Rueckkehr nach River's End
trotzdem haben wir weitergeforscht. Wir haben Manning verhört, Lydia, die Haushälterin, den Agenten, die Familie. Besonders die Melbournes, weil sie beide für Julie arbeiteten. Mit Jamie Melbourne haben wir uns sogar sehr ausgiebig befasst , immerhin erbte sie durch den Tod ihrer Schwester eine beachtliche Summe. Wir sichteten Julies Fanpost, sortierten die Verrückten aus und nahmen sie unter die Lupe, für den Fall, daß es einem wahnsinnigen Fan gelungen war, an sie heranzukommen. An der Tatsache, daß Tanner dort war, gab es nichts zu rütteln. Seine Fingerabdrücke waren auf der Mordwaffe. Er hatte ein Motiv, die Gelegenheit und die Mittel. Und seine eigene Tochter hat ihn dort gesehen.«
Frank verlagerte sein Gewicht. »Während der ersten Tage hatte ich meine Probleme mit dem Fall. Er war nicht so wasserdicht, wie ich es mir gewünscht hätte.«
»Was willst du damit sagen, er war nicht wasserdicht?«
»Die Art, wie Tanner sich verhielt, wie er zwei unterschiedliche Zusammentreffen mit Julie durcheinanderwarf oder es zumindest vorgab... zunächst ergab das für mich keinen Sinn. Dann verlangte er einen Anwalt und hüllte sich in Schweigen. Da erkannte ich, daß er mit mir gespielt hatte. Paß auf, daß er mit dir nicht das Gleiche macht, Noah.«
»Keine Sorge.« Noah schob die Hände in die Taschen, ging ein wenig auf und ab. »Hör zu. Vor ein paar Tagen hat er mir zwei Versionen jener Nacht geschildert. Die erste deckt sich fast perfekt mit den Ergebnissen deiner Ermittlungen. Wenn er sie schildert, geht er ganz in seiner Rolle auf, als ob er eine
Mordszene in einem brutalen Film nachspielt. Dann aber erzählte er mir auch die andere Version, in der er sie tot vorfindet. Seine Hände zittern und er wird b l ass . Seine Stimme schwankt.«
»Welche Version nimmst du ihm ab?«
»Beide wirken glaubwürdig.«
Frank nickte. »Und die, aus der er unschuldig hervorgeht, hat er dir zuletzt erzählt, damit sich der Eindruck nachhaltig einprägt.«
Noah pfiff durch die Zähne. »Ja, daran hatte ich auch schon gedacht.«
»Vielleicht wünscht er sich immer noch, daß die zweite stimmt. Eins habe ich ihm geglaubt, Noah, und das ist die Tatsache, daß er sich hinterher gewünscht hat, jene Nacht nie erlebt zu haben. Und einen Punkt darfst du nie außer acht lassen«, fügte Frank hinzu. »Er ist Schauspieler und weiß genau, wie man sich verkauft.«
»Das vergesse ich nicht«, murmelte Noah. Aber er machte sich seine Gedanken.
Noah be schloss , bei seiner Mutter vorbeizuschauen. Am nächsten Tag wollte er nach Washington abreisen. Dieses Mal würde er fliegen und dort einen Wagen mieten. Er wollte keine Zeit mit der langen Fahrt vergeuden. Celia saß auf der kleinen Seitenveranda, sah ihre Post durch und trank aus einem großen Glas Kräutertee. Sie hielt Noah ihre Wange zum Kuß hin, dann wedelte sie mit einem Brief. »Hast du das gesehen? Sie wollen die Finanzierung für das Reservat der Elefantenseehunde kürzen.«
»Das muss mir entgangen sein.«
»Es ist eine Schande! Der Kongress genehmigt sich selbst eine Erhöhung der Bezüge, gibt Millionen von Steuergeldern für Studien über Studien aus, und dann lehnen die Herren sich zurück und lassen eine weitere Spezies auf unserem Planeten aussterben.«
»Gib's ihnen, Mom.«
Sie schnaufte, legte das Schreiben beiseite und öffnete den nächsten Umschlag. »Dein Vater ist im Jugendzentrum.«
»Ich weiß, da komme ich gerade her. Ich wollte dich noch besuchen, bevor ich morgen nach Washington fliege.«
»Das freut mich. Warum bleibst du nicht zum Essen? Ich habe ein neues Rezept für Artischockenböden, das ich unbedingt ausprobieren will.«
»Hey, das klingt... verlockend, nur leider muss ich noch packen.«
»Lügner«, sagte sie lachend. »Wie lange bleibst du fort?«
»Kommt darauf an.«
»Gibt es Schwierigkeiten mit dem Buch?«
»Ein paar, nichts Dramatisches.«
»Was ist es dann?«
»Ich habe mich da in etwas verrannt.« Er probierte ihren Tee und jaulte auf. Sie weigerte sich, auch nur einen Krümel Zucker zu verwenden. »In bezug auf Olivia MacBride.«
»Tatsächlich?« Celia zog das Wort in die Länge und grinste zufrieden. »Ist das nicht nett?«
»Ich wüsste nicht, was daran nett sein soll, oder warum es dich so freut. Du hast sie nicht mehr gesehen, seit sie ein Kind war.«
»Ich habe ihre Briefe an deinen Vater gelesen. Sie scheint mir eine kluge, vernünftige junge Frau zu sein, weit entfernt von deinem üblichen Umgang,
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