Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
Vom Netzwerk:
tastete ihre Rechte nach Mohammed Girais anderm Geschenk, dem dürftigen Medaillon, das Serafims Kreuzchen enthielt. Nichts machte ihr die Höhe ihres Aufstiegs so sinnfällig wie der Unterschied zwischen dem armseligen Schmuckstück, das einst ihr, einem halben Kind und einer Sklavin, überlassen worden war, und dem kostbaren Geschenk, mit dem der Geschäftsträger Seiner Hoheit die große Dame den Interessen seines vornehmen Auftraggebers geneigt machen wollte.
    Kaum ein Jahr lag zwischen damals und jetzt.
    Wenn man Roxelanes Schicksal mit Dede Semids Augen betrachtete, war viel, doch nicht alles gewonnen. Denn das Alte Serail hüllte sich in ein Schweigen, das man nur als feindselig deuten konnte. Im Alten Serail residierte Saffieje und herrschte Hafsa Chatun. Nach Hafsa Chatun aber, der Sultana Walide, richtete sich die kaiserliche Familie. Keine von Solimans Schwestern oder Tanten hatte es als nötig angesehen, Roxelane auch nur die geringste Anteilnahme zu bekunden, keiner der Höflinge der hohen Mutter war bei ihr erschienen. Roxelane freilich war zu sehr von Soliman erfüllt, um sich ihr Glück durch etwas trüben zu lassen, was ihrer Freundin Dede Semid fast jede Freude an den ehrenvollen Geschenken vergällte. Als dann jedoch Kira Sultanas Einladung eintraf, empfand sogar die Herrin eine kleine Genugtuung.
    Denn daß Dede Semids Jubel grenzenlos war, verstand sich von selbst. War Frau Kira doch zur Zeit die einzige Sultana im Neuen Serail und damit auch die Erste Dame des Kaiserpalastes. Und natürlich verlangte Dede Semid für diesen Besuch das Äußerste, was an Prunk nur aufzutreiben war.
    In neun Sänften sollten sich Roxelane, Dede Semid und die Ehrenfräulein zum Konak Ihrer Hoheit tragen lassen, das ganze Personal des Köschk Hebetullah sollte aufgeboten und vom Kislar Aga ein Großes Geleit angefordert werden.
    Zu Dedes Leidwesen beschloß Roxelane es anders.
    Sie gedachte der Frau, die ihrer verstorbenen Knaben und ihres lebendigen Gatten beraubt war, und verbat sich jede Begleitung außer der ihrer Ersten Gesellschafterin.
    Auch in ihrer Kleidung vermied Roxelane jeden Überfluß, vor allem aber die kaiserlichen Farben grün und rot. Eigens zu diesem Besuch ließ sie sich ein neues, heliotropfarbenes Gewand anfertigen, dessen einziger Schmuck ein Besatz aus Mohammed Girais Füchsen war. Und gerade soviel legte sie von ihren Juwelen an, um bei der hohen Gastgeberin den Eindruck nicht aufkommen zu lassen, als achte sie deren Einladung gering. Mehr nicht.
    Sobald Dede Semid jedoch ihre Herrin erst begriffen hatte, tat auch sie ihr möglichstes, um Einfachheit mit erlesenem Geschmack in Einklang zu bringen. Alle ihre Mädchen bewunderten sie, so prachtvoll sah Dede Semid aus. Zu mattrosa Hosen ging sie schwarz, und einen besonderen Reiz übte das schwarze Florhemd aus, das eine leise Ahnung von ihrer immer noch schönen Brust durchschimmern ließ. Aufgehellt aber wurde das dunkel umzauberte Geheimnis durch eine schwere und reiche Kette aus venezianischem Rosenquarz, die ihr Hals und Büste mehrfach umschlang.
    Keine schwarzen Eunuchen empfingen die Damen. Bei einer Sultana wäre selbst der Anschein einer Überwachung unziemlich gewesen. Reichgeschmückte Mädchen geleiteten die beiden durch Zimmer, deren unleugbare Pracht die Herrin des Köschk Hebetullah und deren Begleiterin nicht mehr zu erschüttern vermochte, bis Roxelane und Dede Semid gebeten wurden, in einem sofaumhegten Gemach Ihre Hoheit zu erwarten.
    Dede Semid erfaßte die Lage sofort und flüsterte ihrer Herrin zu, daß Frau Kira nur deswegen noch nicht anwesend sei, weil sich die hohe Dame offenbar nicht darüber habe klar werden können, ob sie bei Roxelanes Eintritt als Gastgeberin aufstehen oder als Sultana sitzen bleiben solle — eine Frage der Etikette, die Roxelane wenig berührte. Denn besaß sie auch das schönste Köschk und gehörten ihr auch die Inseln Tenedos und Imbros, so war sie doch zweifellos keine Sultana, und daß Frau Kiras Mädchen sie mit ,Euer Gnaden' ansprachen, war mehr ein höfischer Brauch als ein verbrieftes Recht. Doch nun war es soweit: die Türen öffneten sich. Mädchen stellten sich auf, an Eunuchen war kein Mangel, eine Hofmeisterin kündigte die Sultana an, die sich dann auch zwischen dem Spalier ihres Vortritts dem Besuch näherte. Trotzdem nun die hohe Dame den versinkenden Gast huldreich zu sich emporzog und mit einem Kuß begrüßte, konnte sich Roxelane nicht des ketzerischen Gedankens erwehren,

Weitere Kostenlose Bücher