    Angstvoll und zweifelnd verharrten ihre Damen, bis Soliman sie mit unwirschem Wink ihrer Sultanin nachsandte.
    Denn . . .

6
    Unverzeihliches war geschehen. Nicht leicht verletzte Soliman etwas so sehr wie der Bruch aller Formen.
    Die Obersthofmeisterin aber dachte an Demission. Dabei hätte sie mit ihrem Posten alles aufgegeben, was ihr das Leben lebenswert machte, war sie doch neben dem Großwesir und dem Chaßoda Baschi, dem Ankleider des Sultans, die dritte Person im Reich, die das kaiserliche Siegel tragen durfte, sie, die Kiajai, die Obersthofmeisterin des Harems! Doch aller Glanz verblaßte vor dem Schrecklichen, das ihre Augen gesehen hatten, und jetzt wäre sie zufrieden gewesen, einsam und verbannt in einem Landhaus am Marmara-Meer ihre Tage beschließen zu dürfen: eine Chasseki, eine Innigstbegünstigte, hatte dem Großherrn den Rücken zugekehrt!
    Es war nicht alles.
    Denn Seine Majestät waren nicht gegangen, ohne noch vorher etwas zu sagen.
    Was so lange verhütet worden war, hatte sich nunmehr ereignet.
    Die Empfängerin der kaiserlichen Worte war nämlich die Guedlicki Roxelane gewesen.
    „Wir sprechen uns noch, Dame“, hatte Soliman gesagt.
    Und dann war er gegangen.
    VI
    Zu allen Zeiten wäre der Umstand, daß der Kaiser geruht hatte, eine Guedlicki zu sich zu befehlen, für den Harem ein großes Ereignis gewesen.
    In diesem Fall aber erregten sich die Frauen und Eunuchen weniger über Roxelanes Erhebung als über die Ungeheuerlichkeit, die ihr vorangegangen war. Denn darüber konnte man nicht streiten, daß der Kaiser, den Saffieje herausgefordert, ja gedemütigt hatte, kaum anders hätte handeln können, und daß somit Roxelane lediglich die Nutznießerin von Saffiejes eifersüchtigem Zorn geworden war.
    So viele Feinde der Saffieje Stolz ihr jedoch auch gemacht haben mochte, so verriet sich dennoch keiner. Jeder Dame und jedem
    Eunuchen wäre es voreilig, ja tollkühn erschienen, ihr gegenüber das Gesicht zu verlieren.
    Denn Saffieje hatte nicht nur den Rang einer Königin, sie war auch die Mutter des kleinen Mustafa, und solange sich Soliman nicht geäußert hatte, schien ihre Sadie noch keineswegs verloren zu sein. Jetzt freilich zerbiß sie mit der ihr eigenen Hemmungslosigkeit und ohne jede Rücksicht auf die Gegenwart der Obersthofmeisterin die Sofakissen in einem ihrer inneren Gemächer. Sie hatte soeben von dem Eingreifen ihrer Schwiegermutter zu ihren Gunsten und von Solimans guten Absichten gehört, leider sehr verspätet. Und nun wurde sie von einem Vielerlei ganz entgegengesetzter Gefühle geschüttelt. Ein klein wenig Reue war dabei, die sie über ihr eigenes Verhalten empfand, und eine sehr große Angst vor dem Verlust des Padischah, den sie obendrein liebte, und schließlich eine über alles gewaltige Wut auf Roxelane.
    „Der Zwischenfall mit diesem Mädchen wird nicht dauern, Hoheit“, tröstete die Obersthofmeisterin sie und dachte an den starken Rückhalt, den Saffieje an der Sultana Walide hatte.
    Dann allerdings mußte die Trösterin sich mit dringlichen Geschäften entschuldigen, deren Art sie jedoch taktvoll verschwieg. Immerhin vermochte diese Bitte so viel über Saffieje, daß sie sich aufrichtete und mit zusammengepreßten Lippen Gewährung nickte. Kannte sie doch den Dienst der Obersthofmeisterin ganz genau! Dieser Dame lag wie dem Kislar Aga die Oberaufsicht über die Herrichtung des vom Sultan beehrten Mädchens ob.
    Außerdem wollte die Frau Obersthofmeisterin sich auch noch schnell nach irgendeinem

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