Roxelane
Waldner aus Pludenz in Tirol kommandiert hatte.
„... überhaupt wurde in einer Weise gekämpft“, berichtete Bolil Aga, „wie es nur Ihrer von Allah gesegneten Eingebung möglich sein wird, sich vorzustellen. Zehntausende rechtgläubiger Seelen gewannen sich das Paradies nach der Verheißung: ,Die da eifern mit Gut und Blut auf Allahs Wegen, sind die Glückseligen. Wohlgefallen und Barmherzigkeit verheißt ihnen ihr Herr, und Gärten warten ihrer, in denen ist beständige Wonne.“ Auch bei den Rhodisern fehlte es übrigens nicht an Tapferen, die man bewundern könnte, wenn sie als Widerstrebende und Ungläubige nicht ihren Lohn dahin hätten.
Selbst Frauen, des Lebens erhabene Quellen, vergaßen ihr Geschlecht und gaben statt Leben Tod. Vorzüglich ist eine, deren Geschichte ich Euer Gnaden nicht vorenthalten möchte. Es war eine Griechin. Sie sah ihren Geliebten, einen englischen Feldobersten, fallen. Darauf küßte sie ihre zwei Kinder, zeichnete ihnen das Kreuz des Afterglaubens auf die Stirnen, durchstieß die zarten Leiber mit einem Dolch und warf sie mit den Worten ins Feuer: ,Daß euch der Feind weder tot noch lebend schände!' Sie selbst jedoch schlug des geliebten Toten blutigen Mantel um sich und stürzte mit seinem Schwert in der Unsrigen dichteste Haufen, wo sie mordwütend focht und erst nach langem, verlustreichem Kampf den Streichen der Bekenner erlag. Ganz anders als diese Verderberin verhielten sich die Griechinnen von der rhodisischen Insel Syme. Diese leisteten uns als berühmte Taucherinnen große Dienste. Und höchst erstaunlich fand ich es, daß ich unter diesen Mädchen, die jeglicher Bildung und Erziehung ermangeln, dennoch mehr als eine von der trefflichsten Körperbeschaffenheit antraf, eine Beschaffenheit, aus der sie beim Schwimmen und Tauchen so wenig ein Hehl machten, als befänden sie sich in einem Frauenbad und nicht unter Männern. Werden Euer Gnaden glauben, daß sie bei ihren Landsleuten desungeachtet für keusch gelten ...?“
Trotz des Tendur fröstelte es Bolil.
Der Wind drückte auf die eine Zeltwand und legte sich in sie wie in ein Segel.
Es war aber auch einer der unfreundlichsten Tage im Dezember des Jahres 1522.
Eine dunkelgraue Fläche war das Meer. Nur hier und da zog eine Regenböe einen helleren Streifen darüber. Selbst die Brandung sprühte kein Licht aus. Sie war wie aus Watte.
Grau hob sich aus dem Meer auch die Stadt mit ihren wuchtigen und kantigen Mauertürmen. Im Norden stand das Siegertor und darüber die Marienkirche vom Siege. Über sie reckten sich in den höhergelegenen Straßen die flandrischen und hansischen Giebel der Ritterhäuser.
Und dann kam Sankt Johann.
Diese Kirche des Ordensheiligen zeigte sich mit ihren kraftvollen Strebepfeilern und massigen Türmen ganz als das, was sie war: eine Glaubenszitadelle, ebenso geschickt zum Krieg wie zum Gebet.
Gerade über dem Ambrosianischen Tor aber wurde die verzauberte Stadt von den edlen romanischen Linien des Großmeisterpalastes gekrönt. Der Stein jedoch, aus dem er erbaut war, gab ihm einen rötlichen Schimmer, wie ein Widerschein war er vom Purpurnen Berg, vom Sultanszelt vor der Stadt.
Es war Weihnachten.
Es regnete, es schneite. Und vor Solimans Zelt wartete ein alter Mann. Schon vor Tag war der Mann gekommen, und er hatte noch lange zu stehen. Denn es war Freitag und Diwantag.
Solaks und Peiks, Bogenschützen von der Leibwache und Pagen -Muteferrikas und Tschausche, Fouriere und Staatsboten - Stallmeister, Kämmerer und weiße Eunuchen umgaben im dichten Gedränge, dem dennoch die Ordnung nicht fehlte, das kaiserliche Zelt. Als wollten sie mit ihren prächtigen Gewändern, mit Staatsturbanen und Goldhelmen, mit Federbüschen und ihren spiegelnden Waffen dem düsteren Tag Trotz bieten.
Der Greis stand mit seinen beiden Knappen abseits. Alle drei waren in schwarze Mäntel gehüllt.
Der kaiserliche Schwager, Mustafa Pascha der Serasker, Dschanfeda Sultanas Gatte, hatte bereits am dritten Tage der Belagerung die erledigte Statthalterschaft von Ägypten übernehmen müssen. Sein Nachfolger war jener Achmed Pascha geworden, den die Sultana Walide der Prinzessin Esma zugedacht hatte und der mit seiner Ernennung zum Serasker der Großwesirschaft auch wirklich um einen Schritt nähergerückt war.
Eine Schwadron Sipahi mit Säbel und Bogen, mit Schild und bewimpelter Lanze trabte unter ihrem Dscheribaschi, dem Rittmeister, auf arabischen Pferden heran. Jeder einzelne Mann des Beritts trug
Weitere Kostenlose Bücher