Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
überzeugend gespielt. Sie hatte sogar so getan, als hätte sie gegessen und getrunken, was der Blonde mit der Narbe auf der Wange ihr gebracht hatte. Natürlich hatte sie alles im Klo hinuntergespült. Sie hätte das Zeug nie angerührt, schließlich konnten Drogen beigemischt sein. Beim Duschen hatte sie ein bisschen Wasser geschluckt. Das war mehr als ausreichend, um einer Dehydration vorzubeugen, und so clever, das Duschwasser zu vergiften, waren ihre Bewacher dann wohl doch nicht.
Kira ließ sich weiter am Seil hinab, überrascht, dass ihre Arme nicht zittrig wurden. Am Morgen hatte sie viel Blut verloren, aber aus irgendeinem Grund stemmten ihre Arme ihr Körpergewicht mit Leichtigkeit. Kira hätte sich darüber wundern können, aber sie beschloss, sich später den Kopf darüber zu zerbrechen. Wenn sie weit weg von diesem Haus und auf der nächsten Polizeiwache war, zum Beispiel.
Sie überwand noch ein Stockwerk und hielt den Atem an, als sie direkt vor einem Fenster zum Halten kam. Hinter dem Glas brannte Licht, sodass drinnen alles gut sichtbar war. Kira hoffte inständig, sie würde in der Dunkelheit nicht zu erkennen sein. Sacht stieß sie sich mit dem Fuß vom Fenstersims ab und setzte ihren Abstieg ein wenig schneller fort. Sollte sie einen Blick nach unten riskieren, um herauszufinden, wie weit es noch war? Nein, beschloss Kira. In Anbetracht ihrer Höhenangst hatte sie sich bisher gut geschlagen. Diesen Erfolg musste sie jetzt nicht zunichtemachen.
Als Kira statt Leere und Seil endlich festen Boden unter den Füßen spürte, hätte sie vor Erleichterung beinahe laut losgejubelt. Sie verkniff sich allerdings jede spontane Freudensbekundung, zog das Seil nach links, sodass es von den Fenstern aus nicht gesehen werden konnte, und steckte das Ende unter einen Pflanzkübel. Mit etwas Glück würde es bis zum Morgen niemand entdecken, und bis dahin war sie längst über alle Berge.
Kira lief so schnell wie möglich in die Richtung, in der ihrer Meinung nach das Haus lag, das sie vom Schlafzimmerfenster aus zu sehen geglaubt hatte. Draußen war es stockfinster, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie in die richtige Richtung unterwegs war. Ihr Herz wummerte vor Freude. Sie war frei!
Zwanzig Meter weit kam sie, dann lief sie gegen eine Wand.
Mencheres hatte Kiras Abseilaktion mit einer Mischung aus Staunen und Erheiterung beobachtet. Mumm hatte die Frau, sich ein Seil aus dem zu basteln, was sie im Schlafzimmer finden konnte… waren das etwa Duschvorhangringe, an denen sie die Knoten befestigt hatte?
» Soll ich sie holen?«, erkundigte sich Gorgon so leise, dass Kira ihn nicht hören konnte.
» Nein«, antwortete Mencheres. Er wollte sehen, ob sie es bis ganz nach unten schaffen würde. Sollte das Seil nachgeben oder sie den Halt verlieren, konnte er sie leicht auffangen. Aber Kira beim Klettern zu beobachten, war so ziemlich das Unterhaltsamste, was ihm seit Monaten untergekommen war.
» Du kannst wieder ins Haus gehen«, wandte er sich an Gorgon, und seine Mundwinkel zuckten, als Kira sich vorsichtig vom Fenster wegstieß. Für eine Sterbliche war sie sehr leise; für Mencheres’ feine Ohren machte sie allerdings doch einen ziemlichen Radau.
Gorgon nickte und verschwand im Haus. Vom Rasen aus, wo es am finstersten war und Kira ihn nicht sehen konnte, beobachtete Mencheres sie weiter. Er fuhr zusammen, als das Bettgestell, an dem das Seil verankert war, bedrohlich knarzte, aber die Konstruktion hielt. Als Kira den Boden erreicht hatte, lächelte Mencheres mit ihr. Gut gemacht, dunkle Lady.
Zu schade, dass er ihren Sieg nicht vollkommen machen und ihr die Flucht ermöglichen konnte. Eine Sterbliche, die der Polizei Geschichten über Untote erzählte, war wirklich das Letzte, was Mencheres brauchte. Radjedef würde das nur als weiteren Beweis für einen Gesetzesverstoß seinerseits auslegen.
Radjedef. Wie seltsam, dass er nicht mehr an den rachsüchtigen Gesetzeshüter gedacht hatte, seit er am Morgen aus dem Lagerhaus geflohen war. Aber um diese Angelegenheit würde er sich später kümmern. Erst musste er Kiras Erinnerung an alles Übernatürliche löschen. Das hätte er natürlich Gorgon oder einem anderen seiner vampirischen Sippenmitglieder überlassen können, doch er hielt es für ein Gebot der Höflichkeit, sich selbst darum zu kümmern, nachdem Kira ihm gegenüber im Lagerhaus so viel Großmut bewiesen hatte. Auch wenn sie ihre selbstlose Tat inzwischen bereute.
Was Radjedef
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