Roxelane
schön.
Esma Sultana war vorsichtig mit ihren Einladungen gewesen, und Roxelane pflegte zu scherzen, daß der kaiserliche Harem an einer häßlichen, nämlich an ihr, völlig genug habe und daß sie nicht etwa wie Nur Banu Sultana darauf versessen sei, sich mit unschönen Mädchen zu umgeben. Unschöne Mädchen seien, wie ihr Beispiel lehre, eine große Gefahr für die Söhne Osmans!
Und da auch Kira Sultana wohl einige ihrer Damen geschickt, sich selbst jedoch die Gerechtigkeit angetan hatte, nicht mehr öffentlich in einem Zustand erscheinen zu wollen, der bei dieser Gelegenheit unvermeidlich gewesen wäre - so konnte selbst das Auge einer Königin des Harems von dem Anblick der Halle und der Mädchen befriedigt sein.
Durch Kira Sultanas Absage waren Esma und Roxelane allerdings die einzigen anwesenden Fürstlichkeiten. Und als die Hoheiten nun heraustraten, verstummte für einen Augenblick das Lachen und Plaudern, und aller Augen wandten sich Roxelane zu.
Es waren kritische Blicke, die sie bedrängten. Denn zum erstenmal zeigte sie sich bei einem solchen Anlaß, und das Gerücht, diese Zurückhaltung habe in ihrer körperlichen Verfassung eine sehr begreifliche Ursache, hatten die gegenteiligen Behauptungen ihrer nächsten Umgebung nie zerstreuen können. Jetzt tat es der Augenschein. Trotz ihrer vier Kinder und ihrer siebenundzwanzig Jahre war Roxelanes Körper ohne Makel.
Das Schwimmen im offenen Meer, das sie nach ihrem eigenen Eingeständnis den Dampfbädern vorzog, ihre täglichen Morgenritte,
Solimans Jagden und schließlich die Waffenübungen, denen sie zum Befremden der anderen Mütter mit ihren Kindern oblag - das alles hatte sie keineswegs vorzeitig altern lassen, sondern ihr im Gegenteil die ganze Frische der ersten Jugend bewahrt.
Unter den Anwesenden war sie die Reifste. Esma mit fünfundzwanzig und Nino mit vierundzwanzig Jahren standen ihrem Alter am nächsten.
Aber obwohl die Zeit dem kleinen Tatarenmädel von einst alles Kantige genommen hatte und ihr Busen und ihre Lenden sich in den edlen Formen der Vollendung rundeten, gab es selbst unter den Siebzehnjährigen keine, die einen faltenloseren Hals und straffere, steilere Brüste gehabt hätte als sie.
Weiter als bis zur Vollendung gingen ihre Rundungen allerdings nicht. Eine Verschwendung in der Fülle, wie sie in den Harems gern als die beglückendste Gabe der Schönheit gepriesen wurde, ließen sowohl sie wie auch alle ihre Mädchen vermissen.
So konnte sich niemand ihrer Würde entziehen, wie sie jetzt als die Herrscherin, die sie war, schmalhüftig und hochbeinig die Stufen zum Becken hinabstieg.
Das Zeichen zum Beginn war gegeben.
Nino küßte ihrer Herrin die Hand; Roxelane aber gab ihr den Kuß auf den Mund zurück und ergriff dann selbst eine der Vasen, die mit wohlriechenden Wässern gefüllt waren.
Paarweise bildete sich der lachende Zug. Nino, die Gefeierte, beschloß ihn zwischen den zwei letzten.
Lautenspielerinnen begannen, Singstimmen fielen in das Liebeslied ein, und so durchzogen die Harmlosfröhlichen, weiße Perlen in einer rosigen Muschel, Düfte versprengend, singend, stöckelklappernd und klirrend die Räume, die für Verklärte gemacht schienen und deren schönster Schmuck doch die Frauen selbst waren.
Dann erst wurde die Jungvermählte beschenkt, worauf die Sorbets, das Lokkum, das Zuckerwerk, die Limonaden erschienen, und alle sich ballspielend, plaudernd und badend die Zeit verkürzten. Roxelane aber versuchte das Bad.
In die weißen Dämpfe tauchte sie ein, die alle Umrisse vernebelten.
Ganz gab sie der feuchten Wärme sich hin, atmete sie ein und ließ sich von ihr umhüllen. Lässig streckte sie sich auf einer der Bänke aus.
Es gab ein Kommen und Gehen. Sie allein blieb. Und bald wußte niemand im Dampfraum mehr von ihrer Gegenwart.
Ganz ohne Scheu vergnügten sich einige der Jüngsten damit, einander unter Kichern und Kreischen mit Birkenreisern zu schlagen. Um die Hauttätigkeit mit ihnen anzuregen, lagen die Ruten bereit. Die Mädchen jedoch verquickten ihre gesundheitfördernde Tätigkeit mit dem Schulespielen, wie es zu allen Zeiten beliebt war.
Roxelane lächelte und blieb.
Dann aber drängte sich ein fremder Körper durch den Dampf an sie heran, und da fuhr sie auf.
„Bitte nicht, Hoheit!“ hörte sie ein Flüstern. „Bleiben Sie liegen und rücken Sie ein wenig. Ich habe Ihnen etwas zu sagen.“
Es war Nino, die so sprach. Und obwohl sich Roxelane keiner körperlichen Vertraulichkeit
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