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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callahan Rogers
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trudelten alle aus The Point ein.
    Carlies Bild hing überall in der Stadt, erzählte er uns, und am Montag würde es auch in der Zeitung abgedruckt. Sämtliche Läden im Ort waren bereits überprüft worden. Die Polizei von Crow’s Nest Harbor, die State Police und die Küstenwache suchten nach ihr.
    Als er von der Küstenwache sprach, grub ich meine Finger in seinen Arm. Ich hatte schon eine Liste mit »Schrecklichen Dingen, die passiert sein konnten« angefangen. Gedächtnisverlust und Entführung standen ganz oben, aber jetzt konnte ich noch eine andere, endgültigere Möglichkeit hinzufügen.
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, nahm Daddy meine Hand und drückte sie. »Florine, meine Kleine, keiner weiß, was passiert ist. Aber sie tun alles, was in ihrer Macht steht, und ich bin sicher, dass sie es herausfinden. Jemand wie deine Mutter verschwindet nicht einfach so.«
    »Was haben sie dich gefragt?«, wollte Sam wissen.
    »Als Erstes, warum sie sich die Haare gefärbt hat. Und warum Patty sich die Haare gefärbt hat.« Daddy schüttelte den Kopf. »Was sollte ich denn darauf sagen? Dass sie einfach Lust dazu hatte und es getan hat? Aber genau das hab ich gesagt. Soweit ich weiß, war das der einzige Grund. Dann wollten sie wissen, ob sie glücklich war. Ob sie unruhig war. Ob sie sich seltsam benommen hat. Ob sie heimlich telefoniert hat oder vor mir die Post durchsehen wollte. Ob sie plötzlich viel Geld ausgegeben hat. Ob sie ein eigenes Konto hat. Worüber wir gestritten haben. Lauter so Zeug.« Daddy trank einen großen Schluck Bier und wischte sich über den Mund. »Viel konnte ich ihnen nicht erzählen. Sie hat immer vor mir die Post durchgesehen. Ich weiß nicht, ob sie heimlich telefoniert hat. Und von einem Konto weiß ich auch nichts. Die Reise hat sie von ihrem Trinkgeld bezahlt. Manchmal war sie glücklich, manchmal nicht, genau wie wir alle. Und gestritten haben wir uns meistens darüber, dass wir nie verreisen und dass ich ein Dickkopf bin.«
    »Haben sie bei ihrer Familie angerufen?«, fragte Madeline.
    »Ja, aber ohne Erfolg. Ich hab mit ihrem Bruder gesprochen, aber das hat auch nichts gebracht. Wenn ihr meint, ich war schweigsam, dann versucht mal, irgendwas aus Robert rauszukriegen. Die Mutter ist schwer krank, hat er gesagt, und der Vater ist vor einem Jahr gestorben. Keiner hat was von Carlie gehört.«
    »War trotzdem gut, jemanden runterzuschicken, der mit ihnen redet«, meinte Ida. »Vielleicht wissen die ja irgendwas über sie, was wir nicht wissen.«
    »Das haben sie vor«, sagte Daddy.
    Wir saßen ein paar Stunden da draußen. Daddy rauchte eine Chesterfield nach der anderen und trank allein ein ganzes Sixpack ‘Gansett. Grand machte für alle gebratenen Fisch mit Mais, aber Daddy und ich stocherten nur auf unseren Tellern herum.
    Dottie holte mein Krocketspiel und spielte gegen sich selbst, indem sie abwechselnd eine blaue und eine grüne Kugel durch die Tore schlug. Als die untergehende Sonne die Spitzen der Kiefern mit mattem Orange betupfte, gingen alle nach Hause.
    Ein Mückenschwarm begann um unsere Köpfe zu sirren, und so verschwanden wir nach drinnen.
    »Ich weiß, es ist erst halb neun, aber ich bin fix und fertig«, sagte Daddy. »Ich muss ins Bett.«
    »Das glaube ich dir«, sagte Grand. »Florine, willst du heute bei mir schlafen?«
    »Nein, ich will bei Daddy bleiben«, sagte ich. Er rieb sich mit den Händen durchs Gesicht, und Grand meinte: »Ich glaube, wir sollten ihn in Ruhe schlafen lassen.«
    »Was ist, wenn Carlie anruft?«, fragte ich.
    »Dann sage ich euch sofort Bescheid«, versprach Daddy.
    Also gingen Grand und ich nach drüben. Es war das erste Mal seit Tagen, dass ich das Haus verließ. »Wir sollten ihn ein bisschen in Ruhe lassen, Florine«, sagte Grand. »Er muss erst mal wieder zu sich kommen.«
    An dem Abend schläferte mich der gleichmäßige Rhythmus von Grands Schnarchen sofort ein, und ich wachte erst um neun am nächsten Morgen wieder auf. Als ich nach unten ging, sah ich durch die Fensterscheibe in der Küchentür hinunter zum Hafen. Die Carlie Flo lag nicht an ihrem Platz.
    »Daddy ist weg«, rief ich und rannte, so schnell ich konnte, im Schlafanzug aus dem Haus und zu uns hinüber. Was, wenn das Telefon klingelte? Was, wenn Carlie das Gedächtnis verloren hatte und nach Hause kam und dann wieder verschwand, weil sie nicht wusste, ob es wirklich ihr Haus war?
    Grand fand mich in der Küche, direkt vor dem Telefon.
    »Florine, meine Nummer

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