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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Sultanin-Mutter nicht an die Macht lassen dürfe - das erschien ihr jetzt schon als selbstverständliche Notwehr.
    „Churrem ... Schwester ... Liebste!“ warb Esma, und Roxelane lächelte ihr zu. Mit untergeschlagenen Beinen hockte sie sich zu Esma aufs Sofa und umschlang sie.
    „Woher kennst du ihn? Was weißt du von ihm?“ fragte sie. „Er ist Solimans Freund, und ich weiß so wenig.“
    Da erzählte ihr Esma alles, was sie wußte, wie oft sie ihn gesehen, wie sein Gesicht sei und seine Gestalt und wie er zu Pferde sitze und sich kleide.
    „Ganz anders als Soliman ist er“, begeisterte sich Esma, „gar nicht so ernst, sondern voll Lust.“
    „Schwester“, sagte Roxelane und zog Esma voll Zärtlichkeit an sich. „Du sollst deinen Ibrahim haben. Ich verspreche es dir.“
    Und während sie es versprach, wußte sie auch schon, daß sie ihr Versprechen erfüllen würde.

18
    östlich vor der Stadt Rhodos, auf dem Hügel der Heiligen nahe bei der Kapelle Unserer lieben Frau von Elemonitra, war Solimans Zelt aufgeschlagen. Dieses Zelt war ein Haus, war eine Stadt, war ein purpurner Berg. Dach und Außenwände deckte das kaiserliche Rot, und die Fülle der seidenen Gemächer war groß.
    In einem dieser Zimmer, deren Fenster aus Glas in Goldschnüren bestanden, saß ein Schreibender.
    Die goldenen Gitter freilich wurden durch Vorhänge verdeckt, die sich in Farbe und Form den Zimmerwänden und der hochgezogenen Decke einfügten. Chinesisches Kaisergelb mit hineingewebtem Kirschblütenornament beherrschte den Raum.
    Etwa in der Mitte stand der Tendur, ein tischartiges Gestell, unter dem sich eine bronzene Feuerkiepe mit glühenden Holzkohlen befand. Alles jedoch, den Tendur, die Kohlen, die Beine des Sitzenden, verbarg eine weit auf den Boden herabwallende Decke von schwarzer Angorawolle mit einer lang gefransten, breiten und bunten Kante.
    Es war ein Tendur, wie er in Ermangelung von Öfen und Kaminen im Zelt und im Palast und in allen türkischen Häusern gebraucht wurde, was die Feuersicherheit der Städte und auch Konstantinopels nicht gerade erhöhte. Dem Schreibenden aber war die Wärme zu seiner Behaglichkeit ebenso unerläßlich wie der leichte Honigduft der Wachskerzen, die ihm das ausgeschlossene Tageslicht ersetzen mußten.
    Den linken Ellenbogen hatte er aufgestützt. In der Linken hielt er auch das Pergament, das er, um ihm mehr Festigkeit zu verleihen, hohl einhielt. Die Rechte faßte den vorn abgeschrägten Holzstift. Und von Zeit zu Zeit versenkte der Schreiber ihn in die Tintenflasche aus russischem Onyx.
    Er schrieb von rechts nach links, und zwar arabisch. Denn ein so hoch-gestellter, vor allem aber so feiner Herr wie der Tschokadar Bolil Aga wäre unfähig gewesen, einer höchstzuverehrenden Dame wie seiner Gönnerin Roxelane oder vielmehr Churrem Hanum in der türkischen Volkssprache zu schreiben. Für ungehobelte Nichtsalseisenfresser mochte die gut sein, doch nicht für einen Eunuchen und schon gar nicht für einen Großeunuchen vom Rang des Höchstachtbaren. Von Eisenfressern war im Brief allerdings um so mehr zu lesen, von den acht Zungen des Johanniterordens zum Beispiel, von der deutschen, französischen, englischen, spanischen, portugiesischen, italienischen, von der Zunge der Auvergne und der Provence und von den Plätzen, die den Rittern jeder dieser Nationen bei der Verteidigung von Rhodos angewiesen worden waren. Ferner schrieb Bolil über die Kriegsknechte und Artilleristen, die der Orden angeworben hatte, und über die Kampfkraft der griechischen Stadt- und Inselbevölkerung. Nachdem Roxelanes Wunsch, von allem Wissenswerten unterrichtet zu werden, Bolil einmal erreicht hatte, hielt er es für besser, zu viel als zu wenig zu schreiben. So schrieb er denn auch über Gabriel Martinengo, den großen venezianischen Ingenieur, der sofort nach seiner Ankunft als Großkreuzträger in den Orden aufgenommen worden war und sich sogar den türkischen Feuerwerkern gewachsen gezeigt hatte. Mit ganz neuen Mitteln, wie sie, seit diese Erde bestehe, niemand bekannt gewesen seien, hatten sich die Feuerwerker Seiner Majestät gleich Bergleuten ans Werk begeben, und dabei waren ihre Stollen auf ganz ähnliche des Martinengo gestoßen. Über und unter der Erde hatten die Schlachten getobt. Oben mit der Artillerie und den blanken Waffen - unten mit Minen und Gegenminen. Genommen und verloren und wieder genommen war das englische Bollwerk worden und ebenso das deutsche, wo der Komtur Christoph von

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