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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Sache mit Marianne passiert ist. Als sie aus dem Krankenhaus kam, sah er so aus, ich weiß nicht, ob du dir die Szene so recht vorstellen kannst …
    -Wie bitte …? Von heute auf morgen …?!
    - Pssst …! antwortete ich, denn in diesem Moment wurde der Saal dunkel.
     
    Der Vorhang enthüllte das Innere eines Chalets in den Bergen. Es handelte sich um die Geschichte eines jungen Kerls, der Probleme hatte mit seinem Vater, und den Vater, den bekam man nicht zu sehen, man hörte ihn nur hinter einer Tür reden oder poltern, und der junge Typ hatte von Anfang an ein Gewehr in der Hand, mit anderen Worten, es war zu sehen, daß es zwischen den beiden nicht so recht stimmte, und man fragte sich, ob sich die Sache einrenken werde. Während der ersten zehn Minuten hatte ich die Luft angehalten, aber inzwischen atmete ich normal, und ich hatte mich mit einem unerschütterlichen Lächeln, das Harold natürlich nicht entging, in meinem Sitz aufgerichtet.
    - Großer Gott, findest du das lustig … ?! hatte er geflüstert.
    - Quatsch, ich tu nur so.
    Ich hatte keine Hoffnung, daß ich ihn überzeugt hatte. Ich spürte, wie er neben mir wackelte und hin und her rutschte, ich hatte noch nie einen Typen gesehen, der so unruhig auf einem Stuhl saß, ich muß sagen, ich hatte mich fast daran gewöhnt. Außer ihm verhielt sich der ganze Saal ruhig und reglos. Ich wußte nicht, wie Boris das deutete, ob er sich immer noch Sorgen machte und sich mehr oder weniger in den Schatten drückte -
    - Verdammich, mir schwant Übles, glauben Sie mir … –, aber man brauchte nur die Nase ein Stück in den Wind zu halten, um sicher zu sein, daß der Zauber seine Wirkung tat. Meine Hand ruhte auf Elsies Schenkel, wie ein alter Hund, der in der Sonne schläft. Ich fand dieses Gefühl der Erleichterung wieder, das ich einst hatte, wenn mir Paul verkündete, wir hätten die Hunderttausend übersprungen.
    - Mensch, ich bin ganz platt …! setzte er von neuem an. – Hmm …
    - Ah, guck ihn dir an! Nein, hör doch mal …!
    Er hatte Glück, daß ich außergewöhnlich entspannt war. Um ihn seinerseits zu beruhigen, zog ich unauffällig meinen Flachmann aus der Tasche und steckte ihm ihn zwischen die Finger. Hermann schwor gerade, er werde seinen Vater umbringen, falls er sich unterstehen sollte, durch die Tür zu kommen, das war ein ziemlich ergreifender Moment für einen Normalsterblichen, ringsum saßen welche, die hielten den Atem an.
    - He, was ist das denn …?! fragte er leise.
    Ich wandte mich ihm eine Sekunde zu, ich erforschte sein Gesicht, dann nahm ich meine ursprüngliche Haltung wieder ein, ohne ein Wort zu sagen. Ich hörte, wie er den Verschluß abschraubte und an der Flasche schnüffelte.
    - Ah, das ist Bourbon. Ich mag keinen Bourbon, das weißt du genau … Komm mir lieber mit einem guten …
    - Ich komm dir mit gar nichts, ich hör nur zu.
    -Ja, schon gut. Schweigen wir. Mann ist einfach großartig.
    Er hatte recht. Ich zwang mich zu vergessen, daß ich sein Vater war, und fand ihn immer noch genausogut. Ich wollte, Franck hätte ihn sehen können – ich hatte fast den Eindruck, dieser Oberschenkel, den ich festhielt, war ihrer und wir hätten all diese Jahre einigermaßen hinter uns gebracht – , und vielleicht hätte ich dann einen unvergeßlichen Augenblick erlebt, vielleicht hätte ich das Gefühl gehabt, etwas vollbracht zu haben, und sei es nur, die beiden fast zwanzig Jahre meines Lebens begleitet zu haben. Aber kaum hatte ich mich diesem wunderbaren Traum überlassen, machte sich Harold wieder bemerkbar. Diesmal redete er nicht, dafür schüttelte er meinen Bourbon in Höhe seines Ohrs.
    - Was ist denn jetzt schon wieder …? seufzte ich.
    - He, man sollte meinen, da fehlt was …! stänkerte er.
    Ich schloß aus seiner Dreistigkeit, daß sich eine gewisse Ruhe auf meinem Gesicht abzeichnete. Es bestand kein Zweifel, daß er beschlossen hatte, sich daran zu weiden. Fast hätte ich ihn angelächelt, aber ich fürchtete, das würde ihn nur anspornen. Wir hatten Glück, daß unser Murmeln noch niemand gestört hatte. Immerhin, das Stück war ziemlich ergreifend, das mußte man zugeben. Und wundervoll interpretiert.
    - Es ist noch genug da …. flüsterte ich ihm zu. Versuch doch mal stillzuhalten, konzentrier dich darauf, was passiert …!
    - Och, ich weiß, was passiert … Ich hab bei den Proben zugeguckt …!
    - Sieh an … Trotzdem, das ist kein Grund …
    - Der Schluß, wenn Mann sich eine Kugel in den Mund schießt, hat

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