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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Herrschsucht, so ruhe doch der Segen der Mutter auf ihr und somit der Segen Allahs. Und Allah habe Saffieje einen Sohn gegeben! Seinen, Solimans, Sohn. Von seiner Pflicht aber könne sie ihn niemals abwendig machen, dazu habe sie nicht die Macht über ihn, vielmehr werde sie immer warten, bis er komme, und er werde Ruhe finden in ihren Armen, die Ruhe, die ihm für sein Amt als Hort und Felsen des Islams not sei. Wogegen die andere, die Störrige, Trotzige nur Zwist mit der Mutter über ihn bringe, der zu gehorchen ihm Sohnespflicht und die Liebe und Dankbarkeit seines Herzens gebiete, und Unruhe bringe sie über ihn, die andere, die ihn verzehre wie die Flamme das Wachs und vor der er nicht sicher sei in seinen Zelten und unter seinen Fahnen.
    „Saffieje ..wollte er sagen . . .
    Da vernahm er Geräusch.
    Und dann füllte sich der Saal ganz nach der Ordnung mit Personen, wie sie im Zeremonial vorgeschrieben waren für den Fall, daß der Padischah eine Hanum zu sich entbot.
    Eher als Soliman, der das alles veranlaßt hatte, bemerkte aber Saffieje, was geschah.
    Sie erhob sich, weil sie wußte, daß sie bezwingender war, wenn sie stand. Und nun reckte sie sich, schön, jung, strahlend, im königlichen Glanz und voll stolzem Glauben auf die wiedergewonnene Liebe ihres Herrn.
    Soliman aber hielt sich allein, durch manchen Schritt von ihr getrennt - von ihr, von ihnen. Er stand steil und schlank. Seine Zähne hörte er aufeinanderschlagen; aber bändigen konnte er sie nicht, und es war gut. daß er sich weitab hielt und im halben Licht. So wirkte er wie eine Säule und war stumm.
    Vor den andern, deren Amt ihnen gebot, hier zu sein, knieten zwei schwarze Gestalten. Es mochten alte oder junge sein, es war nicht zu sehen. Nichts war von ihnen zu sehen, nicht einmal die Augen. Denn heute geschah alles wie es recht war: Die Frauen verneigten sich nach der Vorschrift mit gekreuzten Armen und beugten sich tief. Nichts konnte Soliman an ihnen aussetzen als dies eine: daß er nicht wußte, wer sie waren.
    „Churrem Hanum“, flüsterte die Obersthofmeisterin mehr, als daß sie es meldete.
    „Stehen Sie auf, Dame“, hörte Soliman sich sagen, und ihm war, als habe ein anderer die Laute geformt.
    Es gehörte nicht zur Pflicht des Tschokadars; dennoch eilte er herbei und griff der Dame zusammen mit Dede Semid unter die Arme, und dann verfügten sich beide, Dede Semid und der Tschokadar, in den Hintergrund.
    Denn auch der Mantelträger des Sultans hatte auf Roxelane gesetzt. Saffieje merkte es sich mit gerunzelten Brauen.
    Roxelane aber stand allein vor Soliman.
    Er zwang sich zu einem leichten Spötteln.
    „Ihr Gesicht sei schwarz vor Schmach, ließen Sie mir sagen“, begann er. „Aber ich erblicke nur Ihren Schleier, und der freilich ist schwarz. Belieben Sie ihn fortzunehmen, Dame.“
    Doch Roxelane rührte sich nicht und sagte auch nichts.
    Trotz dieser offenkundigen Auflehnung vermochte Soliman sich noch soweit zu beherrschen, um die Obersthofmeisterin heranzuwinken. „Sie haben die Liebenswürdigkeit, der Dame zu helfen“, befahl er. Die Exzellenz verneigte sich tief vor Soliman und dann sehr leicht vor Roxelane.
    Und sie möchte wohl mit diesem Mädchen, empörte sie sich innerlich, einmal hinter gepolsterten Türen und unter vier Augen allein sein. Denn offenbar habe es die Gouvernante Dede Semid zur rechten Zeit an der nötigen Strenge fehlen lassen. Und es sei jammerschade, daß es nun für die Rute bei diesem Geschöpf zu spät sei - dachte Ihre Exzellenz.
    Laut aber sagte sie: „Seine Majestät haben befohlen“, und schlug Roxelanes Schleier zurück.
    Dede Semids Gedanken gingen jedoch andere Wege als die ihrer hohen Vorgesetzten. Soviel kannte sie von Frauen und Mädchen, um zu wissen, wie echt Roxelane in ihrem Kummer, in ihrem Zorn und ihrer Leidenschaft gewesen war. Auch als Roxelane den Tschokadar fortgeschickt hatte, war sie blind ihrer Eingebung gefolgt. Und nun ergab sich das Wunder, daß die Rechnung aufging, als habe eisklare Überlegung sie gefügt. Dede Semid glaubte zu erkennen, daß in
    Roxelanes Trieben eine unbegreifliche Weisheit sei, und die habe die Freundin auch dieses Mal wieder das Richtige tun lassen.
    Selbst die prächtige Saffieje sah jetzt, daß sie es in der trauernden Roxelane - und gerade in der trauernden! - mit einer ernsthaften Gegnerin zu tun habe, und ihr Verstand sagte ihr, daß Grund sei, vor der Nebenbuhlerin zu zittern.
    Wie Roxelane vor Soliman stand, den Kopf in Scham

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