Rückkehr nach St. Elwine
sich um.
Josh rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Das stundenlange Sitzen ließ ihn keine halbwegs bequeme Stellung mehr finden. Er spürte, wie sein Freund ihn von der Seite musterte.
„ Danke“, flüsterte Marc leise.
Josh blinzelte ihn an.
Marc öffnete seine Hand, schloss sie aber sogleich wieder verlegen.
Josh griff danach.
„ Ich danke dir... für alles“, wiederholte Marc. Sie schwiegen eine Weile. Dann fragte er: „Was wird Lizzy sagen?“
„ Lizzy?“ Mit einem Mal begriff Joshua. Er hatte den Abschlussball total vergessen. Oh Gott. „Ich werde es ihr erklären. Sie wird es verstehen“, behauptete er mit einer Überzeugung, die er nicht besaß.
„ Ich hätte es verstanden. Wenn du mir nur eine Chance gegeben hättest“, sagte Elizabeth jetzt und strich über sein Haar.
„ Du hast die Briefe also nie bekommen?“
„ Nein“, bestätigte Liz.
„ Rachel kannte deine Adresse nicht und ein paar Tage später, bin ich abgereist. Meine Eltern haben mir zum Schulabschluss eine Reise geschenkt“, erklärte Josh.
„ Wie nett“, erwiderte sie daraufhin, im gleichen schnippischen Tonfall wie früher. „Marcs Mutter, hat sie es überstanden?“, erkundigte sie sich weiter.
Josh nickte. „Körperlich schon, sie hat überlebt, ja.“
„ Das war hart für Marc“, gab sie zu.
„ Ja.“ Er schwieg eine Weile. „Ich hätte so gern mit dir darüber gesprochen. Du konntest mit solchen Situationen umgehen. Ich habe mich noch nie zuvor so hilflos gefühlt.
„ Das glaube ich dir.“
„ Am frühen Morgen hat mich Marcs Vater nach Hause gefahren. Ich war total übermüdet und bin sofort in einen komatösen Schlaf gefallen. Erst am Abend kam ich wieder zu mir. Ich habe immer wieder versucht, dich telefonisch zu erreichen. Es war zwecklos, dann bin ich los gefahren. Nun den Rest kennst du ja bereits“, beendete Josh seinen Bericht.
Liz beobachtete sein Gesicht. „Wie kommst du darauf, dass du nicht mutig bist?“, fragte sie leise.
Irritiert starrte er sie an.
„ Du hast da sehr bewundernswert gehandelt, Josh. Ich glaube kaum, dass ich es gekonnt hätte“, gab Elizabeth zu.
Er stieß ein Schnauben aus.
Belustigt über seine Reaktion, lenkte sie ein: „Okay, einigen wir uns darauf, dass ich es nicht besser gekonnt hätte.“
„ Das lass ich mir noch gefallen“, brabbelte er leise und brachte sie damit zum Lachen.
„ Ich hab da mal ein Zitat von Mark Twain gelesen. Ich weiß nicht mehr, wo das war. Aber es hat mich damals sehr beeindruckt“, erklärte Liz. „Mut ist kein Mangel an Angst oder die Abwesenheit von Angst. Es ist die Beherrschung von Angst, die Kontrolle von Angst. Insofern würde ich sagen, bist du sehr mutig, Joshua Tanner.“
Er sah sie mit einem gewissen Zweifel im Gesicht an. „Heißt das, dass du mir jetzt doch vertraust?“, fragte er vorsichtig.
„ Ich glaube schon, ja“, antwortete sie ehrlich.
„ Aber? Es gibt doch noch ein aber, wie ich dich kenne“, hakte er nach.
„ Nicht unbedingt. Wenn ich mich allerdings recht erinnere, wolltest du mir vorhin noch etwas anderes erklären,“ gab sie zur Antwort.
„ Bist du müde?“, fragte er leise.
„ Nein, ich habe vorhin wunderbar geschlafen.“
„ Gut, dann klären wir das also. Wenn wir heute schon mal dabei sind, reinen Tisch zu machen mit der Vergangenheit. Dann wird sich ja zeigen, ob du mich noch für mutig hältst.“ Jetzt klang seine Stimme wieder sehr bitter.
31. Kapitel
Schließlich begann Josh zögernd zu reden.
„ Als wir beide damals St. Elwine verließen und zur Universität gingen, hab ich Gloria kennen gelernt."
„ Josh, du musst mir das nicht erzählen. Ich weiß, dass jeder von uns eine Vergangenheit hat. Bonny Sue hat mir gegenüber bereits erwähnt, dass du einen kleinen Jungen hattest. Mir wird ganz übel, wenn ich daran denke, was ihm zugestoßen ist. Und dir natürlich auch. Aber so etwas muss sich nicht wiederholen. Du brauchst keine Angst davor zu haben, dass unserem Kind das gleiche Schicksal widerfährt."
Sie legte in einer zärtlichen Geste eine Hand auf ihren Bauch.
Josh stieß jedoch ein bitteres, kaltes Lachen hervor, das sie abermals frösteln ließ.
„ Wenn es nur das wäre."
Seine Worte machten ihr Angst, wusste er das denn nicht?
Doch vor seinem geistigen Auge stiegen jetzt mit aller Macht die Bilder dieses Tages auf, an dem er Gloria zum ersten Mal begegnet war. Er spürte, dass er nicht mehr im Stande war, es zu verhindern. Josh sah
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