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Rueckkehr nach River's End

Rueckkehr nach River's End

Titel: Rueckkehr nach River's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Seine eiskalte Wut hatte sich in Feuer verwandelt.
    »Wenn Sie den alten Mann suchen, der ist weg.«
    Noah drehte sich um, und sah die Frau an, offenbar eine Prostituierte.
    »Wohin?«
    »Hey, ich kümmere mich nicht um die Nachbarn, Schatz. Bist du ein Cop?«
    »Nein, wir machen nur zusammen Geschäfte, mehr nicht.«
    »Du siehst aus wie ein Cop«, stellte sie nach einer sachkundigen Inspektion fest. »Bewährungshelfer?«
    »Warum glauben Sie, daß er einen braucht?«
    »Scheiße, meinst du, ich kann keinen Knacki erkennen? Er muss lange in der Kiste gewesen sein. Was hat er angestellt, jemanden umgebracht?«
    »Ich will nur mit ihm reden.«
    »Nun, hier ist er jedenfalls nicht.« Sie ging weiter und hinterließ eine unangenehme Wolke von billigem Parfüm und schalem Sex. »Hat gestern sein Köfferchen gepackt und ist ausgezogen.«
    Lange nachdem das Zentrum geschlossen hatte, arbeitete Olivia noch in ihrem Büro. Im Frühling und Sommer sammelte sich der Papierkram immer an. Lieber hätte sie eine Gruppenführung auf dem Lehrpfad übernommen, einen Vortrag gehalten oder ein paar Tage lang eine Wanderung durch das Hinterland begleitet.
    Sie ertappte sich dabei, daß sie wieder auf das Telefon starrte, und fluchte leise. Es war erniedrigend, geradezu unerträglich, festzustellen, daß einer der Gründe für ihre Überstunden die Hoffnung war, daß Noah anrufen würde.
    Was er seit zwei Tagen nicht getan hatte. Nicht, daß er dazu verpflichtet war, sich bei ihr zu melden. Außerdem hätte sie ihn jederzeit erreichen können, falls ihr der Sinn danach stand. Was sie natürlich nicht tun würde.
    Sie benahm sich wie eine verliebte Schülerin. Zumindest vermutete sie, daß es so war, denn als Schülerin war sie nie verliebt gewesen. Offenbar hatte sie mit sechzehn mehr Verstand gehabt als jetzt.
    Warum um alles in der Welt analysierte sie eigentlich andauernd ihre Gefühle, wenn es doch anderes zu tun gab? Auch ohne Noah Brady hatte sie genug Sorgen.
    Sie warf einen Blick auf ihren kleinen Büroschrank, in dem sie die Spieluhr versteckt hatte. Warum hatte er das Paket geschickt? War es ein Friedensangebot oder eine Drohung? An ersterem war sie nicht interessiert, von der zweiten ließ sie sich nicht einschüchtern.
    Aber sie hatte die Uhr nicht wegwerfen können.
    Als das Telefon klingelte, schreckte sie auf. Es muss Noah sein, dachte sie. Wer sonst würde so spät noch anrufen? Sie hielt sich zurück, bevor sie zu eilig nach dem Hörer griff, und ließ es absichtlich dreimal klingeln, während sie tief durchatmete.
    Als sie schließlich abnahm, klang ihre Stimme kühl und distanziert. »MacBride, Naturkundezentrum.«
    Sie hörte die leise Musik im Hintergrund und stellte sich vor, daß Noah einen verführerischen Anruf geplant hatte. Sie wollte lachen, öffnete schon den Mund, um einen beißenden Kommentar abzugeben - und musste feststellen, daß sie kein Wort über die Lippen brachte, denn sie hatte die Melodie erkannt: Tschaikowskis >Dornröschen<.
    Die erhabenen, fließenden, herzzerreißenden Töne, die sie in eine Sommernacht zurückversetzten und an den metallischen Geruch von Blut erinnerten.
    Ihre Hand umklammerte den Hörer, während ihr lauter Pulsschlag ihren Kopf erfüllte. »Was willst du?« Sie rieb mit einer Hand zwischen ihren Brüsten auf und ab, um den aufsteigenden Druck zurückzudrängen. »Ich weiß, wer du bist. Ich weiß, was du bist.«
    Das Monster war frei.
    »Ich habe keine Angst vor dir.«
    Das war eine glatte Lüge. Angst trieb in heißen, klebrigen Wellen durch ihren Magen, kroch über ihre Haut. Am liebsten hätte sie sich unter ihren Schreibtisch versteckt und zu einem Ball zusammengerollt.
    » Lass mich in Ruhe.« Furcht klang aus ihrer Stimme. »Bleib weg.«
    Olivia knallte den Hörer auf. Panik schnürte ihr die Kehle zu, und sie rannte los.
    Als ihr der Türgriff aus der Hand glitt, wimmerte sie frustriert auf. Endlich gelang es ihr, fest genug zuzufassen. Der Flur lag dunkel und ruhig vor ihr. Fast wäre sie verängstigt in ihr Büro zurückgekehrt, aber das Telefon klingelte dort schon wieder. Ihre eigenen Schreie erschreckten sie, ihr Atem zerrte an ihrer Lunge, schluchzte durch die Stille. Sie musste hinaus. Weglaufen. Sich in Sicherheit bringen.
    Als sie erneut nach der Klinke griff, spürte sie eine Bewegung. Die Tür ging auf, der Schatten eines Mannes erschien.
    Vor Olivias Augen verschwamm alles um sie herum zu einem grauen Nebel. Undeutlich wurde ihr bewusst , daß jemand

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