Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
die Haushälterin und wischte Ruby den Mund ab, wie früher, als Ruby noch ganz klein gewesen war. Mrs Digby betrachtete Rubys T-Shirt mit dem Aufdruck MANCHE TAGE SIND ZUM KOTZEN und brummte: »Tja, wer kann dem widersprechen?«
Sie stutzte.
»Na ja, deine Mutter vielleicht schon. Wenn ich du wäre, würde ich allem Ärger aus dem Weg gehen und mir etwas anderes anziehen, du weißt schon, etwas mit Rüschen oder so.«
Ruby verzog das Gesicht. Rüschen hatte sie weder in ihrem Wortschatz noch in ihrer Garderobe. Sie trug am liebsten Jeans, Sneakers und T-Shirts mit frechen Sprüchen wie BLÖDMANN oder ZU TODE GELANGWEILT oder mit einer interessanten Zahl wie 1729. Doch sie wusste, was Mrs Digby meinte, und auch, dass daran vermutlich etwas dran war.
In diesem Moment ging die Hintertür auf, und eine junge Frau tänzelte in die Küche, gefolgt von drei großen Kisten Tomaten, unter denen zwei dürre Beine herausragten.
»Hóla, Ruby, wie geht’s?«, fragte die junge Frau mit den Glutaugen.
»Bien, gracias, Consuela!«, antwortete Ruby. »Hey, bist du das da drunter, Clance?«
»Glaub schon«, brummte Clancy und stellte die Kisten unter großen Mühen auf den Küchentresen. Er verdrehte die Augen. »Ich geh nur noch schnell die anderen holen.« Clancy war ein gutmütiger Kerl. Eigentlich mochte er die meisten Leute, doch Consuela gehörte nicht dazu. Sie war ihm zu dominant. Mrs Digby war übrigens auch kein Fan von ihr.
Die Probleme hatten damit angefangen, dass Sabina Redfort von einem Tag auf den anderen beschlossen hatte, Mrs Digbys Essen sei zu fettreich und schwer verdaulich, und verkündete, sie müssten sich mehr auf der Basis von Olivenöl und Tomaten ernähren. Und flugs stellte sie die Diätköchin Consuela Cruz ein. Consuela war den weiten Weg von der spanischen Stadt Sevilla hierher geflogen, zusammen mit vielen Koffern und unzähligen Kochutensilien, und obwohl ihr Gehalt einem die Tränen in die Augen trieb, war Mrs Redfort der Meinung, sie sei jeden Cent wert.
Die neue Kost mochte zwar gesund für Herz und Kreislauf sein, stieß aber nicht auf große Begeisterung. Besonders bei Mrs Digby, die nun nur missbilligend brummte, woraufhin Consuela mit der Zunge schnalzte, und dann verließen die beiden Frauen die Küche durch eine jeweils andere Tür. Sobald Ruby allein war, häufte sie ein paar Plätzchen auf einen Teller (zehn, um genau zu sein) und fabrizierte zwei wesentlich wohlschmeckendere Drinks (Bananenmilch mit jeweils einer Kugel Erdbeereis). Die fertige Bananenmilch war aus Europa importiert, denn trotz aller Bemühungen war es Brant Redfort nicht gelungen, in den USA welche aufzutreiben.
Ruby steckte einen Strohhalm in jedes Glas, stellte die Gläser mit dem Plätzchenteller und einem Apfel auf ein Tablett und verließ die Küche – unterwegs saugte sie schon an einem der Strohhalme. Sie wollte gerade die Treppe hinaufgehen, als sie sah, dass das kleine rote Lämpchen am Anrufbeantworter blinkte, weil eine Nachricht eingegangen war. Neugierig drückte sie auf den Abhörknopf.
»Hey, ihr Redforts! Hier sind die Humberts – Freddie und ich haben uns gerade gedacht, wie nett es wäre, wenn ihr auf einen Sprung vorbeikämt – und Quent würde sich schrecklich freuen, die liebe Ruby zu sehen! Ruft doch bitte zurück, okay? Bye bye!«
Es war die Stimme von Marjorie Humbert, einer Freundin der Familie und Gattin von Freddie Humbert, dem Direktor der Twinford City Bank, und zudem die Mutter von Quent, dem mit Abstand langweiligsten Jungen der ganzen Stadt. Ruby drückte kurz entschlossen auf LÖSCHEN und setzte ihren Weg fort. Der große Husky folgte ihr.
»Na, Floh«, sagte Ruby. »Lust mit uns fernzusehen?«
Als Ruby ihr Zimmer betrat, fiel ihr Blick auf den Spiegel. Mrs Digby hatte recht: Wenn sie keinen Ärger bekommen wollte, sollte sie sich besser umziehen. Am besten ein Kleid. Sie wühlte in ihrem Schrank, bis sie auf eine interessante rot-weiße Kreation stieß, die sie in einem Secondhandladen erstanden hatte – wenn Ruby mal etwas anderes trug als Jeans und T-Shirts, dann war es normalerweise aus zweiter Hand. Sie war eines dieser Mädchen, von denen die Leute sagen, sie hätten »ihren eigenen Stil«, was manchmal als Kompliment gemeint war und manchmal nicht. Der Saum des Kleides war an einer Stelle mit einem Klebestreifen nach innen geklebt, aber das sah man nur, wenn man ganz genau hinschaute.
Ruby zog noch schwarze Söckchen über die Kniestrümpfe und schlüpfte dann
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