Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
noch nicht verständlich.
Ihre Periode würde ihr von nun an wenigstens keinen Ärger mehr machen, aber die Vorstellung, dass sie nie eigene Kinder bekommen konnte, war dann doch schwer zu verkraften. Tina hatte sich durch ihre Krankheit allerdings mit demselben Schicksal abfinden müssen, und von der Tatsache, dass sie jetzt unfruchtbar war, wollte Kira sich nicht herunterziehen lassen, insbesondere da sie ja auch ein Kind adoptieren konnte. Irgendwann in ferner Zukunft einmal, wenn sie sich mit allem angefreundet hatte, was ihr neues Leben so mit sich brachte.
» Und jetzt.« Gorgon drehte sich um und streckte ihr eine Schachtel Eier entgegen. » Versuchen wir das hier noch mal.«
Kira beäugte die Box mit einer Mischung aus Frust und Entschlossenheit. Einer einfachen Regel zufolge waren junge Vampire, die nicht mit einem Karton Eier umgehen konnten, auch noch nicht bereit, auf Sterbliche losgelassen zu werden, es sei denn, sie wollten das Risiko eingehen, sie durch eine unachtsame Berührung zu zermalmen. In den vergangenen Tagen hatte Kira schon so oft Eierschachteln zerquetscht und Dotter an den Fingern gehabt, dass sie gar nicht mehr mitzählen konnte. Sie hatte jetzt noch das Gefühl, etwas von dem Zeug würde ihr unter den Fingernägeln kleben, aber allmählich machte sie Fortschritte. Inzwischen schaffte sie es, Türen nicht mehr aus den Angeln zu reißen und beim Laufen keine Löcher im Fußboden zu hinterlassen. Und in ihrem letzten Eierkarton war nur ein Ei zu Bruch gegangen.
Kira ging auf Gorgon zu und sagte sich in Gedanken immer wieder: » Sachte, sachte!«, während sie die Hand nach dem Karton ausstreckte. Als sie es geschafft hatte, ihn von Gorgon entgegenzunehmen, ohne dass ihr das Innenleben der Eier zwischen die Finger troff, grinste sie.
» Ha!« Aller guten Dinge waren fünfzehn.
Gorgon lächelte stolz. » Wenn du ihn öffnen und ein paar Eier herausnehmen kannst, ohne sie kaputt zu machen, bist du fast schon wieder bereit, unter Menschen zu gehen.«
Sehr langsam öffnete Kira die Schachtel und berührte ein Ei an der Spitze. Zu ihrer Erleichterung zerbrach es nicht. Jetzt musste sie es nur noch herausnehmen.
Am Rande ihres Blickfeldes sah sie Mencheres vorbeischlendern. So erlebte sie ihn in letzter Zeit meistens– aus dem Augenwinkel. Er ging ihr nicht gänzlich aus dem Weg, schien aber stets zu beschäftigt zu sein, um sich mit ihr im selben Raum aufzuhalten. Er war nicht unhöflich. Es schien eher so, als wollte er sich von ihr fernhalten, schaffte es aber nicht ganz. Die Frage, warum er sich so verhielt, stachelte ihre Neugier an. War es diesem alten und welterfahrenen Meistervampir tatsächlich peinlich, was zwischen ihnen passiert war?
» Na los, nimm das Ei«, drängte Gorgon.
Kira fasste das kühle Oval mit drei Fingern und drückte so sacht wie möglich zu, um es anzuheben. Es zitterte, ging aber nicht zu Bruch. Denk an Tina, ermahnte sie sich. Das hier war kein Ei; es war die Hand ihrer kleinen Schwester, und die würde sie bei ihrem Wiedersehen ergreifen, ohne Schaden anzurichten…
Das Ei kam heil aus der Box. Gorgon jubelte. Kira hätte vor Freude beinahe einen Luftsprung gemacht, aber wenn sie jetzt durch den Fußboden brach, war der Augenblick ruiniert. Das Ei in der Hand haltend hob sie den Blick und stellte fest, dass Mencheres sie beobachtete. Er machte ein zufriedenes Gesicht, das schnell wieder ausdruckslos wurde, als sie ihm in die Augen sah.
Spielst noch immer Mr. Cool, hmm?, dachte sie und konzentrierte sich wieder auf den Eierkarton. » Ich probier’s noch mal«, verkündete sie an Gorgon gewandt.
Er grinste. » Nur zu.«
Während sie die freie Hand nach einem neuen Ei ausstreckte, drehten ihre Gedanken sich wieder um Mencheres. Seit seiner Beichte im Wald fragte Kira sich, ob er tatsächlich so ein Scheusal war, wie er selbst behauptete. Sie war schließlich die Letzte, die » Oooh, sexy!« dachte, wenn ein Mann zugab, ein kontrollsüchtiger, skrupelloser Bastard zu sein. Mit so einem hatte sie bereits eine Beziehung hinter sich, und ihr war klar, dass daran nichts Romantisches oder Erotisches war. Doch so unsympathisch Mencheres sich auch dargestellt hatte– bei genauerer Betrachtung standen seine Taten im Widerspruch zu seinen Worten.
Als sie seine Gefangene gewesen war, hatte er alles getan, um ihr so viel Freiheit wie möglich zu lassen. Und am Ende hatte er sie auch gehen lassen, obwohl er damit womöglich die geheime Existenz seiner Art
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