Rueckkehr nach River's End
glitzerte im warmen Sonnenlicht. Wenn es regnete, zeigten sich die versteckten Farben des Steins in Braun-, Rot- und Grüntönen. Die Fenster glänzten, stets bereit, das Sonnenlicht oder die beruhigende Dämmerung hereinzulassen. Das Haus erstreckte sich über drei Ebenen, die in unterschiedlichen Winkeln aufeinander- gesetzt und durch Veranden miteinander verbunden waren.
Blumen, Farne und wilder Rhododendron wuchsen an den Grundmauern hoch und in den Beeten des kunterbunten Gartens, den ihr Großvater pflegte und hätschelte wie ein geliebtes Kind.
Riesige Stiefmütterchen mit purpurnen und weißen Gesichtern ergossen sich aus Tongefäßen, und ein Beet mit vorwitzigen, rosafarbenen Fleißigen Lieschen wagte sich bis an die untere Veranda heran.
Olivia hatte viele glückliche Stunden mit ihrem Großvater und seinen Blumen verbracht, beide Hände in der Erde und den Kopf in den Wolken.
Sie hüpfte den gepflasterten Weg hinunter, mal mit großen, mal mit winzigen Sprüngen, um nur nicht auf die Zwischenräume zwischen den Steinen zu treten. Sobald sie das Haus betrat, wusste sie, daß niemand da war. Aus alter Gewohnheit rief sie trotzdem, während sie durch das Wohnzimmer mit den großen, abgewetzten Sofas und den gelben Wänden spazierte.
Sie schnupperte und konstatierte erfreut den Duft frischer Plätzchen. Doch als sie in der Küche feststellen musste , daß es sich um Haferkekse handelte, schnaubte sie leise.
»Warum können es keine Schokoplätzchen sein?« murmelte sie und griff bereits nach dem großen Glas. »Ich könnte jetzt eine Million Schokoplätzchen vertilgen.«
Schließlich fand sie sich mit den Haferkeksen ab und, während sie den Zettel auf dem Kühlschrank überflog, schob sie sich gierig einen nach dem anderen in den Mund.
Livvy, ich bin in der Stadt auf dem Markt. Tante Jamie und Onkel David kommen zu Besuch, sie treffen heute abend ein.
»Super!« Olivia stieß einen Begeisterungsschrei aus und versprühte dabei Krümel. »Geschenke!«
Zur Feier des Tages grapschte sie nach einem weiteren Keks und flüsterte leise »Mist!«, als sie den Rest der Nachricht studiert hatte.
Bleib bitte im Haus, damit du mir mit dem Essen helfen kannst, wenn ich zurückkomme. Du kannst Dein Zimmer aufräumen - falls du es noch findest. Und hör auf, sämtliche Plätzchen zu verputzen. Alles Liebe, Großmama.
Mit großem Bedauern schraubte Olivia den Deckel zu.
Nun musste sie daheim bleiben. Es konnte noch Stunden dauern, bis Großmama endlich zurückkam. Was sollte sie die ganze Zeit über mit sich anfangen? Sie fühlte sich ausgenutzt und stapfte die Treppe hinauf. Ihr Zimmer machte doch gar keinen üblen Eindruck! Warum war es so wichtig, daß sie alles sorgfältig einräumte, wenn sie es doch später sowieso wieder heraussuchen musste ?
Alles, was zu ihren diversen Interessen und Hobbys gehörte, hatte sie über den ganzen Raum verteilt. Ihre Steinsammlung, ihre Zeichnungen von Wildtieren und Pflanzen, unter denen sie sorgfältig die wissenschaftlichen Namen notiert hatte. Der Chemiekasten, den sie sich letztes Jahr so sehnsüchtig zu Weihnachten gewünscht hatte, stand nun vergessen auf einem Regal. Nur das Mikroskop thronte mitten auf ihrem Schreibtisch.
Dann war da noch der Schuhkarton mit dem, was sie als ihre >Proben< bezeichnete - Zweige, tote Käfer, Farnschnipsel, Haare, Tabakkrümel und Rindenstückchen.
Die Kleidungstücke vom Tag zuvor lagen noch immer an der Stelle auf dem Boden, wo sie sie achtlos ausgezogen hatte. Auf ihrem Bett türmte sich ein Berg von Decken und Laken - genau so, wie sie ihn zurückgelassen hatte, als sie in der Morgendämmerung aufgestanden war.
Für Olivia sah alles völlig richtig aus. Dennoch marschierte sie vorsichtshalber zum Bett, zog die Laken glatt und schüttelte die Kissen auf. Ein Paar Schuhe beförderte sie mit einem gezielten Tritt unter das Bett und schleuderte ihre Klamotten in die ungefähre Richtung des Wäschekorbs, beziehungsweise ihres Schranks. Sie blies Staub und Radiergummikrümel von der Schreibtischplatte, sortierte Bleistiftstummel in einen Glaskrug, schob Papierblätter in eine Schublade und fand, daß sie ihre Aufgabe mit Bravour gemeistert hatte.
Dann erwog sie kurz, sich auf dem Fenstersitz zusammenzurollen und eine Weile vor sich hin zu schmollen. Die Bäume bewegten sich, die Spitzen der riesigen Douglas- und Hemlocktannen ächzten und schwankten in der Brise. Im Westen entdeckte sie am Himmel erste Anzeichen eines aufkommenden
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