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Rueckkehr nach River's End

Rueckkehr nach River's End

Titel: Rueckkehr nach River's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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einer wilden, honigfarbenen Haarmähne herangewachsen. Ihre Augen leuchteten unter den dunklen, scharf gezeichneten Brauen in beinahe derselben Farbe. Ihren großen Traum, als Prinzessin in einem Schloss zu leben, hatte sie in letzter Zeit zugunsten anderer Ambitionen aufgegeben, die von Forscherin über Tierärztin bis hin zu Försterin, ihrem derzeitigen Berufswunsch, reichten.
    Der Wald mit seinen grünen Schatten und den feucht duftenden Aromen war ihre Welt, die sie selten verließ. Meistens war sie allein im Wald unterwegs, aber sie fühlte sich dort nie einsam. Ihr Großvater hatte ihr beigebracht, Spuren zu lesen und sich mit einer Kamera an ein Reh oder einen Elch heranzupirschen. Still sitzen zu bleiben, wenn die Minuten zu Stunden wurden, während man die majestätische Wanderung eines Hirsches beobachtete oder eine anmutige Ricke mit ihrem Kitz.
    Sie hatte gelernt, Bäume, Blumen, Moos und Pilze zu bestimmen, obwohl sie sich beim Zeichnen dieser Motive nicht so geschickt anstellte, wie ihre Großmutter es sich gewünscht hätte.
    Mit ihr verbrachte Olivia stille Tage beim Angeln, und so hatte sie gelernt, was es heißt, sich in Geduld zu üben. Nach und nach hatte sie Pflichten übernommen, im Gästehaus und auf dem Campingplatz, den die MacBrides bereits seit zwei Generationen in Olympic betrieben. So hatte sie gelernt, Verantwortung zu tragen.
    Ihre Großeltern erlaubten ihr, durch die Wälder zu streifen, durch Bäche zu waten, auf die Hügel zu klettern. Aber niemals und unter gar keinen Umständen durfte sie den Wald allein verlassen.
    Und so hatte sie gelernt, daß auch die Freiheit Grenzen kennt.
    Los Angeles hatte sie vor acht Jahren hinter sich gelassen und war nie mehr zurückgekehrt. Ihre Erinnerungen an das Haus in Beverly Hills bestanden nur noch aus vagen, gelegentlich aufflackernden Bildern - hohe Räume und poliertes Holz, hübsche Farben und ein von Blumen umsäumter Pool mit klarem, blauem Wasser.
    Während ihrer ersten Monate in dem großen Haus im Wald hatte sie oft gefragt, wann sie wieder nach Hause zurückkehren würden, ob ihre Mutter sie abholen käme, wo ihr Vater sei. Doch sobald sie diese Fragen stellte, presste ihre Großmutter die Lippen zusammen, und ihre Augen wurden glänzend und dunkel.
    So hatte Olivia gelernt zu warten.
    Und dann hatte sie gelernt zu vergessen.
    Sie schoß in die Höhe, und sie wurde zäh. Das zerbrechliche kleine Mädchen, das sich in Schränken versteckt hatte, gehörte der Vergangenheit an, verflüchtigte sich schließlich in ihre Träume.
    Nachdem sie ihre täglichen Pflichten auf dem Campingplatz erledigt hatte, schlenderte Olivia den Pfad in Richtung Haus entlang. Der Rest des Nachmittags gehörte ihr, war für sie genauso eine Belohnung wie das Gehalt, das ihre Großmutter zweimal im Monat auf ihr Sparkonto einzahlte. Sie konnte angeln gehen oder zur Hochebene wandern, um dort am See zu träumen, aber sie fühlte sich zu rastlos für derart bedächtige Aktivitäten. Zwar wäre sie auch gern schwimmen gegangen, obwohl es früh in der Saison war, aber zu den unumstößlichen Regeln ihrer Großmutter gehörte es, daß sie niemals allein schwimmen durfte.
    Allerdings verstieß Olivia hin und wieder gegen diese Vorschrift und achtete dann peinlich genau darauf, daß ihr Haar wieder völlig trocken war, bevor sie nach Hause kam.
    Großmama macht sich Sorgen, dachte sie nun. Zu viel, zu oft und über fast alles. Sobald Olivia auch nur nieste, rannte sie, wenn Großpapa sie nicht rechtzeitig davon abhalten konnte, gleich zum Telefon, um den Arzt anzurufen. Wenn Olivia sich auch nur zehn Minuten verspätete, stand ihre Großmutter schon auf der Veranda und rief ihren Namen.
    Einmal hätte sie fast den Rettungsdienst eingeschaltet, als Olivia auf dem Campingplatz mit anderen Kindern gespielt und vergessen hatte, vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu kommen.
    Olivia verdrehte die Augen, wenn sie daran dachte. Sie würde sich niemals im Wald verirren. Er war ihr Zuhause, und sie kannte jeden Winkel und jeden Pfad so genau wie die Zimmer im Haus. Sie wusste , daß Großpapa der gleichen Meinung war, denn sie hatte die beiden mehr als einmal über diesen Punkt streiten hören. Danach nahm sich Großmama ein paar Tage lang zusammen, aber dann ging alles wieder von vorn los.
    Olivia bewegte sich durch das weiche grüne Licht und die sanften Schatten des Waldes und trat auf die Lichtung, auf der das Haus der MacBrides stand.
    Der Muskovit in den alten Steinen

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