Rueckkehr nach Abbeydale
passiert? fragte Silas sich unwillkürlich. Sie war damals lebhaft gewesen, und er hatte ihr immer angesehen, was in ihr vorging. Als er sich daran erinnerte, wie sie ihn angeschaut hatte, nachdem er das erste Mal mit ihr geschlafen hatte, verspürte er ein schreckliches Gefühl des Verlusts. Er hatte geglaubt, es schon lange überwunden zu haben, aber nun drohte es ihn zu überwältigen.
Schnell wandte er sich ab, damit sie es nicht merkte. Kate verstand es allerdings falsch und nahm an, daß ihre Fragen ihn langweilten und ärgerten. Wütend preßte sie die Lippen zusammen. Es war ihr gutes Recht, Fragen zu stellen und auch Antworten darauf zu bekommen!
„Also, wie lange?” drängte sie.
„Das habe ich dir bereits gesagt. Eine Woche.”
„Ich kann nicht eine Woche hier bleiben!” sagte sie entgeistert.
„Das mußt du wohl oder übel”, meinte er leise.
„Und wenn ich nicht will?”
Das war Kate, wie er sie in Erinnerung hatte. Ihre Augen funkelten kampflustig, und sie hob trotzig das Kinn, weil sie sich nicht seinen Willen aufzwingen lassen wollte.
„Dann kann ich dich dazu zwingen”, erklärte er ruhig. „Dies ist eine staatliche Einrichtung, und ich leite sie.” Schließlich verlor er die Geduld. „Verdammt, glaubst du allen Ernstes, daß ich dich hier haben will?”
Natürlich war ihr klar gewesen, daß es nicht der Fall war. Trotzdem verletzte es sie, als Silas es ihr an den Kopf warf. Sie wandte sich ab, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, und biß sich dabei so heftig auf die Lippe, daß ihre Zähne winzige Abdrücke darin hinterließen.
Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, betrachtete er wie gebannt ihre Lippen, denn der Anblick rief gewisse Erinnerungen wach.
Damals hatte er, Silas, noch bevor er das erste Mal mit ihr geschlafen hatte, auch in ihre Lippe gebissen, weil sein Verlangen ihn fast um den Verstand gebracht hatte. Doch er hatte sie zu nichts drängen wollen, solange sie nicht dazu bereit war. Sie hatte aufgeschrien und versucht, ihn wegzuschieben, und er hatte versucht, den Schmerz zu lindern, indem er mit der Zunge über ihre Lippe gestrichen hatte. Eigentlich hatte er sie damit bloß trösten wollen, aber das hatten sie beide schnell vergessen. Kate, die immer leidenschaftlicher geworden war, hatte sein Gesicht mit heißen Küssen bedeckt und schließlich genauso begierig an seiner Lippe geknabbert.
Wütend darüber, daß er für diese Gefühle so empfänglich war, zwang sich Silas, nicht mehr an die Vergangenheit zu denken.
„Ich zeige dir jetzt, wo du wohnen wirst”, erklärte er kurz angebunden. „Außerdem versorge ich deinen Kratzer.”
Kate war nach wie vor nicht bereit, so schnell aufzugeben. „Ich gehe davon aus, daß ich während meiner Gefangenschaft zumindest Zugang zu einem Telefon habe.”
„Es gibt eins im Haus, und ich werde einen Anschluß in dein Zimmer legen lassen. Hier entlang.”
Ohne etwas zu erwidern, drehte sie sich um und folgte ihm durch die Eingangshalle und anschließend mehrere Gänge entlang, bis sie eine wenig einladende altmodische Küche betraten, in der sich lediglich ein kleines Fenster befand.
In Anbetracht der Tatsache, daß die anderen Räume im Haus so großzügig geschnitten waren, wunderte Kate sich darüber, unter welchen Bedingungen das Personal hatte arbeiten müssen.
Offensichtlich wurde die Küche noch benutzt, denn man hatte einen großen Gefrierschrank und einen Herd sowie zwei Mikrowellengeräte hineingestellt.
Ein junger Mann war dabei, Gemüse zu zerkleinern. Als sie an ihm vorbeigingen, lächelte er Silas zu und blickte Kate verblüfft an.
„Das ist Mrs. …” begann Silas.
„Miss Seton”, fiel Kate ihm ins Wort, als er sich zu ihr umdrehte, um sie dem jungen Mann vorzustellen.
Er runzelte die Stirn, schien sich jedoch wieder zu fangen und fuhr fort: „Miss Seton hat das Grundstück betreten, weil sie eine entlaufene Ziege einfangen wollte, und deswegen muß sie bis zum Ende der Quarantänezeit hier gefangengehalten werden … Larry ist unser Koch”, fügte er an sie gewandt hinzu.
„Heute abend gibt es Eintopf”, informierte Larry sie grinsend. „Draußen gibt es einen tollen Kräutergarten, und …”
„Und ich hoffe, du hast keine Kräuter daraus gepflückt”, warnte Silas ihn, bevor er sich erneut an sie wandte. „Wir führen einige landwirtschaftliche Versuche durch, und bei einem davon testen wir unter anderem neue Düngemittel. Daher ist es verboten, irgend etwas, was auf
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