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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Jahren war Ibrahim von seinem Freunde Soliman seines Lebens versichert worden. Und da zehn Jahre eine lange Zeit für ihn waren, so hatte er endlich anfangen müssen, mit dieser Sicherheit zu spielen. Was wäre das Leben für einen Glückseligen wie Ibrahim denn auch noch wert gewesen, wenn er damit nicht hätte spielen können!
    Er war der Sieger von Mohacs, und Buda und Pest waren von ihm erobert worden. - Aber die Belagerung Wiens hatte er aufheben müssen, und der letzte Feldzug war in der Steiermark versickert.
    Ein anderer hätte sich vergeblich damit verteidigt, daß unerwartete Regengüsse das schwere Geschütz im Schlamm haben stecken lassen. Osmanische Feldherren hatten zu siegen oder den Kopf zu verlieren. Dem Großwesir Ibrahim Pascha aber waren von seinem Freund und kaiserlichen Schwager Belobigung und Belohnung zuteil geworden. Sechs Roßschweife trug man Ibrahim jetzt voran - einen weniger als dem Padischah -, und zwei Reiheragraffen schmückten seinen Turban. Und selbstbewußt und mutig war er immer gewesen. So hätte er also ein Heiliger sein müssen, um unter diesen Umständen nicht selbstherrlich und übermütig zu werden.
    Doch der immer Glückliche war kein Heiliger, sondern nur klug und begabt. Weise war er nicht oder war es noch nicht.
    Ohne daß er sich dessen nur klar geworden wäre, lockte es ihn, die Gefahr, die ihn bisher so beharrlich verschont hatte, auf ganz große Proben zu stellen.
    Cäsar und sein Glück.
    Ibrahim vergötterte das Andenken Cäsars und wollte wie der Römer werden. Die Iden des März schreckten ihn dabei nicht Wenn er überhaupt an sie dachte, empfand er sie als einen läppischen Zufall. Nichts wiederhole sich. Warum solle sich Cäsars Ermordung wiederholen? Es gebe eine Entwickung. Auf Cäsar folge Ibrahim.
    Das war des Geigers von Magnesia unerschütterliche Überzeugung. Gerade jetzt aber war er besonders mit sich zufrieden.
    Er war allein mit sich, und das war die Gesellschaft, die er von Zeit zu Zeit jeder andern vorzog.
    Vollkommen allein war er freilich nicht.
    Auf seiner Geige erging er sich in Variationen über eine italienische Kantate, vor ihm standen der Kaffee, den er stark liebte, und große Karaffen mit Weinen und einem gebrannten Wein, der sich nach dem französischen Städtchen Cognac nannte und auch tatsächlich aus Frankreich stammte.
    Seinem Zugriff am nächsten jedoch befand sich ein Wunder von einer Schale. Aus einem einzigen Türkis war sie geschnitten, und doch war auch diese kostbare Schale nur das Gefäß für noch größere Kostbarkeiten, für die seltensten Edelsteine und Perlen.
    Geige, Kaffee, Wein und gebrannter Wein, Edelsteine und Perlen -das waren die Gefährten von Ibrahims Einsamkeit.
    Er liebte es, mit der Hand in die Schale zu greifen und die kühlen Kristalle durch seine Finger rinnen zu lassen, große und seltsame Perlen darunter, auch graue und schwarze, und Edelsteine wie jener Diamant aus der päpstlichen Tiara, den Ibrahim um sechzigtausend Dukaten erstanden hatte, oder der Rubin vom Großmogul.
    Und er liebte die Beschwingtheit, die er dem Wein und vor allem dem Branntwein verdankte. Aber erst der Kaffee dazu ergab diese köstliche kühle Glut, bei der die Gedanken klar blieben und, statt eingelullt zu werden, eine Schärfe und eine Weite gewannen, die nichts mehr von menschlichen Grenzen wußten.
    In diesem wachen Fieber verschmolz er mit seiner Geige und ihren Tönen, wurde ihm der Umgang mit seinen Steinen und Perlen zur körperlichen Wollust.
    Er hatte das große Staatskleid abgelegt und trug die kurze Pagenjacke, die er gern anzog, wenn er Soliman nur als Freund besuchte. Es war der Anzug der letzten Intimität, wenn die Worte wie die Gedanken wurden und die Gedanken schrankenlos dahinstürmten. Immer höher steigerte Ibrahim seine Kantilene. Und wenn er nichts sonst beherrsche und nur dieses tönende Holz, so sei er bereits ein großer Meister, berauschte er sich. Doch die Geige sei es nicht allein. Denn wie ein Künstler und nicht wie ein gewöhnlicher Mensch spiele er auch auf den Dingen dieser Welt, die ein Orchester seien, besonders aber auf Soliman, dem kostbarsten seiner Instrumente.
    Jetzt müßte Soliman ihn hören, wünschte er sich, so gut sei ihm lange nichts mehr auf der Geige geglückt. Und vorhin, als die österreichische Friedensgesandtschaft von ihm empfangen worden sei, hätte Soliman ebenfalls zugegen sein sollen!“
    Das war freilich eine denkwürdige Stunde gewesen.
    Nach einer langen Pause stummer

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