Rueckkehr nach Abbeydale
sie aufgebracht. „Ich bin Kate Seton … Der Bauernhof meines Vaters grenzt an dieses Grundstück. Ich habe mit den Saboteuren nichts zu tun.” Da er zu stutzen schien, fügte sie hinzu: „Sie müssen nur auf dem Hof anrufen und mit meiner Mutter sprechen. Sie wird meine Angaben bestätigen. Ich bin bloß hergekommen, um nach Annabel zu suchen.”
„Annabel?” wiederholte er mißtrauisch.
„Die Ziege”, erklärte sie und seufzte.
Als der Schäferhund, der neben ihnen herlief, wieder jaulte, streichelte sie ihn spontan.
„Lassen Sie das!” befahl der Mann, doch dann beobachtete er erstaunt, wie der Hund darauf reagierte.
Kate hatte zwar einen gesunden Respekt vor Hunden, aber keine Angst vor ihnen. Sie hatte sofort erkannt, daß es sich bei diesem um ein hochintelligentes und gut abgerichtetes Tier handelte.
„Verdammt!” fluchte der Mann. „Ich wußte, daß er dafür zu gutmütig ist.”
„Und warum benutzen Sie ihn dann als Wachhund?” erkundigte sie sich amüsiert.
„Es war nicht meine Entscheidung. Der Forschungsleiter hat ihm das Leben gerettet, als er noch ein Welpe war. Es ist sein Hund.” Als er den Ausdruck in ihren Augen sah, fuhr er fort: „Wir bekommen noch richtige Wachhunde, aber so etwas dauert eben. Die Ausgaben müssen erst bewilligt werden, und außerdem hatten wir nicht mit diesem ganzen Ärger gerechnet. Man sollte meinen, die Leute wären uns dankbar für das, was wir tun.”
„Vielleicht wären sie es, wenn sie wüßten, worum es sich handelt”, bemerkte sie spitz.
Allmählich fühlte sie sich wieder etwas selbstsicherer. Sicher, man hatte sie in einer peinlichen Situation ertappt, und ihr Vater würde darüber nicht allzu erfreut sein. Doch sobald der Leiter der Forschungsstation mit ihrer Mutter gesprochen hatte, würde er sich bei ihr entschuldigen und sie wieder gehen lassen. Bestimmt wollte er sich nicht den Zorn der Dorfbewohner zuziehen, indem er die Tochter eines angesehenen Bauern aus der Nachbarschaft praktisch kidnappte.
Nun kam das Hauptgebäude in Sicht. Soweit Kate erkennen konnte, hatte sich hier kaum etwas verändert. Man hatte lediglich das Unkraut aus der kiesbestreuten Einfahrt entfernt.
Als sie zusammen mit ihrem Begleiter durch den Haupteingang das Gebäude betrat, stellte sie fest, daß es leicht nach Antiseptika roch. Unwillkürlich fragte sie sich, wieviel von diesem Zeug gekauft wurde und woher es kam. Dann wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, denn ihr Begleiter führte sie in einen Raum, der wie ein Büro aussah.
An einem Datensichtgerät saß ein junger Mann und runzelte die Stirn. Als er Kate sah, wirkte er überrascht. „Entschuldigung, aber …”
„Ich habe sie auf dem Grundstück erwischt”, informierte ihn ihr Begleiter. „Sie behauptet, daß sie auf der Suche nach der Ziege ihrer Mutter war. Ich dachte, der Boß sollte sie sehen, besonders in Anbetracht der Umstände …”
Obwohl der Mann ziemlich finster wirkte, amüsierte sie der vielsagende Blick, den er seinem Kollegen zuwarf. Schon früher war ihr Sinn für Humor ihr bereits oft zum Verhängnis geworden, so auch jetzt, als sie, ohne zu überlegen, erklärte:
„Es besteht kein Grund, so geheimnisvoll zu tun. Ich weiß alles über die Tollwutforschung.”
„Ach, tatsächlich?”
Als sie die männliche Stimme hinter ihr hörte, erstarrte sie – nicht vor Schreck, weil jemand den Raum betreten hatte, sondern weil ihr die Stimme bekannt vorkam.
Die Zeit schien plötzlich stillzustehen, so daß Kate das ganze Ausmaß dessen, was passiert war, noch mehr bewußt wurde – was es bedeutete, diese Stimme zu hören, und wie das Schicksal die Teile des Puzzles zusammengefügt hatte, aus denen ihr Leben bestand.
Kate war nicht in der Lage, sich umzudrehen. Sie spürte, wie er sich bewegte und wie sie körperlich darauf reagierte. Er stand direkt hinter ihr, und unwillkürlich senkte sie den Kopf, damit er sie nicht erkannte.
„Wer ist diese Frau, Tom?”
„Ich habe sie in der Nähe des Lochs im Zaun erwischt. Sie hat behauptet, daß sie auf der Suche nach der Ziege ihrer Mutter ist. Angeblich ist sie John Setons Tochter.”
„Na, dann wollen wir mal sehen, oder?”
Als sie seinen drohenden Unterton hörte, wußte sie, was sie erwartete. Stolz hob sie den Kopf und drehte sich zu ihm um.
Der Moment des Wiedererkennens war schmerzlich und spannungsgeladen zugleich. Sie bemerkte, wie ihr Gegenüber sich verspannte. „Hallo, Silas”, sagte sie leise.
Die Worte
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