Roxelane
oder vielleicht auch nur, weil er es niemals gesehen hatte.
So war also Messer Baffo von dort verschrieben worden.
Dadurch kam dann wenigstens etwas von dem, was Byzanz und der Orient Venedig geschenkt hatten, wieder zu seinem Ursprung zurück. Denn in Schmuckformen, die auf das anmutigste Motiven des Dogenpalastes nachgebildet waren, hatte es Baffo zur anerkannten Meisterschaft gebracht.
Mit den technischen Bauten dagegen und vor allem den Wasserkünsten hatten schließlich doch die Ingenieure von den Piade, den türkisdien Pionieren, betraut werden müssen, von denen die Rede ging, daß es keine Aufgabe gebe, zu deren Bewältigung sie nicht die geeignete Maschine erfinden würden.
Von dieser Werkstatt des Bades aber erblickte das Auge nichts. Verborgene Gänge umliefen die ganze Anlage. Doch keine einzige Pforte führte von diesen Gängen ins Paradies. Und dort wiederum störte weder der Anblick eines Ofens noch eines der Pumpwerke, die alle von den Gängen aus geheizt und bedient wurden. Auch nicht ein einziges Fenster verlockte zu einem verbotenen Blick. Lückenlos schlossen sich die schirmenden Wände.
Nur von oben kam alles Licht.
Und es gab viele Räume, die zu beleuchten waren.
Außer dem eigentlichen Dampfbad gab es noch einen Saal, dessen Luft bis an die Grenze des Erträglichen erhitzt war. Vorübergehende Kühlung gab nur das eisige Wasser, das den heißen Wänden entströmte, weil sonst ein längeres Verweilen in diesem Fegefeuer zur Schärfung der Lust überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
Um so schöner war dann im Schwimmsaal der Lauf in die kalt anrennende Brandung.
Denn eine Brandung war da, und ein Strand war da aus gefärbtem, feinstem Seesand. Vom Sonnengelb wandelte sich seine Farbe im Wasser und bei zunehmender Tiefe über Grün in ein purpurnes Blau. Und regelmäßig wie die Atemstöße eines Riesentieres ließ eine Maschine immer wieder einen Schwall neuen Wassers aus dem Riesenmaul eines bronzenen Delphins hervorbrechen und erfüllte so den Schwimmraum unablässig mit Wogen und Schaum.
Dies Bassin war eine Huldigung Esmas an Roxelane.
Esma gelbst schwamm nicht, und wenn ihr Gatte die Kunst auch so gut verstand, wie man es von einem ehemaligen Fischerjungen nur erwarten konnte, so war dennoch nicht er auf diesen Gedanken verfallen.
Der Mittelpunkt der ganzen Anlage war aber die Halle.
Durch rötliche Glasscheiben fiel von der großen Kuppel ein rosiger Hauch und gab dem weißen Marmor die wärmeren Farben einer jungen und nackten Frau.
Nur vom Gipfel der Wölbung schoß ein einziger dünner Lichtstrahl so weiß und so klar hinab, wie der Himmel ihn nur entsenden mochte. Und ihm entgegen drängte sich stürmisch die lebendige Wassersäule der Fontäne.
Silbern verquirlte sie im weißen Glanz. Einer überirdischen Zauberkerze glich sie so in diesem Raum der verschattenden Wände.
An den Wänden aber zogen sich, in Absätzen übereinander gelagert, die Bänke hin.
Ein breiter Umgang säumte das Becken der Mitte.
„Wie schön!“ sagte Roxelane zu Esma.
Die beiden Frauen befanden sich in einem abgeschlossenen Gemach, das der Herrin all dieser Wunder Vorbehalten war. Ein sinnreich vergittertes und spiegelndes Fenster jedoch erlaubte Roxelane ungesehen einen Rundblick über die Halle.
Sie und Esma ließen sich gerade entkleiden.
Hierfür war eigentlich die Halle vorgesehen, und Roxelanes Bewunderung konnte ebensogut dem Raum gelten wie dem, was darin geschah.
Denn die Hofdamen und deren Dienerinnen waren dabei, dasselbe zu tun wie die Herrinnen.
Sie zogen sich aus.
Unter den leuchtenden Farben der kostbaren Gewänder und allem erdenklichen Schmuck begannen die marmornen Sitze zu erblühen, und bald war kaum noch ein Unterschied zwischen den Damen und den hübschen Kindern zwischen dreizehn und siebzehn, die sie bedienten.
Nur bei den hochgestöckelten Badeschuhen, die eine Berührung der blanken Sohlen mit den geheizten Fliesen verhindern sollten, konnten die Damen noch Prunk entfalten. Und jede war denn auch mit Eifer darauf bedacht gewesen, daß ihre Füße bei einer Gelegenheit wie dieser gebührend umblitzt und umfunkelt waren. Wie auch jede einige wertvolle Steine in ihre Zöpfe geflochten trug und ihre Knöchel von Reifen umklirren ließ, um nicht von Kostbarkeiten gänzlich entblößt zu erscheinen.
Sonst aber waren sie nackt.
In stolzer Unbekümmertheit zeigten diese gepflegten Mädchen ihre gesalbten und viel gebadeten Körper.
Denn alle wußten sich
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