Rueckkehr nach River's End
schloss Val.
»Ja.« Jamie gab ihrer Mutter ein Glas und lehnte sich mit der Hüfte gegen den Schreibtisch. »Viele Menschen haben am Tor zu Julies Haus Blumen niedergelegt. Ich muss dafür sorgen, daß sie abgeholt und an die Krankenhäuser verteilt werden. Lucas Manning, der Gute, hilft mir dabei. Inzwischen kommen die ersten Briefe an, und obwohl Julies Agent Lou die Beantwortung übernehmen will, glaube ich doch, daß wir in ein oder zwei Wochen darin ersticken werden.«
»Jamie...«
»Wir haben bereits einen Berg von Beileidsbekundungen von Leuten aus der Branche erhalten. Leute, die sie kannte oder mit denen sie gearbeitet hatte. Und die Anrufe...«
»Jamie«, wiederholte Val mit Nachdruck. »Wir müssen uns darüber unterhalten, was als nächstes passiert.«
»Was mich betrifft, passiert all das als nächstes.«
»Setz dich.« Als das Telefon klingelte, schüttelte Val den Kopf. » Lass gut sein, Jamie, und setz dich hin.«
»In Ordnung.« Jamie gab nach, nahm Platz und legte den Kopf zurück.
»Es wird eine Verhandlung geben«, begann Val. Jamie richtete sich wieder auf.
»Es hat keinen Sinn, jetzt schon darüber nachzudenken.«
»Wir müssen darüber nachdenken. Sams neuer Anwalt hat sich im Fernsehen bereits wirkungsvoll in Szene gesetzt. Manche Leute sind ganz wild darauf, zu behaupten, daß Sam es nicht gewesen sein kann. Er ist ein Held, ein Opfer, eine'tra- gische Figur. Diese Stimmen werden zunehmen, bevor alles vorbei ist.«
»Du solltest nicht darauf hören.«
»Nein, und das werde ich jetzt auch nie mehr tun.« Vals Stimme wurde scharf. »Und ich habe auch nicht vor, das Risiko einzugehen, daß Livvy etwas davon mitbekommt oder daß sie benutzt wird, so wie neulich, als sie aus dem Haus lief. Ich will sie mit nach Hause nehmen, Jamie. Ich will so schnell wie möglich mit ihr nach Washington.«
»Nach Hause?« Einen Augenblick lang setzte Jamies Verstand aus. »Aber das hier ist ihr Zuhause.«
»Ich weiß, daß du sie liebst.« Val setzte ihr Glas ab, um die Hand ihrer Tochter zu ergreifen. »Hör mir zu, Jamie. Die Kleine kann auf gar keinen Fall hierbleiben, eingesperrt in diesem Haus wie eine Gefangene. Hier kann sie nicht einmal zum Spielen vor die Tür gehen. Wir dürfen sie noch nicht einmal ans Fenster lassen, aus Angst, daß ein Fotograf sie entdecken könnte. Das ist kein Leben für sie.«
»Das geht vorbei.«
»Aber wann? Vielleicht lässt es irgendwann ein wenig nach, aber bald kommt der Prozeß. Sie wird im Herbst nicht in die Vorschule gehen können oder ohne Leibwächter mit ihren Freunden spielen. Ständig werden irgendwelche Leute sie anstarren, auf sie zeigen, tuscheln. Und manche werden sich nicht einmal die Mühe machen zu flüstern. Dem will ich sie nicht aussetzten. Und ich glaube nicht, daß du das willst.«
»O Gott, Mom.« Hin und her gerissen stand Jamie auf. »Ich möchte sie großziehen. David und ich haben bereits darüber gesprochen.«
»Wie kannst du das, Liebling? Mit den vielen Erinnerungen, dem Rummel, den Risiken? Sie muss davor geschützt werden, und zwar ohne dabei eingesperrt zu werden, so schön dein Haus auch sein mag. Seid ihr beiden, David und du, dazu bereit, euer Heim aufzugeben, eure Arbeit, euer Leben, um sie fortbringen und euch um sie kümmern zu können? Dein Vater und ich können ihr ein sicheres Zuhause bieten, wir können sie vor den Medienleuten verstecken.« Val atmete durch. »Und ich habe vor, umgehend einen Anwalt zu konsultieren und ein Sorgerechtsverfahren einzuleiten. Ich werde nicht dulden, daß dieser Mann jemals wieder in ihre
Nähe kommt. So ist es am besten für sie, Jamie. Julie hätte es so gewollt.«
Und was ist mit mir? wollte Jamie schreien. Was ist mit meinen Bedürfnissen, meinen Wünschen? »Hast du mit Dad darüber gesprochen?« Ihre Stimme klang matt und sie hatte ihr Gesicht abgewendet.
»Wir haben heute morgen darüber gesprochen. Er ist meiner Meinung. Jamie, so ist es am besten. Du und David könnt uns besuchen und soviel Zeit mit ihr verbringen, wie ihr wollt. Sie wird auch zu euch gehören, aber nicht hier an diesem Ort, Jamie. Nicht hier.«
Frank stand überrascht von seinem Schreibtisch auf, als er Jamie Melbourne erblickte. Während sie das Büro durchquerte, setzte sie ihre dunkle Brille ab und schob sie dann ruhelos von einer Hand in die andere.
» Detektive Brady, wenn Sie einen Augenblick Zeit für mich haben, würde ich gern mit Ihnen sprechen.«
»Natürlich, lassen Sie uns in die
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