Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
handelte sich um ein hautenges Lame-Kleid, das so aufreizend war, daß wir einen Moment gezögert hatten, letztlich hatte es jedoch, in Anbetracht der Kürze des Lebens, meine Zustimmung gewonnen.
    Je weiter wir vorrückten, um so häufiger entdeckte ich da und dort einen Unglücklichen, der sich die Augen ausguckte, oder eine verärgerte Frau. Die Menge schnurrte unter den brennenden Kronleuchtern und lauerte gelassen. Ich kannte jede Menge Leute. Ich vereinbarte Waffenstillstand für diesen Abend, als wir auf Vincent Dolbello stießen, obwohl er bei Elsies Anblick ungeheuer elegant pfiff. Die anderen waren auch da, aber ich stahl mich schleunigst davon und flitzte hinter die Kulissen, um mich ein wenig nach der Beschaffenheit des Terrains zu erkundigen.
    Gladys eilte mir entgegen, als sie mich erblickte. Sie hängte sich bei mir ein, und während wir auf ihn zugingen, flüsterte sie mir ins Ohr, alles sei in Ordnung. Im ersten Moment kam er mir leichenblaß vor, aber das lag nur daran, daß er bereits geschminkt war.
    - Verflixt, du siehst blendend aus …! sagte ich zu ihm. Er pflichtete mir mit nervösem Lächeln bei.
    - Ich bin gekommen, um dir viel Glück zu wünschen, fügte ich hinzu. Ich hoffe, du bist nicht abergläubisch …
    - Mmm, keine Bange …. murmelte er.
    - Nein, hab ich nicht … Eines weiß ich, Hermann …: Wenn man nicht mehr zurück kann, genau dann kann man alles geben, dann ist man wirklich gut.
    Ich zögerte eine Sekunde, ich überlegte, ob ich ihn an der Schulter fassen sollte, aber ich hielt mich lieber zurück, um ihn nicht vor all seinen Freunden zu umarmen, und schließlich legte er seine Hand auf meinen Arm.
    - Wir sehen uns später …
    - Okay, wir sehen uns später …. stammelte ich ihm dümmlich nach, ganz von der schrecklichen Anstrengung beansprucht, die es schlicht kostete, mich von ihm loszureißen.
    Ich rannte davon, ganz plötzlich, die Finger tief in meinem Jackett versteckt. Im Schutz einer Ecke holte ich meinen Flachmann hervor – ein Geschenk, das ich mir zu guter Letzt selbst gemacht hatte, denn niemand hatte je daran gedacht – und gönnte mir erst einmal einen tüchtigen Schluck Bourbon, um wieder auf die Beine zu kommen. Als ich die Flasche wieder senkte, erblickte ich Boris, den Autor des Stückes, er stand vor mir, beide Hände in den Taschen und mit einem angespannten Lächeln. Ich inspizierte die Umgebung und reichte ihm den Bourbon. Er stürzte sich darauf, ohne sich zu zieren.
    - Ich kenn das …. sagte ich zu ihm. Das geht vorbei, wenn man aufhört zu schreiben. Mit zunehmendem Alter auch. Wenn du deine Arbeit wirklich beendet hast, dann scher dich nicht darum, was die Leute davon halten …
    - Herrgott, das ist rein körperlich!
    - Die meisten Schriftsteller sind leberkranke Angsthasen. Du solltest Nux Vomica 9 CH probieren. Ich hab damit gute Ergebnisse erzielt. Für die Nieren gibt es Kartoffelsaft. Wenn du dich einer Ohnmacht nahe fühlst, empfehle ich dir Soludor, du kannst bis zu vierzig Tropfen nehmen, wenn dir danach ist. Da ist Gold und Äther drin.
    - Ich hab jedes deiner Bücher gelesen, sagte er.
    - Gold hat eine beruhigende und wohltuende Wirkung, gab ich ihm zur Antwort.
    Dann zog ich meinen Flachmann an Land und verzog mich schnellstens aus den Kulissen. Mir war nicht danach zumute, die Runde zu machen und jedes Mitglied der glorreichen Truppe aufzurichten. Mich selbst hatte in diesen Augenblicken nie jemand gestärkt.
    Wieder bei den anderen, drückte ich ein paar Hände, während wir auf den Beginn des Stückes warteten. Elsie und Sarah quatschten miteinander, was mich ein wenig fuchste, zumal sie sich immer noch gut zu verstehen schienen. Ich richtete es so ein, daß wir nicht zusammensaßen, als man uns in den Saal einließ, ich wartete, bis sie Platz genommen hatten, und ging einige Reihen weiter.
    - Du fragst mich, warum …? entgegnete ich Elsie mit düsterhämischem Kichern.
    Wir gesellten uns zu Harold und Bernie. Ich geriet neben Harold, aber wenn ich die Wahl hatte zwischen ihm und Dolbello, zögerte ich keine Sekunde.
    Während wir Platz nahmen, reckte Harold sein Kinn in Richtung der vorderen Ränge und fragte mich, wer der Typ sei, der Marianne zu ihrem Platz karre.
    - Ihr Vater, sagte ich. Solltest du in den Genuß kommen, mit ihm zu reden, würde ich ihm nicht sagen, daß er seine Tochter karrt.
    -Der hat doch schneeweiße Haare, du meinst wohl: ihr Großvater …?!
    - Das liegt nicht am Alter … Die hat er, seit damals die

Weitere Kostenlose Bücher