Rückkehr in Golgrimms wundersame Welt (German Edition)
Mietroll setzte den Hocker, die kleine Tasche mit den Schreibutensilien und das dicke Buch in einer Ecke ab und betrachtete seinen Chef besorgt.
„Waf ift denn, Meifter?“ fragte er, doch der alte Chronist stöhnte nur leise. Der Troll legte den Kopf schief.
„Kann iff waf für euff tun? Möfftet ihr einen Tee?“
Thaddäus nickte. „Ja, ich glaube das wäre jetzt genau das richtige.“
„Ihr wirkt etwaf flapp, wenn iff daf mal fagen darf, Meifter!“
„Da hast du recht, mein lieber Mietroll! In letzter Zeit lasse ich mich immer öfter ablenken, meine Knochen tun weh und mein Schädel brummt schon seit Tagen!“
„Waf habt ihr erwartet, Meifter? Immerhin feid ihr der ältefte Menf der Welt!“
Eine Pause voller unbehaglicher Stille folgte. Dann merkte die Stille, dass dies ein unpassender Augenblick war und verschwand wieder. Thaddäus sah auf und zog eine Augenbraue hoch.
„Willst du etwa sagen, ich sei zu alt?“
Mietroll wurde verlegen. "Nun, Meifter," begann er. „Ihr feid wirkliff uralt. Oder noch älter. Wer weiff daf fon? Und dann diefef dauernde Reifen fu allen Orten der Welt. Daf geht auf die Knochen, wifft ihr.“
Der alte Chronist fuhr aus seinem Stuhl hoch und ballte die Fäuste.
„Die Geschichte der Welt muss niedergeschrieben werden! Und ich bin der einzige Chronist der Welt! Wie stellst du dir das vor? Soll ich etwa Urlaub machen und die ganze Sache einfach liegen lassen?“
„Ihr habt feit Ewigkeiten keinen Urlaub gemacht. Noch nie, um genau fu fein. Iff bin fiffer, die Welt kommt vier Wochen ohne euf auf ohne fu ekfplodieren!“
Thaddäus sank wieder in den Stuhl und rieb sich die Schläfen. „Vielleicht hast du recht, mein lieber Mietroll, vielleicht hast du recht...“
Der kleine windschiefe Turm auf dem Hügel außerhalb der Hauptstadt Anduras wog langsam hin und her.
Wobei eigentlich die Bezeichnung „windschief“ hier nicht her passt, denn schließlich gibt es auf Notrak Husch keinen wirklichen Wind. Es kam nur dreimal in der Geschichte der Welt vor, dass eine Art der schnellen Luftzirkulation stattgefunden hatte. Gehen wir also besser davon aus, dass der Erbauer dieses Turms als Architekt eine ziemliche Null war.
Die Ziegel des kegelförmigen Daches knirschten leise bei jeder noch so kleine n Bewegung und aus diesem Grund wog auch das hohe Gras ringsherum auf dem Hügel.
Die Sonne schien unablässig und es herrschte wie immer angenehme Zimmertemperatur im Land.
Dann öffnete sich die große hölzerne Tür des Turms zu einem herzhaften Gähnen und aus dem Inneren des Gebäudes schrie eine hysterische Stimme: „MACH DIE TÜR ZU ODER WILLST DU, DASS ICH SCHON WIEDER EINE ERKÄLTUNG KRIEGE?“
Nepomuk von Hinterhausen stand in der Küche im ersten Stockwerk seines windschiefen Turms, wartete darauf, dass sich die Tür wieder schloss und zog dann die Schürze um seine Hüfte enger. Er hatte die weiten Ärmel seiner blauen Magierrobe mit den dutzenden Flicken weit über die Ellbogen gekrempelt und seinen spitzen, ebenfalls blauen, Zaubererhut (welcher ebenso von unzähligen Flicken übersät war) mit der breiten Krempe an die Garderobe gehängt. Ein Windstoß erfasste ihn, ließ seinen korpulenten massigen Körper schwanken und ein direkt darauf folgender Sog brachte ihn wieder in seine ursprüngliche Stellung zurück. Töpfe und Pfannen schaukelten an ihren Aufhängungen hin und her und das Feuer im Ofen flackerte und knisterte auf. Und auch diesmal schloss sich die Tür wieder, nachdem das mehr als nur herzhafte Gähnen des Turmes wieder verebbt war.
„Wie kann ein Turm nur ständig so müde sein?“ fragte sich Nepomuk, fischte seinen langen dichten weißen Bart aus der Pfanne vor sich heraus und zerschlug ein Ei. Es zischte und dampfte, als Eiweiß und Eigelb auf das heiße Fett in der Pfanne trafen und von ihrem flüssigen Zustand in einen festen hinüber wechselten.
In der Wohnstube des gähnenden Turms erwachte in diesem Augenblick Hieronymus Parzival, die magische Silberrückeneule des alten Zauberers. Sie öffnete erst das eine Auge, dann
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