Rueckkehr nach River's End
nicht, daß ich weitersprechen kann, wenn du mich berührst.«
»Du zitterst. Komm mit rein, dann reden wir weiter.«
»Hier draußen fühle ich mich wohler. Draußen geht es mir immer besser.« Sie atmete tief ein. »Meinen ersten Geliebten hatte ich zwei Wochen, nachdem du mich im College besuchen kamst. Ich liebte dich. Ich habe mich schon in dich verliebt, als du dich damals am Flussufer neben mich gesetzt hast, an dem Biberbau, und mir zuhörtest.«
Dann brachte sie den Mut auf, sich zu ihm umzudrehen, ihn anzusehen. »Ich war erst zwölf, aber ich habe mich in dich verliebt. Als ich dich wiedersah, war es so, als ob alles in mir nur auf dich gewartet hätte. Nachdem du wieder fort warst, habe ich alles wieder weggeschlossen. Du hattest recht mit dem, was du über das Ein- und Ausschalten meiner Gefühle gesagt hast. Genau das konnte ich, und ich habe es getan. Ich ging mit einem anderen Mann ins Bett, nur um zu beweisen, daß ich dazu fähig war. Das war eine kalte, kalkulierte Handlung.«
»Ich hatte dich verletzt.«
»Ja. Und ich habe mich absichtlich immer wieder daran erinnert. Ich wollte sicher sein, daß ich jederzeit auf diese Erinnerung zurückgreifen konnte, damit man mir das Gleiche nicht noch einmal antun konnte. Selbst nach der langen Zeit wollte ich nicht glauben, daß du meine Gefühle verstehst, meine Einstellung zu dem, was meiner Mutter passiert ist, mir, meiner Familie. Aber ich glaube, ein Teil von mir wusste schon immer, daß du der einzige bist, der das wirklich begreifen kann. Du schreibst dieses Buch nicht nur für dich.«
»Nein, da hast du recht.«
»Ich weiß nicht ob - ich bin mir nicht sicher...« Sie brach ab und schüttelte frustriert den Kopf. »Ich wollte dich wegschicken. Ich wollte dich wütend machen, weil mir niemand so viel bedeutet wie du. Das macht mir angst.«
»Ich werde dir nicht noch einmal wehtun, Liv.«
»Noah, darum geht es nicht.« Ihre Augen glänzten in der Dunkelheit. »Diesmal ist es anders herum. Was in mir ist, was in meiner Seele verborgen ist und jederzeit durchbrechen könnte...«
»Hör auf.« Der Befehl traf sie wie ein Schlag. »Du bist genauso wenig dein Vater, wie ich meiner bin.«
»Aber du kennst deinen Vater wenigstens, Noah.« Dennoch streckte sie zum ersten Mal die Hand aus, um ihn zu berühren, legte sie an seine Wange. »Alles, was ich für dich empfinde... es füllt mich innerlich aus. All jene Bereiche in mir, von denen ich noch nicht einmal wusste , daß sie existieren, sind nun mit dir gefüllt.«
»Jesus, Liv.« Seine Stimme klang rauh. »Hast du denn nicht gemerkt, daß ich genauso empfinde?«
»Doch, das habe ich. Mit dir zusammen war ich glücklicher, als ich es je für möglich gehalten hätte. Trotzdem fürchte ich mich vor den Dingen, die du dir wünschst. Den Dingen, die du zu Recht von mir erwartest. Ich weiß nicht, ob ich sie dir geben kann, oder wie lange ich dazu brauchen werde. Aber ich weiß, daß ich dich liebe.«
Sie erinnerte sich an seine Worte und wiederholte sie. »Ich bin total in dich verliebt. Reicht dir das für den Augenblick?«
Er nahm ihre Hand, die immer noch an seiner Wange lag, und drückte seine Lippen wie ein Versprechen in ihre Handfläche. »Genau das reicht mir für den Augenblick.«
Später träumte er, daß er durch den Wald lief, spürte die Kühle, die den Angstschweiß auf seiner Haut durchdrang, hörte, wie sein Herz laut in seiner Brust pochte. Denn er konnte sie nicht finden, und ihr Schrei traf ihn wie ein Schwert.
Er schreckte auf, sah das blasse Silber der ersten Dämmerung und hörte den letzten Ruf einer Eule, der in der Luft verklang. Olivia schmiegte sich warm an ihn.
Der Regen hatte noch nicht eingesetzt. Aber vor Einbruch der Dunkelheit würden die ersten Tropfen fallen. Olivia konnte es riechen, als sie ihre Gruppe durch den Wald führte. Sie hatte fünfzehn Köpfe gezählt und war unendlich erleichtert gewesen, als sie Celia unter den anderen entdeckt hatte.
Dank der Tatsache, daß sie dabei war, hatte Olivia Noah sogar dazu überreden können, ein wenig in der Ruhe seines Zimmers zu arbeiten.
Sie erklärte den Kreislauf von Überleben, Nachfolge und Nebeneinander im Regenwald. Das Geben und Nehmen, das Entstehen neuen Lebens durch den Tod.
Die erhabenen, riesigen Bäume zogen die Aufmerksamkeit immer zuerst an. Wie immer ließ Olivia ihren Gästen Zeit, sich die Hälse zu verrenken, leise erstaunte Kommentare auszutauschen, Fotos zu machen, während sie Bedeutung
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