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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Statue umkippen und zerbrechen, wenn er ihn anstieß. »Stehen Sie bequem, Kommandant.«
    »Zu Befehl, Admiral!« Rema Quai-Lor lockerte seine Haltung unter Mühen. Er war keine dreißig Jahre alt, blutjung für einen Draxyll. Seine glatte Haut war steingrau, mit schwarzen Sprenkeln über dem Horn, die sich bis zu seinen Nasenöffnungen auf dem ungewöhnlich spitzen Schnabel hinzogen. Die winzigen, schwarz glänzenden Augen blinzelten vor unterdrückter Aufregung. Quai-Lor war der einzige Draxyll, den Telios kannte, der zur Hektik neigte.
    »Zeigen Sie mir den Notruf.«
    »Zu Befehl, Admiral!« Quai-Lor bewegte sich zur Hauptkonsole. »Ich habe getan, was ich konnte, aber ich fürchte, ein Großteil der Nachricht ist immer noch unverständlich. Es gibt zu viele Störsignale und –!«
    »Der Notruf, Kommandant«, wiederholte Telios, um Geduld bemüht.
    Quai-Lor schluckte. »Sofort, Admiral!« Er aktivierte einen Geisterkubus. Ein völlig verrauschtes Bild formte sich im Inneren des Kristalls: der Schemen von etwas, das ein Skria oder ein sehr breit gebauter Mensch sein konnte. Die Stimme war zerhackt und fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt: »... alle!... Xanata!... brauchen Hilfe!... jeden der... Nachricht empfängt...! «
    »Wir starten sofort Richtung Xanata! Höchstgeschwindigkeit!«
    »Zu Befehl!«, meldete Leutnant Tsuna von der Steuerkonsole aus.
    Die Schiffsantriebe sogen sich mit Energie voll. Die Dragulia änderte blitzartig den Kurs nach Nordwesten und schoss brüllend in den graublauen Abendhimmel der Nördlichen Hemisphäre.
    Xanata war eine kleine Stadt, mit der Dragulia nur einen Katzensprung entfernt. Telios kannte die Stadt durch die örtliche Werftanlage, die hauptsächlich von Ordensschiffen zur Reparatur angeflogen wurde. Während seiner Dienstzeit auf der Veltreska , unter dem Kommando von (damals noch) Kapitän Kaleen, war er zweimal dort gewesen, wobei er jedoch die meiste Zeit auf dem Schiff verbracht hatte, denn es gab wenige Niederlassungen, die langweiliger waren als Xanata.
    Sind es wieder Piraten? Gut möglich, dass sie nach der Sache in Tian-Dshi übermütig geworden waren. Er konnte es ihnen nicht mal verdenken. Wenn alles zusammenbrach, breitete sich das Ungeziefer aus.
    Aber irgendwas sagte ihm, dass er sich gewaltig irrte.
    In Zeiten wie diesen vermisste er seine frühere Erste Offizierin Shiaar. Abgesehen von ihrer Zugehörigkeit zum Kult war sie der beste Erste Offizier gewesen, den er sich vorstellen konnte.
    Ihr Nachfolger, Quai-Lor, war zwar intelligent und tüchtig, allerdings fehlte ihm Kampferfahrung. Doch als die Schatten damals die Dragulia überrannt hatten, war er einer derjenigen gewesen, die loyal zum Admiral gehalten hatten. Telios hoffte, dass ihn dies vor weiteren Sonnenaugen in seinem Rücken schützte.
    Ihm blieb nicht viel Zeit, sich mit den Gedanken an die Zukunft zu martern: Die Dragulia hatte kaum drei Viertel ihres Weges zurückgelegt, als ihm klar wurde, dass sie ihr Ziel niemals erreichen würden.
    Denn die Stadt Xanata gab es nicht mehr.
    Als sie nahe genug waren, es mit eigenen Augen zu sehen, verwandelte der Anblick Telios’ Eingeweide in Eis.
    »Barmherzige Prophetin!«, flüsterte Quai-Lor neben ihm. Dem Rest der Brückenbesatzung stand der gleiche Schrecken ins Gesicht geschrieben.
    Wie die Faust eines zornigen Gottes ragte eine pilzförmige Wolke zwanzig Kilometer und mehr in den Himmel auf. Ein schwarzer Ascheregen vernebelte die Atmosphäre und legte sich auf die Felder ringsum wie verdorbener Schnee. Wo Häuser und Straßen sein sollten, klaffte nun ein riesiger Krater. Flammen züngelten darin und ein kaum wahrnehmbares, bläuliches Glühen überzog die geschwärzte Erde; an ihrem Rand verteilten sich Ruinen. So weit das Auge reichte, waren alle Bäume niedergedrückt und entwurzelt – in der Ferne brannte das Wrack eines Drachenschiffs. Weitere Schiffe näherten sich aus allen Himmelsrichtungen; der Admiral sah ihre winzigen Lichtspuren im Dunkeln leuchten.
    »Gibt es Überlebende?«, fragte Telios mit trockener Kehle. »Irgendwelche Lebenszeichen?«
    Niemand antwortete ihm. Jeder auf der Brücke schien von dem Ausblick paralysiert. »Gibt es Überlebende?«, wiederholte Telios scharf.
    Quai-Lor erwachte aus seiner Starre. »Verzeihung, Admiral, ich –!« Er brach ab und aktivierte die Scheinwerfer der Dragulia : Die acht grellen Lichtlanzen drangen kaum durch die Aschewolken. Dann und wann beleuchteten sie Gebäudereste und verformte,

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