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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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die anderen. Ich kann auch nur Vermutungen darüber anstellen. Mächtig ist es und große Macht verleiht es demjenigen, der es zu nutzen weiß. Aber Macht in den Händen der falschen Menschen ist sehr gefährlich. Lucy und Paul waren der Ansicht, dass das Geheimnis deshalb besser ungelüftet bleiben sollte. Sie haben dafür große Opfer auf sich genommen.«
    »Das habe ich schon verstanden. Ich habe nur nicht verstanden, warum.«
    »Wenn auch einige der Männer dort drinnen möglicherweise nur von wissenschaftlicher Neugier angetrieben sein mögen, so sind die Absichten vieler anderer keinesfalls ehrenhaft. Ich weiß, dass sie vor nichts zurückscheuen, um ihr Ziel zu erreichen. Du kannst keinem von ihnen trauen.
Keinem,
Gwendolyn.«
    Ich seufzte. Nichts von dem, was sie mir gesagt hatte, kam mir in irgendeiner Weise nützlich vor.
    Vor dem Garten hörten wir Motorengeräusch, dann hielt ein Wagen vor dem Portal. Obwohl Autos hier eigentlich gar nicht fahren durften.
    »Es wird Zeit, Grace!«, rief Lady Arista von draußen.
    Mum stand auf. »Oh, das wird herrlich heute Abend. Glendas eisige Blicke werden das Essen sicher gefrieren lassen.«
    »Warum ist die Hebamme ausgerechnet heute verreist? Und warum hast du mich nicht in einem Krankenhaus gekriegt?«
    »Sie sollen die arme Frau bloß in Ruhe lassen«, sagte Mum.
    »Grace! Nun komm endlich!« Lady Arista klopfte mit der Spitze ihres Regenschirmes gegen das Eisengitter.
    »Ich glaube, du kriegst gleich Prügel«, sagte ich.
    »Es bricht mir das Herz, dich allein lassen zu müssen.«
    »Ich könnte einfach mit dir nach Hause gehen«, sagte ich, aber noch während ich es sagte, wusste ich, dass ich das eigentlich gar nicht wollte. Es war, wie Falk de Villiers gesagt hatte: Ich war nun ein Teil
dieser Sache
und seltsamerweise gefiel mir das.
    »Nein, das kannst du nicht«, sagte Mum. »Bei den unkontrollierten Zeitsprüngen könntest du verletzt werden oder sogar getötet. Hier bist du wenigstens, was das angeht, in Sicherheit.« Sie umarmte mich. »Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe. Vertraue niemandem. Nicht mal deinem Gefühl. Und hüte dich vor dem Grafen von Saint Germain. Es heißt, dass er die Fähigkeit besitzt, in den Geist seines Gegenübers einzudringen. Er kann deine Gedanken lesen und, schlimmer noch, deinen Willen kontrollieren, wenn du es zulässt.«
    Ich drückte mich so fest an sie, wie ich konnte. »Ich hab dich lieb, Mum.« Über ihre Schulter konnte ich sehen, dass sich nun auch noch Mr de Villiers vor dem Tor eingefunden hatte.
    Als Mum sich umdrehte, sah sie es auch. »Vor
diesem da
solltest du dich ganz besonders in Acht nehmen!«, sagte sie leise. »Er ist ein gefährlicher Mann geworden.« Es schwang unüberhörbar so etwas wie Bewunderung in ihrer Stimme mit und einer plötzlichen Eingebung folgend fragte ich: »Hattest du mal was mit ihm, Mum?«
    Sie musste mir gar nicht antworten, an ihrer Miene sah ich, dass ich voll ins Schwarze getroffen hatte.
    »Ich war siebzehn und leicht zu beeindrucken«, sagte sie.
    »Ich verstehe«, sagte ich und grinste. »Ziemlich tolle Augen, finde ich.«
    Mum grinste zurück, während wir betont langsam zum Tor zurückschlenderten. »Oh ja. Paul hatte genau die gleichen Augen. Aber im Gegensatz zu seinem großen Bruder war er kein bisschen überheblich. Kein Wunder, dass Lucy sich in ihn verliebt hat...«
    »Ich würde zu gern wissen, was aus den beiden geworden ist.«
    »Ich fürchte, früher oder später wirst du das auch noch erfahren.«
    »Gib mir den Schlüssel«, sagte Falk de Villiers ungeduldig. Mum reichte ihm den Schlüsselbund durch die Eisengitter des Tores und er schloss es auf. »Ich habe euch einen Wagen kommen lassen.«
    »Wir sehen uns morgen beim Frühstück, Gwendolyn«, sagte Lady Arista und griff mit der Hand unter mein Kinn. »Kopf hoch!
    Du bist eine Montrose und wir bewahren immer und überall Haltung.«
    »Ich werde mir Mühe geben, Großmutter.«
    »So ist es richtig. Ach!« Sie wedelte mit den Armen, als wollte sie lästige Fliegen verscheuchen. »Was denken diese Leute denn? Ich bin doch nicht die Queen!« Aber mit ihrem eleganten Hut, dem Schirm und dem farblich passenden Mantel sah sie in den Augen der Touristen ganz offensichtlich so britisch aus, dass sie von allen Seiten fotografiert wurde.
    Mum nahm mich noch einmal in die Arme. »Dieses Geheimnis hat bereits Menschenleben gekostet«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Vergiss das nicht.«
    Mit gemischten Gefühlen sah ich ihr

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