Rückkehr nach St. Elwine
nicht richtig, Marcs Vater zu benachrichtigen? Ihm war klar, wie Marc zu dem Mann stand, aber dies hier war doch wohl eine außergewöhnliche Situation. Da zählten ganz andere Dinge. Neben dem Telefon fand er ein Verzeichnis und suchte nach der Nummer von George Cumberland. Josh versuchte es einfach und hatte auf Anhieb Glück.
„ Mr. Cumberland, hier ist Joshua Tanner. Ihre Frau... ähm, ich meine, Marcs Mutter hat versucht... sie ist im Krankenhaus. Sie hat Tabletten geschluckt und sich die Pulsadern...“
„ Wo ist Marc?“, rief der Mann am anderen Ende. „Er hat sie gefunden und...“
„ Oh Gott!“
Josh nickte, obwohl er wusste, dass George Cumberland ihn nicht sehen konnte. Er zwang sich weiter zu reden. „Marc steht unter Schock. Sie haben ihn mitgenommen, die Sanitäter, meine ich.“ Er brach frustriert ab. Was gab es auch noch groß zu sagen. Noch immer hielten seine Finger den Hörer fest umklammert.
Er wollte bereits auflegen, als der Mann weiter sprach. „Hör zu Josh, es ist gut, dass du mich angerufen hast! Ich bin über das Wochenende verreist. Ich breche jetzt sofort auf. Es wird eine Weile dauern, bis ich in St. Elwine sein kann.“
Josh nickte bereits wieder. Erst als George Cumberland fragte: „Hast du mich verstanden?“, wurde ihm das bewusst.
„ Ja“, antwortete er hastig.
Er schloss sorgfältig die Tür ab und stieg in seinen Wagen. Dann fuhr er rasch das kurze Stück zum Krankenhaus. Josh sah sich in der Notaufnahme suchend um.
Eine Schwester wurde auf ihn aufmerksam. „Was ist passiert?“
Irritiert starrte er sie an und registrierte erst jetzt ihren Blick. Er folgte ihm und sah an sich herunter. Sein Anzug und sein Hemd, das nun nachlässig aus der Hose gerutscht war, waren mit Blutspritzern übersät.
„ Oh, nein, nein“, beeilte er sich zu erklären. „Ich bin nicht verletzt. Ich suche meinen Freund. Marc Cumberland und dessen Mutter. Sie hat ... ist sie?“
„ Kommen Sie, junger Mann!“ Die Schwester drückte ihn in einen der Stühle.
Er schwankte besorgniserregend und wirkte sehr blass. Sicherlich würden seine Knie gleich nachgeben.
„ Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte sie freundlich.
„ Kaffee?“ Er schüttelte den Kopf. „Was ist mit ihnen?“ Er sah sie mit großen verängstigten Augen an.
„ Die Ärzte kümmern sich um die Frau. Der Sohn ist in dem kleinen Behandlungszimmer dort drüben. Ich schaue mal nach, ob Sie zu ihm können. Warten Sie hier, bitte!“
Sie führte Josh hin.
„ Da bist du ja“, rief Marc erleichtert aus.
Er war furchtbar blass, beinahe grau im Gesicht. Um seine Schultern hing eine Decke.
„ Natürlich. Ich hab`s doch versprochen.“ Josh versuchte, sich zusammen zu reißen. Es half seinem Freund wenig, wenn er hier schlapp machte.
Ein Arzt betrat den Raum. Er war groß und kräftig und wirkte wie ein Bär. „Hallo, ich bin Dr. Jefferson.“ Er reichte Marc eine riesige Hand. „Sie sind also der Sohn. Wie geht es Ihnen?“
„ Was ist mit meiner Mutter? Ist sie...“ Marcs Stimme kippte.
Josh erhob sich vorsichtig und wollte die beiden allein lassen.
„ Nein, bitte...“ Marc richtete sich kerzengerade auf. „Bitte, bleib!“
Gehorsam ließ sich Josh wieder auf den Stuhl sinken.
„ Es steht nicht gut um Ihre Mutter“, sagte der Arzt behutsam. „Wir spülen ihr den Magen aus. Die Wunden an ihren Handgelenken müssen genäht werden. Ihr Kreislauf ist sehr instabil. Sie wird überwacht. Ich kann noch nicht sagen, wie sich alles auf ihre Nieren oder die Leber auswirkt. Wir können nur abwarten.“
Marcs Schultern sackten nach vorn. Tränen strömten über sein Gesicht. Der Arzt fühlte seinen Puls und horchte sein Herz ab. Er sprach kurz mit der Schwester. Dann setzte er sich wieder neben Marc und nahm dessen Hand. „Es ist sehr schwer für Sie. Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht. Aber ich kann Ihnen keine Garantie geben.“
Marc nickte und sah auf seinen Schoß.
„ Es tut mir sehr leid. Haben Sie Angehörige, die wir benachrichtigen sollen?“, fragte der Arzt weiter.
Marc schüttelte den Kopf.
Josh wollte etwas einwenden, doch ein kurzer Seitenblick seines Freundes, ließ ihn inne halten.
Dr. Jefferson hatte die Reaktion sehr wohl bemerkt. Beließ es aber zunächst dabei. Der Junge durfte sich momentan nicht noch mehr aufregen. Der Schock saß ohnehin sehr tief. Ruhig erklärte er daher: „Ich werde Ihnen jetzt etwas zur Beruhigung verabreichen. Sie bleiben heute Nacht zur
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