Roxelane
Welt gleich zweier Frauenherzen besondere Liebe zugefallen: die seiner Mutter Roxelane und die eifernde Liebe seiner Tante Esma.
Mannigfach und fest waren die Bande, die Esma mit Roxelane verknüpften. Mutter und Schwestern mußte Roxelane der Freundin ersetzen. Die Einweihung von Esmas neuem Prunkbad wäre für Ihre kaiserliche Hoheit ohne das Erscheinen der Schwägerin unvollkommen gewesen.
Dabei hatte sich das nicht einmal so leicht gefügt!
Zuerst hatte ein passender Anlaß abgewartet werden müssen.
Der allerdings war nun gefunden.
Roxelanes vertraute Gesellschafterin und Palastdame Nino Hanum hatte geheiratet.
Diese Ehe der kleinen Griechin mit dem Defterdar, dem Reichsschatzmeister IskenderTschelebi, war das Tagesgespräch in Konstantinopel, gehörte der Finanzminister doch durch Solimans Vertrauen und eigenen Reichtum zu den mächtigsten Männern der Monarchie. Selbst Ibrahim, der Großwesir, verfügte kaum über ein größeres Vermögen als der Defterdar.
Von IskenderTschelebis sechs- bis siebentausend Sklaven trugen dreihundert ihre goldenen Mützen als ein Zeichen, daß ihr Herr und Mäzen sie mit Erfolg in allen Wissenschaften hatte unterrichten lassen, und wenn der Gebieter ins Feld zog oder eine Reise unternahm, begleiteten ihn zwölfhundert wohlberittene und wohlbewaffnete stattliche Männer seines Haushalts.
Es wäre nicht zu vermessen gewesen, wenn ein solcher Mann, der zudem auch über die gefährlichen Verlockungen allzu großer Jugend längst hinaus war, sich die Heirat mit einer kaiserlichen Prinzessin erhofft hätte.
Dennoch hatte er seine junge Frau mit allen Zeichen der Beglückung vom Padischah oder vielmehr aus Roxelanes Hand entgegengenommen, was aus zwei Gründen begreiflich war. Durch Nino Hanum verlor er schließlich ja auch nicht wie bei einer Prinzessin seine persönliche Freiheit, und außerdem konnte ihm unter Umständen die Hofdame der Herrin seines Herrn nützlicher werden als eine Prinzessin aus dem mattgesetzten Alten Serail.
Die Hochzeit war jedenfalls gewesen. Sie hatte acht Tage gedauert und war auch von Soliman besucht worden, der die Braut nicht weniger als den Bräutigam kannte und schätzte.
Der Hauptteil dieser Festlichkeiten war jedoch, wie stets, auf die Männer entfallen. Und da es bei allen ansehnlichen Hochzeiten Brauch war, in einem der großen Bäder allein für die Frauen eine fröhliche Nachfeier zu veranstalten, so hatte Esma Sultana sich entschlossen, diese Nachlese der Lust für Nino Hanum in ihrem eigenen Bad abzuhalten.
Auch Esma kannte Nino ja seit Jahren, und ihre eigentliche Absicht erreichte die Prinzessin ebenfalls.
Länger als sonst ihre Mädchen hatte Roxelane gerade Nino bei sich behalten und sie nur ungern fortgegeben. So mochte sie denn der Ehrung ihrer Gesellschafterin nicht fernbleiben, und was mehr war:
Roxelane versprach nicht nur ihr Erscheinen, sondern auch ihre Beteiligung am Fest selbst. Sie willigte ein, bei dieser Gelegenheit den Bädern der Prinzessin die Ehre anzutun, sie in eigener Person einzuweihen und zu benutzen.
Das Gewimmel vor Ibrahims Palast, auf das der Dscheri Baschi Sulkodscha von seinen Freunden aufmerksam gemacht worden war, bestand darum auch zum größten Teil aus Gaffern, die von den Leibwachen und Läufern des Ersten Ministers zwar in respektvoller Entfernung gehalten wurden, aber trotzdem dem Prunk zuschauen wollten, der sich zu entfalten begann.
Schon standen die Hochzeitspalmen, diese hochragenden Holzbauten, die sich gleich Wunderbäumen erhoben. Durch ihren riesigen Wuchs sollten sie die männliche Kraft, durch ihren verschwenderischen Schmuck an bunten Bändern und Früchten und durch das Gefunkel ihrer wirbelnden Gold- und Silberbleche die weibliche Fruchtbarkeit verkörpern.
Ein augenblendender Glanz waren auch die Wachen mit ihren Federbüschen und Goldhelmen, die Diener und Sklaven, die Beamten und Würdenträger der Hofstaaten des hohen Herrn, vor allem aber seiner Prinzessin Frau.
Esmas und Ibrahims Haus hatte seinen Reichtum auf die Straße gelassen. - Alles war aufgeboten worden zum Empfang von Roxelane Sultana, Sultan Solimans Frau, und der Dienerin, die ihre Gunst besaß.
22
Ibrahims Vorliebe für alles Venezianische war zu bekannt, als daß die Wahl seines Baumeisters Verwunderung erregt hätte. Wie so viele Griechen, die irgendwo im Archipel oder im Epirus unter der Herrschaft der Republik geboren waren, betrachtete der Großwesir Venedig nun einmal als seine Heimat, obwohl er es
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