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Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser
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wen machst du dich so schick?«
    »Für niemanden, so glaub mir doch. Es geht nur um die Spitze.«
    »Klar.«
    Draußen in der Hecke stritten Finken lauthals ums Futter, und Riordan rief vom Feld herüber, wo die Kinder Verstecken spielten. Er begann zu zählen: eins, zwei, drei, vier …
    »Cillian, bitte.«
    »Was das hier mit Taschentüchern zu tun hat, würde ich gern erfahren.« Sie wusste nicht, wie oft er die Hand schon gegen sie erhoben hatte. Was hinter verschlossenen Türen geschieht, bleibt hinter verschlossenen Türen , sagte er immer, und sie pflichtete ihm bei, weil das Privatsache war. Hinterher würde er sie in den Arm nehmen, sich entschuldigen. Das war nur sein Jähzorn, der sich besonders dann meldete, wenn er getrunken hatte. Er war nun mal ein leidenschaftlicher Mensch, daran ließ sich nichts ändern.
    »Ich wollte dich überraschen«, versuchte sie, sich herauszuwinden, »die Sachen für dich tragen.«

    »Und das soll ich dir glauben.« Sein Gesicht blieb ausdruckslos, doch hinter der Maske brodelte es. Er ballte die Rechte zur Faust, in der Linken hielt er die Spitze.
    »Wir haben abwechselnd …« Wenn es ihr nur gelänge, alles zu erklären …
    »Nutten seid ihr, alle miteinander«, knurrte er, immer wütender werdend.
    »Nein. Hör doch bitte zu …«
    Aber das tat er nicht. Er ließ sich nur schwer vom Gegenteil überzeugen, wenn er einmal zu einem Schluss gelangt war. »Für wie dämlich hältst du mich eigentlich?« Ohne auf ihre Antwort zu warten, schleuderte er die Spitzenwäsche quer durch den Raum und stürzte sich auf Moira. Er konnte Kaninchen mit bloßen Händen fangen, da war sie eine leichte Beute für ihn. Er drückte ihre Arme zusammen, so dass das Fleisch zwischen seinen Fingern hervorquoll wie Teig. Sie bewegten sich lautlos. Moira durfte sich nicht wehren; das hatte sie einmal mit schlimmen Folgen versucht. Jetzt ging es darum, die folgenden Minuten halbwegs heil zu überstehen. Sie konzentrierte sich aufs Atmen – ein, aus, ein aus – und hoffte, dass es bald vorüber wäre, doch es dauerte länger als üblich. Als er sie am Fenster vorbeischleifte, sah sie die Kinder draußen, hörte ihr Lachen, ihre Freude. Dann knallte sie schließlich gegen die Wand und sank zu Boden.
    »Steh auf.« Sein Schatten ragte über ihr auf. »Steh auf.«
    Sie konnte sich nicht rühren; ihre Glieder hingen schlaff herunter wie die von Sineads Puppe.
    Er blieb vor ihr stehen, die Schultern gestrafft, die Hände bereit, leicht auf den Fußballen auf und ab wippend, bis ihm zu dämmern begann, was er angerichtet hatte. Da drehte er
sich weg, schlug mit der Faust so heftig gegen den Türrahmen, dass das Holz splitterte, und verließ das Haus. Als sie den Motor des Wagens hörte, fragte sie sich, wohin er wollte, ob er zurückkäme.
    Irgendjemand würde sie schon finden neben der zusammengeballten Spitze auf dem Boden und dem verbrannten Essen auf dem Herd.
     
    Ihre Schwester. Ihre kleine Schwester.
    Aileen konnte es sich vorstellen, das verschwollene Gesicht, die aufgeplatzten Lippen, den gebrochenen Arm und Schlimmeres.
    Sie hatte gewusst, dass es eines Tages so weit kommen würde.
    Hundert kleine Verletzungen über die Jahre, und jetzt das.
    Sorcha hatte sie angerufen, zuerst, ohne etwas zu sagen. Dann: Mam rührt sich nicht. Sie macht die Augen nicht auf.
    Was ist los?
    Da ist schuld, Tante Ailey. Ich hab’s durchs Fenster gesehen. Ich hätte ihr helfen sollen …
    Ist er noch da?
    Ich glaub nicht. Ich hab Angst. Sie bewegt sich nicht. Ist sie tot?
    Nein, nein. Das konnte nicht sein. Ich komme sofort. Er darf dir nichts tun …
    Fast hätte sie einen Unfall gebaut, so schnell fuhr sie mit Tränen in den Augen, die sie fast blind machten, die Straße entlang, denn jede Minute zählte. Sie drückte das Gaspedal ganz durch, raste auf zwei Rädern um eine Kurve und schlingerte
dahinter eine Weile, bis der Wagen sich wieder ausrichtete. Schlamm aus Pfützen spritzte an die Windschutzscheibe. Sie schlug gegen das Lenkrad, bis ihr die Hände weh taten, und brüllte: Du Dreckskerl. Wenn sie stirbt, bring ich dich um, das schwör ich dir.
    Szenen aus der Vergangenheit tauchten vor ihrem geistigen Auge auf: die Sonnenflecken auf der Straße, auf der Aileen sie jeden Tag zur Schule gebracht hatte, für den Wettbewerb laut gälische Ausdrücke mit ihr übend: fionn, dubh, dearg, corcair, gorm, glas ; die Butterblümchen, die Moira als kleines Mädchen gegessen hatte, weil sie glaubte, sie würden

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