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Rueckkehr nach River's End

Rueckkehr nach River's End

Titel: Rueckkehr nach River's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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werden.
    »Okay. Als Ihre Führerin und Vertreterin des Gästehauses und Campingplatzes von River's End biete ich Ihnen heute mittag ein Picknick an und erläutere unterwegs die Flora und Fauna. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.«
    »Du bist ein Naturtalent. Wenn du soweit bist, können wir loslegen.«
    »Cool. Der Pfad beginnt hier, auf dem Grundstück der ersten MacBride-Heimstätte. John und Nancy MacBride zogen im Jahr 1853 von Kansas aus gen Westen und ließen sich am Rande des Quinault-Regenwalds nieder.«
    »Ich dachte, Regenwälder gibt es nur in den Tropen«, warf Jamie ein und klapperte naiv mit den Augenlidern, während sie auf die Bäume zuging.
    »Im Quinault-Tal wächst einer der wenigen Regenwälder der Welt in einer gemäßigten Klimazone. Dieses Gebiet zeichnet sich durch milde Temperaturen und starke Niederschläge aus.«
    »Die Bäume sind so hoch! Was sind das für Bäume?«
    »Diese Baumschicht besteht aus Sitkafichten, man erkennt sie an ihrer schuppigen Rinde. Und außerdem aus Douglastannen. Sie wachsen sehr hoch und gerade. Wenn sie alt werden, verfärbt sich die Rinde dunkelbraun und weist diese tiefen Risse auf. Dann haben wir da noch Hemlocktannen, die normalerweise nicht zum Kronenschluß gehören und Dun- kelkeimer sind, folglich sind sie der Strauchschicht zuzuordnen. Sie wachsen weniger schnell als die Douglastanne. Sehen Sie die Zapfen auf dem Waldboden?« Olivia hob einen auf. »Das hier ist ein Doug-Zapfen, man erkennt ihn an den drei Ecken. Tiefer im Wald werden wir noch viel mehr davon finden, aber man sieht keine jungen Bäume, weil sie zu den Lichtkeimern gehören. Die Tiere mögen sie, und Bären essen ihre Rinde.«
    »Bären! Huch!«
    »Also wirklich, Tante Jamie.«
    »Hey, vergiß nicht, ich bin nur eine dumme Großstädterin,
    okay?«
    »Okay. Vor den Bären brauchen Sie sich nicht zu fürchten, solange Sie ein paar einfache Sicherheitsregeln beachten«, plauderte Olivia weiter. »In diesem Gebiet gibt es Schwarzbären. Das größte Problem liegt darin, das diese Spezies Lebensmittel stiehlt, sämtliche Essensreste müssen also sorgfältig .verstaut werden. Unter gar keinen Umständen dürfen Sie Lebensmittel oder ungespültes Geschirr unbeaufsichtigt an Ihrem Lagerplatz zurücklassen.«
    »Aber Sie haben Lebensmittel in Ihrem Rucksack. Was passiert, wenn die Bären Witterung aufnehmen und uns verfolgen?«
    »Ich habe sie doppelt in Plastik eingewickelt, deshalb werden sie keine Witterung aufnehmen. Sollte sich trotzdem ein Bär nähern, schlagen Sie am besten möglichst viel Krach. Bewahren Sie ansonsten die Ruhe und lassen Sie dem Bären genügend Freiraum zum Rückzug.«
    Sie traten aus der Lichtung in den Wald. Sofort schimmerte das Licht weich und grün, nur vereinzelt fielen ein paar helle Strahlen durch das Blätterdach. Der Waldboden war mit Zapfen, dichtem Moos und Farnkraut übersät.
    Obwohl eine Drossel zwitschernd vorbeiflatterte, bewegte sich kein Lüftchen.
    »Es sieht geradezu prähistorisch aus.«
    »Das ist es vermutlich auch. Für mich ist es der allerschönste Ort auf der Welt.«
    Jamie legte eine Hand auf Olivias Schulter. »Ich weiß.« Und ein sicherer Ort, dachte Jamie. »Erzähl mir, was ich im Vorübergehen sehe, Livvy, Lass es für mich lebendig werden.«
    Sie marschierten mit leichten Schritten, wobei Olivia sich bemühte, den Rhythmus und Tonfall der Wanderführer zu imitieren.
    Das Licht war so sanft, daß sie es fast auf ihrer Haut spüren konnte, und von den vielen Düften, die in der Luft schwebten, wurde ihr fast schwindlig. Pinien, Feuchtigkeit und sterbende
    Baumstämme, die neuen Bäumen als Lebensquell dienten. Der trügerisch zarte Anblick des Mooses, das sich überall ausbreitete und an den Bäumen hochkletterte. Die Geräusche - das Knirschen ihrer Stiefel auf Nadeln und Zapfen, die Bewegungen der kleineren Waldtiere, die auf ihrer Suche nach Nahrung hierhin und dorthin huschten, der Ruf der Vögel, das plötzliche, überraschende Gurgeln des Wassers in einem kleinen Bach. All das zusammen vermischte sich für sie zu einer eigenen, ganz besonderen Art der Stille.
    Dieser Wald war ihre Kathedrale, wunderbarer und heiliger als alle Bilder, die sie von den Prunkbauten in Rom oder Paris gesehen hatte. Dieser Boden lebte und starb jeden Tag aufs neue.
    Olivia deutete auf eine Gruppe Pilze, die wie gelbe und weiße Farbtupfer am Wegesrand wirkten, auf die Flechten an den großen Baumstämmen, die hauchfeinen Samen,

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