Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
Gefühlsregung, egal, aber mach es jetzt, weil ich nämlich einen Hinweis darauf brauche, woran ich bei dir bin.«
Hätte Kira noch atmen müssen, hätte sie gekeucht, so stark war das Gefühlswirrwarr, das in ihr tobte, aber sie stand so still wie der Vampir vor ihr, während sie auf seine Antwort wartete. Mencheres legte seine undurchdringliche Maske nicht ab, und auch die unsichtbare Mauer, die ihn umgab, stürzte nicht ein, aber schließlich neigte er den Kopf.
» Du hast spätabends noch gearbeitet, und wie man bei unserem ersten Zusammentreffen unschwer feststellen konnte, warst du auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause nicht sicher.«
Kurz wusste Kira nicht, was er da eigentlich redete. Dann fiel ihr ihre erste Frage wieder ein, und Ernüchterung überkam sie. Da hatte sie all die Zeit damit verbracht, Mencheres zu suchen, nur weil sie geglaubt hatte, die Sache mit ihrem Chef würde bedeuten, dass er sie wiedersehen wollte. Wie hatte sie sich doch geirrt. Tödlich geirrt, um genau zu sein. Was Mencheres getan hatte, war nichts als eine unbedeutende Geste des Mitleids gewesen. Pass auf, was du dir wünschst, dachte sie finster. Sie hatte Mencheres wiedergefunden, aber es hatte sie das Leben gekostet.
» Danke«, sagte sie matt. » Und jetzt verrate mir, warum du mich nicht endgültig hast sterben lassen?«
Mencheres sah weg, seine Miene wurde noch undurchschaubarer, falls das überhaupt möglich war. » Radjes Urteil war Machtmissbrauch. Er ist nur aufgrund unserer Feindschaft mit solcher Härte gegen dich vorgegangen, da musste ich zumindest dafür sorgen, dass du nicht unter den Toten bleibst.«
Noch so eine Mitleidsgeste, dachte Kira und schüttelte ungläubig den Kopf. Was für eine oberbeschissene Vorstellung, dass sie ihre jetzige Existenz allein der Boshaftigkeit des einen und den Gewissensbissen eines anderen Vampirs zu verdanken hatte. Hätte sie sich nur von Mencheres ferngehalten, als er sie freigelassen hatte, dann hätte sie jetzt ein Auto, eine Gehaltserhöhung, eine Schwester ohne tragisch kurze Lebensspanne, ein paar Freunde, einen verantwortungslosen, aber irgendwie doch netten Bruder und ab und zu ein bisschen Privatleben. Aber nein, das alles hatte sie weggeworfen, um einem Vampir hinterherzurennen, der vermutlich keinen Gedanken mehr an sie verschwendet hatte, seit er sie auf dem Dach abgeladen hatte. Du blöde Kuh, schalt sie sich.
» Du musst keine Angst haben, dass dein altes Leben komplett für dich verloren ist«, fuhr Mencheres fort, und Kira hätte fast gelacht. » In ein paar Monaten solltest du nach Sonnenaufgang stark genug sein, um deine Arbeit wieder aufnehmen zu können. Und schon in ein, zwei Wochen müsstest du auch deine Blutgier und deine Fähigkeiten in Gegenwart Sterblicher so weit im Griff haben, dass du Kontakt zu deiner Familie aufnehmen kannst…«
» Du kapierst es einfach nicht, oder?«, unterbrach sie ihn, plötzlich unbesonnen geworden. » Das alles… die Tatsache, dass ich etwas anderes geworden bin, ist schon schlimm genug, aber zu wissen, dass ich jetzt nicht etwa deshalb hier bin, weil dir mein Leben etwas bedeutet hat, sondern weil du der Ansicht warst, du könntest damit irgendwelche imaginären Waagschalen der Justitia ausgleichen,… also dafür könnte ich dich umbringen. Und ja, mir ist die Ironie meiner Worte bewusst.«
Etwas Feuchtes rann über Kiras Wange. Sie wischte es weg und stellte überrascht fest, dass die Flüssigkeit auf ihren Fingern rot war. Waren das Tränen? Konnte sie noch weinen, obwohl sie jetzt ein Vampir war?
Bevor sie genauer darüber nachdenken konnte, durchzuckte sie ein inzwischen nur zu vertrauter Schmerz. Sie krümmte sich und hielt sich den Bauch, als könnte sie ihr Verlangen nach Blut irgendwie zurückdrängen.
Der leise Luftzug, der ihr Haar bewegte, war das einzige Anzeichen dafür, dass Mencheres fortgegangen und blitzschnell wieder aufgetaucht war. Er hielt zwei dieser verdammten roten Beutel in der Hand, und das Hochgefühl, das sie bei ihrem Anblick verspürte, löste die widersprüchlichsten Gefühle in ihr aus. Sie wollte die Beutel angewidert aus dem Fenster werfen. Sie wollte sie Mencheres aus den Händen reißen und voll wilder Gier aussaugen.
Er streckte ihr die Blutkonserven entgegen, aber Kira sah weg. Sie wollte kein Blut mehr trinken. Es war falsch, ekelhaft…
Ein doppelter Schmerz in der Unterlippe sagte Kira, dass ihre Fänge aus dem Oberkiefer gekommen waren, sodass sie jetzt wieder diesen
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