Rückkehr nach Kenlyn

Hohen Völker sind nicht länger gewillt, Syl Ra Vans Willkür hinzunehmen.«
    »Das würde die Dinge vereinfachen.«
    »Würde es. Aber wahrscheinlich werden wir die Wahrheit nie erfahren, da –
    Ein dunkler Gongschlag hallte durch den Saal und ließ Galet und jeden anderen augenblicklich verstummen. Alle nahmen sie Haltung an und beobachteten, wie der Kristallthron mit dem Gebieter darauf aus dem Schacht im Boden erschien, begleitet von einem maschinellen Summen, das erstarb, als Thron und Kaiser ihren gewohnten Platz eingenommen hatten.
    Die Rüstung des Schattenkaisers glänzte frisch poliert; er saß bewegungslos wie eine Statue auf dem funkelnden Stuhl, die behandschuhten Hände auf den Armlehnen. Ein Großteil seines Körpers wurde von dem nachtblauen Umhang verhüllt.
    »Wir grüßen Sie, Gebieter«, sagte Galet. Wie alle anderen war er längst auf die Knie gefallen.
    Der Kaiser stand auf. » Erhebt euch «, tönte seine verzerrte Stimme, die Galets Knochen vibrieren ließ.
    Die Mächtigen des Kults folgten dem Befehl und hörten stumm und ehrfürchtig, was ihr Gebieter zu verkünden hatte.
    » Es gibt keinen Grund für lange Reden . Jeder von euch weiß um den Zwischenfall in Xanata. Wenn zukünftige Generationen zurückblicken, werden sie sagen, dass heute der Tag war, an dem Syl Ra Vans Ende begann. Die Neue Ordnung zieht herauf. « Der Schattenkaiser ballte eine Hand zur Faust; Galet hörte das schwarze Leder knarzen. Sein Herz sang Hymnen vor Glück.
    » Der Gouverneur hat während der letzten Monate oft genug seine Verachtung für die Hohen Völker gezeigt. Nun kommt die Zeit, in der jeder auf Kenlyn dies erkennen wird. Syl Ra Van und seine Friedenswächter werden ihren eigenen Untergang herbeirufen. Es wird nicht mehr lange dauern und das Volk wird alle Diener der Sha Yang verfluchen – und wenn wir uns offenbaren, wird man unsere Rückkehr bejubeln. Wir werden ihnen zeigen, dass die Wahrheit nicht ewig unter Lügen begraben werden kann! «
    Endlich. Dies waren die Worte, nach denen Galet sich so lange gesehnt hatte. Es fiel ihm schwer, seinen Atem ruhig zu halten.
    » Und auch dem Saphirstern sind wir einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Die Korona befindet sich genau dort, wo wir sie haben wollen. «
    Galet nickte stumm. Er hatte den Verlauf der Operation Korona persönlich überwacht. Zwar hatten sie den Peilsender vor kurzem verloren, dennoch kannten sie den Kurs des Schiffs sehr genau: das Dorf Obrana, das sie in einigen Stunden erreichen würden.
    » Bevor ich euch nun weitere Befehle erteile, gibt es noch eine letzte Sache zu tun. « Der Kaiser deutete auf seinen Helm. » Ich habe diese Maske zum Schutz getragen, als der Kult noch schwach und angreifbar war. Diese Zeit ist vorüber. Jeder von euch hat im Laufe der Jahre bewiesen, dass er allein für die Ideale des Kults lebt. Nun ist es Zeit, dass ich diese Loyalität belohne. Von heute an werdet ihr mir in die Augen sehen können! «
    Ob Minister, Krieger oder Gelehrte – sie alle hielten den Atem an, als der Gebieter seine gepanzerten Hände an den schwarzen Helm legte und ihn mit einem Ruck drehte. Ein leises Zischen ertönte. Und der Schattenkaiser zeigte sein Gesicht.
    Von Ehrfurcht überwältigt, sank Galet auf die Knie, unfähig, erhobenen Hauptes stehen zu bleiben. Seine Stirn berührte kühlen Marmor und er wünschte sich, diesen Moment ewig festhalten zu können. Das Gefühl, das ihn erfüllte, war wie Liebe, nur tausend Mal stärker.
    »Ich bitte euch, meine Freunde, steht auf«, sagte das Wesen in der Rüstung. »Und dann hört mir genau zu – es gibt viel zu tun!«

17. Die Hand des Kaisers
    »Es gibt nur einen Weg, dich selbst zu erkennen: durch das Feuer.«
    – Admiral Inari Dragulia
    Endriel erwachte, als sie fremde Schritte hörte.
    Sie befand sich immer noch in Xeahs Quartier. Die Heilerin schlief tief und fest neben ihr. Hinter den Rollos war es dunkler geworden.
    Sie lauschte. Da waren unverkennbar Schritte, die sich vom hintergründigen Brummen der Antriebe abhoben; Schritte auf den Metallstufen der Wendeltreppe, leise, schleichend. Erst auf dem Mitteldeck, praktisch direkt vor ihrer Tür – dann wanderten sie tiefer. Nach Monaten auf dem Schiff hatte Endriel Übung darin, die Mitglieder ihrer Mannschaft anhand ihrer Geräusche zu erkennen: die eiligen, fast stolpernden Bewegungen von Miko; Xeahs langsames Schlurfen und Kerus Samtschritte, die trotz seiner Masse kaum zu hören waren. Und Nelen ließ von sich