Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
Zeitlang so weiter …!
    - Jaja … Gehn wir in die Küche …! entschied ich.
    - Wo ist denn Mann? Nicht da …?
    - Hmm, ich hoffe, er kommt zu Rande … Er räumt gerade seinen Schrank auf …
    Harold fühlte sich nie ganz wohl, wenn er allein mit mir war, aber mir war das egal, das war schließlich sein Problem. Dabei hatte ich nichts gegen ihn, wir waren uns nie in die Haare geraten, und ich war sein Doppelpartner im Pingpong, er interessierte mich nur nicht besonders, auch wenn er Bernie Goldsteins Freund war. Er sah auf eine Weise gut aus, die ihn in meinen Augen transparent machte. Nun ja, das hinderte mich nicht daran, ihm von Zeit zu Zeit auf die Schulter zu klopfen, wenn es mir per Zufall gelang, sie zu lokalisieren.
    Ich gab ihm seinen Oregano, eine kleine Lache hatte sich zu seinen Füßen gebildet.
    - Tja, was sagt man dazu …?! feixte er, als er meinen Blick bemerkte.
    - Schicksal …. meinte ich.
    Erneut meldete sich das Telefon. Ich ersuchte Harold, sich keine Sorgen zu machen und die Tür in Ruhe zu lassen, ich brauchte sie noch. Ich blickte ihm nach, als er in den Garten stapfte, dann hob ich ab.
    - Dan? Sarah hier …
    - Ja, ich bin gerannt, weil ich wußte, daß du es bist.
    - Dan, mein Heizkessel ist explodiert …!
    - … Was ist er …??!!
    -Ach, was weiß ich …! Ich kenn mich da nicht aus …
    - Sarah, sag schon, alles klar …!??
    - Alles klar … ?! Das Haus ist ein einziger Eisschrank …! Wir sind halb erfroren, kein Witz …!! Ich hab doch nicht gesagt, er ist uns ins Gesicht geflogen …
    - Ah, sei still …!
    - Herrgott, ich klappere mit den Zähnen, kapierst du das nicht …? Kurz und gut, der Typ ist gerade weg. Sieht so aus, als müßten wir drei, vier Tage ohne Heizung auskommen. Herr im Himmel! Hast du gesehn, wie das schneit …?
    - Ja, und das ist anscheinend nur der Anfang.
    - Dan, hör mal, fühlst du dich imstande, uns ein paar Tage zu beherbergen …?
    - Ich weiß nicht. Wir können’s versuchen.
    - Vielleicht wird’s ja lustig, oder?
    - Mmm … Abwarten …
    Ich machte mir ein Glas, dann ging ich hoch, um Hermann die Neuigkeit zu verkünden. Er nickte, dann äußerte er leichte Bedenken wegen seines Verhältnisses zu Gladys und der Risiken einer solch plötzlichen Intimität, aber ich beruhigte ihn, ich wüßte nicht, was sie ihm noch Schlimmeres antun könne, vielleicht sei das eine gute Gelegenheit, wer weiß? Er seufzte, dann erklärte er, daran glaube er leider nicht so recht.
    - Dich erwartet noch so manche Überraschung, spottete ich. Bild dir bei ‘ner Frau nie ein, es ist alles vorbei, weder im Guten noch im Schlechten.
    - Naja … Hoffentlich hast du recht …
    - He, guck mich an … Du kannst dich drauf verlassen, wenn ich dir was sage.
    Wir beschlossen, die Mädchen sollten mein Zimmer bekommen und Richard unten das Sofa. Während wir mein Bett frisch bezogen, hörten wir, daß Wind aufkam.
     
    Ah, welch eisige Gleichgültigkeit legte sie an den Tag, wenn zufällig ihr Blick auf ihn fiel! Es lief mir kalt den Rücken hinunter, und ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Offenbar war ich der einzige, den das scherte. Vermutlich hatte ich weniger oft Gelegenheit gehabt, sie nebeneinander zu erleben, und ich war noch nicht daran gewöhnt, mir war, als hörte ich eine Peitsche durch das Zimmer knallen, und was sie da traf, war der Rücken meines Sohnes.
    Ah, Freunde, wie weh mußte ihm das tun, und welch trauriges und schmerzliches Lächeln setzte er auf, wenn sie ihn derart geißelte …! Ah, hatte sie nicht den geringsten Funken im Herzen …?! Hatte sie gar kein Mitleid mit dem Jungen, der ihr zu Füßen wimmerte, hatte sie sich vorgenommen, einen Engel zu vernichten …?! Hermann war von verblüffender Zurückhaltung. Er mühte sich, den Schlag unauffällig wegzustecken, und es war, als hätte niemand etwas bemerkt. Das Ganze ging in wenigen Sekunden über die Bühne, aber ich schnitt Grimassen um ihn. Das erinnerte mich an den Tag, wo ich ihn in meine Arme geschlossen hatte und Blut aus seinem Mund fließen sah, während man ihm die Polypen herausnahm. Fast hätte ich ihm eine Rippe eingedrückt.
    Merkwürdigerweise warf ihr Verhalten nicht alles über den Haufen. Solange sie Hermann nicht mit Blicken niedermachte, legte Gladys eine gute Laune an den Tag, die mir nicht geheuchelt schien. Jeder wußte, daß ihm nur ein einziges Mädchen etwas bedeutete, und vielleicht nur noch mehr, seit sie sich zerstritten hatten, und wenn ich sage jeder, dann

Weitere Kostenlose Bücher