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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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könne.
    „Zu Hause werden sie es gar nicht merken“, erklärte Esma aber nur kindlich wie ein Schulmädchen, das sie mit ihren vierzehn Jahren ja eigentlich auch noch war. „Meine Leute werden mich nicht verraten, und ausforschen wird man sie auch nicht. Jedermann wird glauben, ich sei zu Dschanfeda ans Meer gefahren. Und am Meer bin ich nun ja auch!“ erheiterte sie sich selbst über ihren Schwindel.
    „Aber Dschanfeda Sultana?“ gab Roxelane zu bedenken.
    „Die ist anständig!“ rief Esma jedoch zuversichtlich. „Auf Dschanfeda kann man sich verlassen. Meine Schwester Tamara denkt an nichts anderes als an Politik, und da weiß man dann nie, was ihr gerade einfällt. Aber Dschanfeda will nur ihren Mann haben, und daß der Serasker geworden ist, gefällt ihr gar nicht. Dschanfeda verlangt nicht, daß ich Achmed Pascha heiraten soll, wie die Mutter das will. Wenn ich ihn nicht mag, ist Dschanfeda das auch recht. Und ich mag ihn nicht! Ich will ihn nicht! Und nun nennen Sie mich auch noch ,Hoheit' und tun fremd zu mir, und kein Mensch hilft mir!“ Roxelane sah, wie es um Esmas Kindermund zuckte und wie wenig der Kleinen an einem hemmungslosen Schluchzen fehlte.
    Mit der ganzen Überlegenheit der jungen Frau, die bereits einen Mann umfangen hatte, fühlte sie ihr Mehr von drei Jahren über die Vierzehnjährige, der männliches Entzücken bisher nur in Träumen begegnet war. - Mütterlich legte sie ihren Arm um das weinende Kind.
    „Sie wollen Achmed Pascha nicht?“ fragte sie. „Sie meinen doch den Wesir? - Ja, warum in aller Welt sollen Sie ihn denn heiraten?“ Auf diese Weise erfuhr Roxelane dann die Geschichte, die Esma hergeführt hatte.
    Esma wollte Achmed Pascha nicht zum Mann, sondern Ibrahim, den
    Oberstfalkonier, den Geiger aus dem Garten von Magnesia, Solimans Freund.
    Und dann wollte die Kleine auch ..., daß Roxelane ihr zu Ibrahim
    verhelfe.
    „Ich?!“
    Roxelane erholte sich nur langsam, so grenzenlos war ihr Erstaunen. „Churrem ...“, bettelte Esma indes.
    „Welchen Einfluß trauen Sie mir eigentlich zu?“
    „Die Mutter will, daß ich den Pascha heirate, und damit will sie ihn zum Großwesir machen.“
    „Um so mehr!“ rief Roxelane. „Was habe ich mit Großwesiren zu
    tun?“
    Esma begriff Roxelane ebensowenig wie Roxelane sie. Als Prinzessin hatte Esma von Geburt an zu jener Gruppe weiblicher Machthaber gehört, in der das Regierenwollen nahezu selbstverständlich war. Warum sollte die geliebteste von Solimans Frauen sich nicht um die Großwesirschaft kümmern? Nach Esmas Auffassung war es geradezu Roxelanes Pflicht, das zu tun. So nahm sie denn deren Einwände auch nur für Ausflüchte.
    Und jetzt zeigte es sich, daß der kleinen Unschuld, die in Gegenwart ihrer regierenden Mutter nicht den Mund aufzumachen pflegte, nichts entgangen war und daß sie in der Hauptsache auch alles verstanden hatte.
    „Daß der alte Piri Mustafa nicht bleiben kann - das wissen Sie doch!“ zählte sie auf. „Meine Schwester Tamara möchte nun ihren Ferhad zum Großwesir machen, obwohl Dschanfedas Mustafa als Serasker der nächste dazu wäre. Aber Dschanfeda ist gar nicht darauf versessen. Ihretwegen könnte Ferhad also ruhig das Siegel bekommen.“
    „Aber . . .“
    Es fehlte nicht viel, daß Roxelane sich ärgerte. Was denn die Frauen, dachte sie, diese Ernennung wohl angehe, die doch allein ihres Solimans Sache sei?!
    „Ferhad kann wegen der Mutter nicht Großwesir werden“, fuhr Esma jedoch schon fort. „Sie mag ihn ganz gern; aber sie sagt, er sei zu gefährlich. Und das ist er auch!“ fügte die junge Dame als ihr eigenes Urteil hinzu. „Wenn mein Schwager, sobald er zur Mutter kommt, auch immer viel mitbringt, der Geizige, und stets sehr unterwürfig tut, so möchte ich doch nicht zu den Menschen gehören, die von ihm abhängen. Was aber habe ich damit zu tun, daß meine Mutter mich nun mit Achmed verheiraten will? Sie weiß, daß Soliman den Pascha nicht liebt. Doch das ist ihr gerade recht. Denn so wird Achmed ohne die Mutter nichts sein, und einen Großwesir, der von ihr abhängig wäre, sucht sie.“
    Es war gut, daß Dede Semid und die Mädchen jetzt mit dem Sorbet erschienen, um Ihre Hoheit mit allem Aufwand, der ihr als Prinzessin zukam, zu bedienen. Nichts fehlte, und Roxelane fand an der reichen Kleidung ihrer Hausdame und ihrer Gesellschafterinnen nur bestätigt, wie wenig dieser hohe Besuch Dede Semid überrascht hatte. Und er sei vielleicht wirklich bedeutungsvoll, dachte

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