Roxelane
vorn am vergoldeten Helm den zwei Fuß hohen Federbusch. Rasselnd geleiteten sie den neuen Serasker.
Seinen Tug mit den drei Roßschweifen trug man ihm voran. Ein Schwarm von Pagen umgab ihn.
Es mochten wohl Achmeds stechende Augen sein, die zu seinem sonst so friedlich gepolsterten gelben Gesicht wenig Vertrauen aufkommen ließen. Daran konnte auch sein gepflegter Bart nichts ändern.
An seiner golddurchzogenen Kalewi steckte der Sorgutsch, die juwelengeschmückte Reiheragraffe, und als er abstieg, empfing ihn der Alkisch, der ihm zukam, der Tschausche hallender Segensruf. Unter dem Vortritt des Tschausch Baschi und von Kämmerern geleitet, betrat Achmed Pascha, um die kaiserliche Hand zu küssen, das Zelt.
Mit gleichem Gepränge erschien Tamara Sultanas Gatte, Ferhad Pascha. Auch ihn umrauschte der Alkisch. Auch er wurde vom Hofmarschall und von Kammerherren eingeführt.
Von Kleinasien kam er, wo er Streitigkeiten zu schlichten und für Ruhe zu sorgen gehabt hatte. Und er war seiner Aufgabe so gerecht geworden, daß weder der Fürst von Sulkadr noch dessen mit dem kaiserlichen Hause mehrfach versippte Familie mehr lebten. So konnten dem Pascha denn gern sechs Pagen mit goldenen Gefäßen folgen. Wenn er die auch zu Füßen seines kaiserlichen Schwagers niederlegte, so bedeutete das im Vergleich zu der Beute, die er sich selbst gesichert hatte, gar nichts.
Den Wesiren folgte der Janitscharen Aga, dessen weiße Fahne auf dem englischen Bollwerk wehte. Mit eigener Hand hatte er sein Banner dort aufgepflanzt.
Ajas Pascha, der Beglerbey von Rumili, ritt an und trat ein.
Nach dem mißglückten Sturm im September war er verhaftet worden. Aber der Padischah hatte ihm nicht nur den Kopf belassen, sondern ihn am nächsten Tag sogar in Gnaden wieder aufgenommen.
Paschas und Generäle - viele kamen, und das Pauken und der Fanfarenschall nahmen kein Ende.
Schließlich näherten sich die Kämmerer aber doch dem Alten, nahmen ihm das Schwert und den Dolch, nahmen ihm den Mantel und enthüllten das achtspitzige Weißkreuz auf seiner Brust.
Denn der Wartende war der Fürst von Rhodos, der Großmeister der Johanniter, Villiers de l’Isle Adam.
Die Kämmerer hüllten Seine Hoheit in einen überaus kostbaren Ehrenpelz aus russischem Zobel und ergriffen seine Arme. So führten sie ihn genau nach dem Zeremonial vor Soliman. ,Ohne Waffen, von zwei Kämmerern gehalten', lautete die Vorschrift für alle vor das kaiserliche Antlitz Geladenen, seit Murad der Erste nach seinem Sieg bei Kussowa von einem serbischen Bittsteller erdolcht worden war. Villiers de l’Isle Adams Gedanken waren nicht danach, die Pracht des feierlichen Diwans in sich aufzunehmen. Er verneigte sich tief vor dem Kaiser, und dann wartete er, wie er bisher gewartet hatte. Unbeweglich saß Soliman und streckte seine Hand nicht aus, bis eine kaum merkliche Bewegung seiner Rechten alle Anwesenden aus seiner Gegenwart entfernte.
Nur Ibrahim, der Falkenmeister, blieb hinter ihm. Und als Soliman sich dann erhob, stand der Sieger vor dem Besiegten mit keinem andern Zeugen als dem Freund des Kaisers.
Es war Schweigen im Zelt. Endlich brach es der Kaiser.
„Deine Hoheit“, sagte er, „verlor eine Stadt und ein Land. Nur ein Herrscher kann viel verlieren, weil er viel besitzt.“
Der Großmeister begnügte sich mit einer Verneigung.
„Du sandtest meinem Serasker einen Brief, in dem Bajesid der Zweite, mein erlauchter Großvater, für sich und seine Nachfolger - also auch für mich! - deinem Orden den Frieden versprach.“
„Achmed Pascha zerriß diesen Brief“, sagte Villiers.
„Er hat wohlgetan“, antwortete Soliman. „Denn wofür bekamt ihr den Brief?“ fuhr er fort. „Für einen Verrat an Sultan Dschem.“
„Das, was deine Majestät unsern Verrat nennt“, entgegnete der Meister, „war deinem Großvater günstig.“
„Bajesid bezahlte die Gunst. Vierzigtausend Dukaten gingen jährlich nach Rom, damit euer Papst den Prinzen gefangenhalte.“
„Dschem war ein Rebell.“ „Er war euer Freund“, widersprach Soliman, „und wir sind nur Menschen. Allah aber ist Gott. Es gibt keinen Gott außer ihm. Und Er
richtet.“
„Er wird auch dich richten“, versetzte Villiers sehr kühn.
Doch Soliman blieb ganz ruhig.
„Sicher“, gab er zu. „Auch mich wird Er richten. Und mein Volk. Und es ist niemand ohne Schuld.“
Von den beiden Männern, dem alten und dem jungen, stand keiner dem andern an Würde nach.
„Sultan Dschems Sohn weilt unter
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