Rueckkehr nach River's End
die von den große Sitka-Fichten herunterfielen, auf das komplizierte Gewirr von Weinefeu, das direkt neben dem Pfad wucherte.
Sie gingen an modrigen, mit Moos und Trieben bewachsenen Stämmen vorbei, streiften federige Farne und entdeckten dank Olivias scharfem Auge einen Adler, der es sich hoch über ihren Köpfen auf einem Ast bequem gemacht hatte.
»Kaum jemand benutzt diesen Pfad«, bemerkte Olivia, »weil der erste Teil auf Privatbesitz liegt. Aber der öffentliche Weg beginnt dort hinten, und dann werden wir auf andere Menschen treffen.«
»Triffst du nicht gern andere Menschen, Li vv y?«
»Nicht unbedingt im Wald.« Sie lächelte verlegen. »Ich bilde mir gern ein, daß er mir gehört und daß niemand daran etwas ändern kann. Hör mal.« Sie hob eine Hand und schloss die Augen.
Neugierig tat Jamie es ihr nach. Sie vernahm ein schwaches, melodiöses Klimpern, konnte in der Entfernung vage den Sound von Country & Western-Klängen ausmachen.
»Die Menschen nehmen die Magie weg«, erklärte Olivia ernst und begann dann, den Pfad nach oben zu erklimmen.
Unterwegs hörte Jamie weitere Geräusche. Eine Stimme, Kinderlachen. Als die Bäume spärlicher wurden, drang mehr
Sonnenlicht ein und verdrängte die sanfte, grüne Dämmerung.
Die Seen erstreckten sich in der Ferne, glitzerten in der Sonne, Boote schipperten darauf. Und die großen Berge reckten sich in den Himmel.
Inzwischen war ihr warm geworden. Jamie setzte sich hin, zog ihr weites Hemd aus und ließ die Sonne auf ihre Arme scheinen. »Es gibt verschiedene Arten von Magie.« Sie lächelte, während Olivia sich von ihrem Rucksack befreite. »Man muss nicht unbedingt allein sein, um sie zu genießen.«
»Vermutlich nicht.« Vorsichtig packte Olivia Sandwiches und Thermosflasche aus, ließ sich im Schneidersitz nieder und bot Jamie ihr Fernglas an. »Vielleicht kannst du Onkel David und Großmama entdecken.«
»Vermutlich ist Onkel David längst über Bord gesprungen und nach Hause geschwommen.« Lachend hob sie das Fernglas. »Oh, dort drüben sehe ich Schwäne. Es ist wunderschön, wie sie über das Wasser gleiten. Ich wünschte, ich hätte meine Kamera dabei. Wie konnte ich sie nur vergessen!«
Jamie ließ das Glas sinken und nahm sich eins der Sandwiches, die Olivia sorgfältig in gleichmäßige Hälften geschnitten hatte. »Hier oben ist es immer wieder herrlich. Gleichgültig, zu welcher Jahres- oder Tageszeit man herkommt.«
Sie senkte den Blick und stellte fest, daß Olivia sie ruhig beobachtete. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie den abschätzenden Blick des Mädchens bemerkte. »Was ist los?«
»Ich muss dich um einen Gefallen bitten. Du wirst ihn mir nur ungern tun, aber ich habe lange darüber nachgedacht, und es ist mir sehr wichtig. Du muss t mir eine Adresse besorgen.« Olivia preßte die Lippen zusammen, dann stieß sie den Atem aus. »Die Adresse des Polizisten, der mich in jener Nacht zu eurem Haus gebracht hat. Sein Name ist Frank. Ich erinnere mich an ihn, wenn auch nicht sehr deutlich. Ich möchte ihm schreiben.«
»Livvy, warum willst du das tun? Er kann dir nichts sagen, was ich dir nicht auch sagen könnte. Es ist nicht gut für dich, daß du dir darüber so viele Gedanken machst.«
»Es muss doch besser sein, die Wahrheit zu kennen, als sich immer wieder dieselben Fragen zu stellen! Er war damals sehr nett zu mir. Selbst wenn ich ihm nur schreibe, daß ich mich daran erinnere, wie freundlich er zu mir war, würde ich mich schon besser fühlen. Und... er war in jener Nacht dort, Tante Jamie. Du warst bei dir zu Hause. Bis er kam und mich fand, war ich ganz allein. Ich möchte mit ihm sprechen.«
Olivia wandte ihren Kopf und starrte zur Seenplatte hinüber. »Ich werde ihm sagen, daß meine Großeltern nichts von dem Brief wissen. Ich werde ihn nicht anlügen. Aber ich muss es versuchen. Ich kann mich nur noch daran erinnern, daß sein Name Frank war.«
Jamie schloss die Augen, spürte, wie ihr Herz schwer wurde. »Brady. Sein Name ist Frank Brady.«
Siebtes Kapitel
Frank Brady wendete den b l ass blauen Umschlag in seiner Hand. Sein Name und die Adresse seines Reviers standen dort, genau wie der Absender oben links in der Ecke, in einer sauberen, präzisen, unverkennbar kindlichen Handschrift.
Olivia MacBride.
Die kleine Livvy Tanner, dachte er, ein Geist aus seiner Vergangenheit.
Acht Jahre war es nun her. Und doch hatte er nie völlig abgeschlossen mit jener Nacht, den betroffenen Menschen, dem
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