Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
war.
» Sie stirbt«, stellte Mencheres mit noch immer unergründlichem Gesichtsausdruck fest.
» Sag das nicht.«
Kira warf dem Vampir einen Blick zu, in dem all ihr hilfloser Zorn über die Krankheit ihrer Schwester stand, und erhob sich. Es stimmte. Ihr Instinkt sagte ihr deutlich, dass Tina sich diesmal nicht wieder erholen würde. Sie hatte schon den ganzen Tag über gespürt, wie die Furcht in ihr wuchs, auch wenn sie versucht hatte, sie nicht zu beachten.
Der Blick seiner schwarzen Augen wurde streng. » In ihrem Zustand ist das unausweichlich, aber was bist du bereit, dagegen zu unternehmen?«
Meinte er …? Kira sah erst Tina an, dann Mencheres, dann das EKG-Gerät, das den schwachen Puls ihrer Schwester aufzeichnete. Ein Puls, wie Mencheres ihn nicht mehr hatte.
» Nichts derart Drastisches«, verkündete Mencheres mit einem ganz leisen Nicken in Richtung des EKG-Monitors. » Mein Blut hat deine Wunden geheilt. Es kann die Krankheit deiner Schwester zwar nicht wegzaubern, aber die Komplikationen erheblich lindern, unter denen sie jetzt leidet.«
Hoffnung keimte in Kira auf, während sie Mencheres anstarrte. Sein Blut hatte sie geheilt– und zwar von einer tödlichen Verletzung. Konnte es Tina vielleicht von der Beatmungsmaschine erlösen, wenn es schon nicht gegen ihre Mukoviszidose als solche half? Ihr womöglich sogar den ganzen Krankenhausaufenthalt ersparen?
» Das würdest du tun?« Kira musste sich schwer zusammennehmen, um ihn nicht anzubetteln, während sie auf seine Antwort wartete.
» Ja. Aber das hat seinen Preis.«
Wieder spürte sie, wie ihre Knie weich wurden, diesmal allerdings hatte ihre Furcht einen anderen Grund. Natürlich würde Mencheres von ihr verlangen, ihre Freiheit aufzugeben … für alle Zeit. Schließlich hatte er mehr als einmal gesagt, er würde sie erst gehen lassen, wenn er in der Lage war, ihre Erinnerung an Vampire auszulöschen. Inzwischen waren sechs Tage vergangen, und nach wie vor konnte er ihre Gedanken weder beeinflussen noch hören. Kira hatte nicht viel Hoffnung, dass der morgige Tag auf wundersame Weise alles ändern würde. Genmutation. Angeborene Immunität.
Wieder sah sie Tina an. Wenn sie ihre Freiheit aufgeben musste, um zu erreichen, dass der Vampir Tina die Chance zum Weiterleben verschaffte, würde sie das Opfer erbringen. Ihre Freiheit würde sie womöglich ohnehin verlieren, da konnte sie wenigstens dafür sorgen, dass Tina etwas davon hatte. So oft schon hatte sie sich gefragt, warum ausgerechnet ihre Schwester mit einer solchen Krankheit geschlagen war, während Tina selbst nie mit dem Schicksal gehadert hatte. Sie trug ihr Los mit einer stoischen Tapferkeit, die Kira nur bewundern konnte. Nun war Kira an der Reihe.
» Ich kann mir schon vorstellen, was du verlangst«, sagte sie und straffte die Schultern. » Und ich bin einverstanden, wenn du Tina nicht nur dieses eine Mal heilst. Du musst ihr eine normale Lebenserwartung verschaffen, dann bleibe ich für den Rest meines Lebens deine Gefangene. Ein Leben für ein Leben.«
Mencheres starrte sie so lange wortlos an, dass Kira sich schon fragte, ob sie vielleicht zu weit gegangen war. War er wütend, weil sie es gewagt hatte, eine Bedingung zu stellen? Belustigt? Selbstgefällig? Nichts von alledem? Natürlich hätte Mencheres sie auch gefangen halten können, ohne Tina zu helfen, aber wenn er wollte, dass sie so gefügig war wie Selene, Kurt und Sam, musste er ihre Bedingung akzeptieren.
» Ruf die Schwester«, befahl Mencheres.
Eine richtige Antwort war das nicht, aber Kira wollte ihn nicht drängen. Sie ging zum Stationstresen und kam binnen Minuten mit der für Tina verantwortlichen Schwester zurück.
Mencheres sah zu der Frau auf, und in seinen Augen erschien wieder dieser grelle smaragdgrüne Glanz. » Bringen Sie mir eine Spritze.«
Sofort nahm das Gesicht der Schwester den sanftmütig gehorsamen Ausdruck an, den Kira bereits von der Empfangsdame kannte. Und auch diesmal staunte sie, wie mühelos Mencheres Menschen hypnotisieren konnte, als die Schwester das Zimmer verließ. Nicht einmal eine Minute später tauchte sie mit einer Spritze wieder auf und überreichte sie Mencheres.
» Gehen Sie jetzt. Sie haben mir nichts gegeben. Sie erinnern sich nicht an mich«, entließ Mencheres die Frau. Sie trollte sich, ohne noch einmal zurückzublicken.
Kira hätte etwas darüber gesagt, wie unheimlich ihr das gerade Geschehene vorkam, aber sie war zu sehr auf Mencheres konzentriert, der
Weitere Kostenlose Bücher