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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Supermarkt loszuschicken. Bernie wirkte dermaßen zufrieden, daß er uns Crepes mit Ahornsirup versprach. Ein jeder war bereit, loszugehen. Alle erhoben sich für Bernie Goldsteins Crepes.
     
    Kurz darauf setzte sich unser kleiner Trupp in Bewegung. Lediglich Sarah ging von der Stange, sie behauptete, sie fühle sich nicht in Form und wolle lieber während unserer Abwesenheit das Lager bewachen, ich solle ihr nur ein paar Päckchen Tee mitbringen, wenn ich daran dächte. Unser Vormarsch, trotz allem ein gutes Dutzend Arme stark, verlief zufriedenstellend, wir kämpften uns unaufhaltsam die Straße entlang, während sich die Sonne, unsere Ängste bestätigend, hinter einem Wolkenschleier verbarg.
    Harold legte sich mächtig ins Zeug. Diesmal hatte ich jedoch nichts dagegen einzuwenden, und hätte er doppelt soviel geschaufelt, ich hätte mit beiden Händen Beifall geklatscht. Hermann und Richard, die neben ihm schufteten, hatten Mühe, im Takt zu bleiben, und manchmal warf er seine blonden Haare nach hinten und fing an zu spötteln.
    - He, ihr lahmen Krücken …! Wo bleibt ihr denn …?! stichelte er und drehte sich um, um uns zuzuzwinkern, mit Vorliebe in Richtung Gladys. Habt ihr nichts in den Armen …?!
    Mit der Zeit hatte ich es aufgegeben, mich zu fragen, was Bernie mit einer solchen Nummer wollte. Ich wußte, daß er ihn liebte, aber ehrlich gesagt, ich konnte ihn nicht verstehen. Jedesmal, wenn er mit mir über Harold redete, hörte ich mit staunendem Gesicht zu. Eine Zeitlang dachte ich, er mache sich über mich lustig, aber es war ihm todernst. Wenn man ihn hörte, war Harold der reine Traumpartner. So daß ich mir, wenn mir das Verhalten seines Schützlings auf die Nerven ging, Mühe gab, im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden. Ich zwang mich, ihn nicht für den Prototyp des totalen Idioten zu halten.
    Wir brauchten eine Weile, um aus der Lawine herauszukommen, aber letztlich nicht so lang, wie wir vermutet hatten. An der zweiten Kreuzung gerieten wir auf eine fast gänzlich freigeräumte Straße. Auf dem Bürgersteig lag kaum mehr als eine dünne Schneeschicht, und Typen standen auf Lastwagen und warfen mit Sand um sich. Wir kamen uns ein wenig blöd vor. Um das Maß voll zu machen, forderte man uns auf, zur Seite zu gehen und einem Schneepflug Platz zu machen, der ein Stück vor uns manövrierte und Anstalten machte, die Straße freizuräumen, über die wir gerade gekommen waren.
    Unschlüssigkeit machte sich in unseren Reihen breit. Plötzlich verflüchtigte sich der heroische Touch unserer Expedition in alle Winde, und das Blut der Jugend hörte auf zu pulsieren. Wir stampften ein wenig auf der Stelle, es erhob sich die Frage, ob wir wirklich allesamt dorthin mußten und was Bernie und ich davon hielten.
    Und so ließen sie uns mit den Einkaufsnetzen in der Wüste stehen. Ich sagte nichts aus einer Art Gerechtigkeitssinn, denn wir hatten beide keinen Finger krummgemacht, als es darum ging, uns einen Weg durch den großen weißen Mantel zu bahnen. Es fiel uns leicht, fair zu bleiben, weil der Laden nicht gerade am Ende der Welt lag und ein beinahe mildes Lüftchen uns hinterlistig zu umgarnen trachtete. Bernie nahm meinen Arm. Es machte mir inzwischen nichts mehr aus, Arm in Arm mit ihm durch die Gegend zu laufen, ich achtete kaum noch darauf, und wenn es mir zu Bewußtsein kam, fand ich, es war gut, einen Freund zu haben, und meine Härchen sträubten sich schon ewig nicht mehr.
    Wir erledigten unsere Einkäufe in aller Ruhe, dabei redeten wir über dieses und jenes. Es war nicht viel los. Ich vermied es, mich für die Frauen zu interessieren, denen wir begegneten, denn schon manches Mal hatte ich bemerkt, daß meine Aktien ernstlich sanken, wenn ich mit ihm zusammen war. An dem eisigen Blick, den sie mir zuwarfen, spürte ich, daß sie uns in einen Topf warfen, und ich blickte ihnen nach, wenn sie stocksteif flüchteten.
    - Herrje, Dan … Das tut mir wirklich leid …! raunte er mir mit einem breiten Grinsen zu, während ich das Gesicht verzog.
    In der Milchabteilung schnappte sich Bernie acht Tüten auf einmal und wuchtete sich das Paket auf die Schulter.
    - Scheiße, sowas Lächerliches hat die Welt noch nicht gesehn …! sagte ich.
    - Pah, weißt du … So schwer ist das auch nicht.
    - Hör mal, warum versuchst du ihn nicht auf Milchpulver umzustellen …?
    - Ah, das ist nicht dein Ernst … Ihm graut davor!
    - Jaja, aber acht Tüten, Bernie …! Was soll das …?! Darf ich dich erinnern,

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