Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
ihrer Art falsch gewesen war. Wenn sie erkannten, wie schwach sie im Vergleich zu den Wesen der Dunkelheit waren.
» Außerdem«, sagte sie schließlich, das Wort wie einen abgehackten Seufzer hervorstoßend, » würde mir sowieso keiner glauben, egal wie vielen Leuten ich es erzähle. Ich habe meinen Klienten nie geglaubt, wenn sie mir von unerklärlichen Ereignissen erzählt haben, und als Privatdetektivin habe ich schon so einiges gehört…«
Kiras Augen weiteten sich, und sie verstummte mitten im Satz. Mencheres konnte die Gedanken nicht hören, die ihr durch den Kopf gingen, aber ihrem Gesichtsausdruck nach dämmerte ihr wohl gerade, dass einige der Geschichten, die sie mit einem Achselzucken abgetan hatte, vielleicht doch gestimmt hatten. Schließlich blickte sie sich im dunklen Garten um, als sähe sie ihn gerade mit neuen Augen, und ihr Atem stockte.
Mencheres beobachtete sie mitfühlend, denn ihm war bewusst, dass Kira sich in diesem Augenblick erst vollständig mit der Realität abfand. Der kleine Teil von ihr, der bisher noch gehofft hatte, es gäbe eine andere Erklärung für das Geschehene, hatte sich endlich geschlagen gegeben. Er hatte diese innere Kapitulation schon bei unzähligen anderen Sterblichen erlebt, und auch wenn Kira glaubte, sie könnte mit all ihrem neuen Wissen einfach weiterleben wie zuvor, war Mencheres doch klar, dass das unmöglich war.
» Du willst dieses Wissen nicht«, sagte er mit leiser, aber fester Stimme. » Es wird dein Leben zerstören. Du wirst ab jetzt jeden Schatten mit anderen Augen betrachten, und bei jedem ungewöhnlichen Geräusch wirst du dich fragen: Ist das ein Mensch oder ein Monster? Menschen, die keiner Vampir- oder Ghulsippe angehören, kommen mit solchen Informationen nicht gut klar. Das hat sich im Laufe der Zeit immer wieder gezeigt.«
Er verschwieg Kira, dass solchen Menschen für gewöhnlich auch ein frühes Ableben beschieden war. Am Ende versuchten sie doch immer, irgendwen von der Existenz übernatürlicher Wesen zu überzeugen, und ein herrenloser Sterblicher, der Geschichten über Untote verbreitete, war eine Bedrohung für Vampire wie Ghule. Beide Spezies hielten sich Menschen als Leibeigene, aber diese Menschen wurden speziell ausgewählt und brachen den Kontakt zu ihrer eigenen Welt ab. Sie lebten bei ihren untoten Gönnern in dem vollen Bewusstsein, dass man sie ausschalten würde, wenn sie die Öffentlichkeit über Vampire oder Ghule informierten.
Da dies allerdings nicht zu Kiras Beruhigung beigetragen hätte, behielt Mencheres es für sich. Er wollte ihr schließlich keinen Grund liefern, noch mal aus dem Fenster zu klettern.
» Du wirst mich unversehrt gehen lassen?«, fragte sie schließlich, offenbar hatte sie eine Entscheidung getroffen.
» Sobald ich deine Erinnerungen gelöscht habe«, versprach Mencheres.
Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu. » Ich muss meinen Chef anrufen, ihm eine Ausrede für mein Fernbleiben auftischen. Einen Rausschmiss kann ich mir nicht leisten.«
» Ich werde mich darum kümmern.« Mencheres wollte ihr dann doch nicht erlauben, persönlich mit ihrem Chef zu telefonieren, noch nicht einmal unter Beobachtung. Kira arbeitete für ein Detektivbüro; eine Telefonverbindung ließ sich zurückverfolgen, womöglich würde Kira auch versuchen, mittels eines Geheimcodes auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen. Gern hätte er Kira geglaubt, dass sie sich mit ihrer Situation abgefunden hatte und keine derartigen Tricks anwenden würde, aber er hatte schon zu viel erlebt, um sich noch Hoffnungen hingeben zu können.
» Ich muss meine Schwester anrufen.« Kiras Tonfall wurde schärfer, was nicht der Fall gewesen war, als sie von ihrem Job gesprochen hatte. » Ihr geht es nicht gut. Ich kann nicht zulassen, dass sie sich Sorgen macht.«
Mencheres neigte den Kopf. » Ich werde alles veranlassen, damit du morgen mit ihr sprechen kannst.«
Kira atmete tief ein und dann langsam wieder aus. » Okay. Wie lange wird es ungefähr dauern, bis du meine Erinnerungen löschen kannst?«
Im Geiste schätzte er ab, wie viel Blut er Kira verabreicht hatte. Ein paar Schlucke mindestens, und sein Blut war äußerst potent. » Einige Tage bestimmt, höchstens eine Woche.«
Sie fuhr zusammen, sagte aber nichts. Wieder war Mencheres beeindruckt von ihrer Stärke. Kira hatte versucht wegzulaufen und ihn mehrmals davon überzeugen wollen, ihr die Freiheit zu schenken, sich aber bei alledem nie zu Bettelei oder hysterischen
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