Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
in der Nähe erspäht hatte.
Kira blieb stehen und wandte das Gesicht den Baumwipfeln zu. » Glühwürmchen. Die habe ich seit meiner Kindheit nicht gesehen. Tina und ich sind immer in den Wald in der Nähe unseres alten Hauses gegangen und haben versucht, sie zu fangen…«
Auch Mencheres blieb stehen und folgte ihrem Blick zu den durch die Luft schwebenden Leuchtinsekten. In Kiras Stimme schwang eine Wehmut mit, die ihm fremd war. Selbst wenn er sich an seine Kindheit hätte erinnern können, hätte er keine Geschwister in seinem Alter gehabt, und in seiner Heimat gab es keine Glühwürmchen.
Aber für Kira waren diese Erinnerungen wertvoll, eine Verbindung zu etwas aus ihrer verlorenen Jugend. Er musterte ihr Profil. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die vollen Lippen leicht geöffnet, der blasse Schwung ihres Halses zeichnete sich deutlich und lockend vor dem Wald im Hintergrund ab. Allem besseren Wissen zum Trotz konnte er sich nicht dazu bringen, den Blick abzuwenden.
Er teilte zwar nicht ihre Erinnerungen an Glühwürmchenjagden aus Kindertagen, aber er konnte ihr neue Erinnerungen an den Wald schenken. Solche, wie kein anderer sie ihr geben konnte.
Mencheres schickte Machtstränge über den Boden und umschlang damit die Blüten in der Nähe wachsender Wildblumen. Eine nach der anderen pflückte er sie, bis Hunderte blasspurpurner, blauer, gelber und weißer Kelche über dem Unterholz schwebten. Kira merkte nichts davon. Sie beobachtete noch die Glühwürmchen.
Langsam zog er seine Macht zurück, bis die zufällig verteilten Blüten sich zu einer großen Wolke zu verdichten begannen.
Kira machte große Augen, als sie die ganze Pracht über den Boden auf sich zustieben sah. Ein Schauder perlte über ihre Haut. » Ich kann die Energie spüren, die von dir ausgeht. Was machst du mit ihnen?«
Sie sah ihn nicht an, als sie die Frage stellte. Mencheres antwortete nicht, aber er schickte eine neue Energiewelle aus und gruppierte die Blüten so, dass sie aussahen wie ein Komet, der in einem komplizierten Ballett um die Baumwipfel herumhüpfte und -tanzte. Kira stieß einen Laut aus, der irgendwo zwischen Keuchen und Lachen lag; statt des Schmerzes und Schreckens der vergangenen zwei Tage stand nun Staunen in ihrem Gesicht.
Sie sah ihn zwar nach wie vor nicht an, beobachtete aber weiter die tanzenden Blüten. Mencheres dehnte seinen Kometen zu einem langen Streifen. Er ließ das zart duftende Banner in kreisenden Bewegungen aufwärtsschweben, bevor er die Blüten zu einem Ring einige Meter über Kiras Kopf formierte. Er weitete den Kreis allmählich aus und senkte ihn, bis sie von einem Vorhang aus Blütenkelchen umgeben war.
Sie starrte die Wildblumenringe an, die sie umtanzten, streckte die Hände aus, berührte sie aber nicht. Und dann sah sie Mencheres doch an; ihre grünen Augen blitzten in einem Farbton, der dem der Glühwürmchen, die sie eben noch bewundert hatte, nicht unähnlich war.
» Lass sie los.«
Ihre Stimme klang tiefer, ihr melodisches Rascheln umschlang ihn und übte eine ganz eigene, unsichtbare Anziehung auf ihn aus. Mencheres ließ seine Macht verebben, sodass die Blüten um Kira herum sacht zu Boden schwebten. Dann spürte er ein Ziehen irgendwo tief drinnen, als Kira langsam auf ihn zukam.
17
Kira sah ihn unverwandt an, während sie immer näher auf ihn zukam. Sie hatte ihn während ihres Spaziergangs mit ihrer Vermutung über seine Beschattungsaktion konfrontieren wollen. Um herauszufinden, ob Misstrauen oder der Wunsch, sie wiederzusehen, Mencheres getrieben hatte, aber das war jetzt nicht mehr nötig. Sie konnte sein Verlangen nach ihr spüren. In immer stärkeren Rinnsalen sickerte es durch die Mauer, mit der er sich abschirmte, bis es zu einer Art körperlichen Kraft wurde, unsichtbar, aber allgegenwärtig.
Und es löste eine Gier in ihr aus, die sie fast in die Knie zwang. Sie wollte seine Haut berühren, seine Lippen schmecken, die Hände in seinem langen Haar vergraben, während er sie alles andere als beschützend in die Arme nahm. In ihr begann es zu pochen, als sie sich ihm weiter näherte; sie wollte, dass er sie mit seinem Leib statt nur mit seiner Energie umfing.
» Kira.«
Seine Stimme war leise, und er atmete ein, nachdem er gesprochen hatte, gerade so, also wollte er ihren Namen in sich aufsaugen. Sie streckte die Arme aus, es juckte sie in den Fingern, ihn zu berühren. Mencheres ergriff sie, hielt sie aber von sich weg; die Aura des Verlangens, die ihn
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