Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
Idiotin war, dir nachzulaufen, und es verdient habe, als Vampirin zu enden. Immer noch besser als dein Schweigen.«
Ihre schonungslose Offenheit stand in krassem Gegensatz zu der vorsichtigen Art, mit der er sich für gewöhnlich äußerte. Sein Verstand riet ihm, Kira zu sagen, dass sie recht hatte. Dass Menschen, die sich ohne Schutz in die Welt der Vampire wagten, am Ende meist schlimme Konsequenzen erwarteten, aber er brachte die Worte nicht über die Lippen. Genauso wenig wie das andere, das Kira besser geglaubt hätte, obwohl es gelogen war: dass er für sie nicht mehr empfand als für jeden anderen seiner Leibeigenen. Unter der Last ihres Blickes allerdings fiel seine kühle Logik in sich zusammen, und er stellte fest, dass er ihr mit der gleichen schonungslosen Offenheit antwortete, die sie ihm entgegengebracht hatte.
» Ich bin Herr über eine große Sippe von Vampiren und Sterblichen, und ja, ich denke oft für andere. Außerdem habe ich so ziemlich jeden verraten, den ich liebe, namentlich durch Beihilfe zum Mord an meiner Gemahlin und vorenthaltenen Informationen meinem Mitregenten gegenüber. Meine anderen Schandtaten sind zu zahlreich, um sie alle aufzulisten, und mir steht der sichere Tod bevor, also würdest du gut daran tun, mich zu vergessen, sobald du dich ausreichend unter Kontrolle hast.«
Sie sah ihn weiterhin mit diesem festen, durchdringenden Blick an. Weder Abscheu noch Entsetzen standen darin. Mencheres wartete. Jeden Augenblick würden seine Worte zu ihr durchdringen und eine Reaktion hervorrufen, aber die Zeit verging, und ihre Miene verriet nichts als Nachdenklichkeit.
» Ich bekomme allmählich Hunger«, sagte sie schließlich, drehte sich um und machte sich durch den Wald zurück auf den Nachhauseweg.
Erstaunt starrte er ihrem sich entfernenden Rücken nach. Wo blieben die Vorhaltungen? Die Kritik an seinem Charakter, zu der andere sich sofort genötigt gefühlt hätten? Nahende Blutgier konnte er auch nicht von Kira ausgehen spüren, aber vielleicht schirmte sie sich ab. Oder lernte, ihre Triebe zu beherrschen.
Mit leichtem Kopfschütteln folgte er ihr, sein Hemd ließ er liegen. Er hatte schon zu viele Erinnerungen an diese Nacht, da musste er sich nicht noch mit einem greifbaren Souvenir quälen.
Trotzdem leckte er sich noch ein letztes Mal die Lippen, nahm Kiras Geschmack in sich auf und erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, als sie schaudernd vor Lust auf ihm gelegen hatte. Hätte er da schon gewusst, dass sie nach ihm gesucht hatte und ihre Lust nicht nur durch die neuen, unkontrollierbaren Sinneseindrücke entfacht worden war, hätte er dann die Kraft gehabt, sie zurückzuweisen?
Nein. Die Antwort hallte in ihm wider, sofort gefolgt von einer weiteren höhnischen Frage.
Hätte er jetzt die Kraft, sich von ihr fernzuhalten, nachdem er das alles wusste?
18
Kira zwang sich, den Becher abzusetzen, obwohl noch ein Schluck darin war. Sie schob ihn über den Tisch auf Gorgon zu.
» Das reicht.«
Das zu sagen, war ihr unendlich schwergefallen, aber sie war auch stolz auf sich, obwohl die wütende Gier in ihr sie fast dazu gebracht hätte, den Becher zu schnappen und ihn bis auf den letzten Tropfen auszuschlecken.
Gorgon grinste sie an. » Erst dein fünfter Tag als Untote. Bist stark, was?«
Kira gestattete sich ein verkniffenes Lächeln. » Als Frau ist man durch jahrelange Diäten abgehärtet. Wer hätte gedacht, dass der Verzicht auf Desserts sich als gute Vorbereitung für mein Leben als Vampirin erweisen würde?«
Gorgon lachte, nahm den Becher und spülte ihn im Waschbecken aus. Kira fiel auf, dass er zwar nie von den Blutkonserven trank, die den Großteil ihrer Nahrung ausmachten, dafür aber jede Nacht ein paar Stunden verschwand. Sie hoffte, dass er die Spender wechselte beziehungsweise ihre nächsten Nachbarn nicht anämisch waren.
Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und warf sie ihr zu. Sie trank und verzog das Gesicht, weil ihr der Geschmack so anders vorkam. Allerdings hatte man ihr schon erklärt, dass es für sie wichtig war, während ihrer ersten Wochen als Vampir Wasser zu trinken. Offenbar verbrannte ihr jetziger Körper alle Nährstoffe aus dem Blut, das sie zu sich nahm, und ließ nichts übrig, um zu verhindern, dass sie sich in Dörrobst verwandelte. Kira hatte nicht gefragt, wie es möglich war, dass sie zwar essen und trinken konnte, aber nicht mehr zur Toilette musste. Manche Mysterien des Vampirlebens waren ihr einfach
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