Rückkehr nach Wedenbruck
rutschte er an der Wand hinunter in das dicke Strohpolster, das er vorhin aufgeschüttet hatte. Bille hockte sich zu ihm. Vorsichtshalber hatte sie zwei Pferdedecken mitgebracht, in die sie sich einwickeln konnten. Eigentlich hätten sie jetzt nach Hause fahren können, aber keiner rührte sich vom Fleck.
Bille kuschelte sich schläfrig an Simons Schulter. „Du, ich habe mir gerade was überlegt.“
„Was denn?“
„Ich gehe nicht nach England. Ich kann und will hier nicht weg. Die Menschen würden mir das vielleicht verzeihen - aber unsere Pferde? Sie würden es nicht verstehen. Ich kann sie nicht enttäuschen. Und der Gedanke, dass sie mich brauchen, so wie in dieser Nacht - und ich weit weg bin ... Nein, das kommt nicht in Frage.“
Simon sah sie mit großen Augen an. „Klingt überaus logisch. Ein weiser Entschluss .“ So nüchtern seine Worte sich anhörten, die Heftigkeit, mit der er sie umarmte, zeigte Bille, wie froh er über ihre Entscheidung war.
„Die Nacht der großen Ereignisse.“ Bille schmiegte sich enger an Simon. „Feodoras Rettung, mein Entschluss , nicht nach England zu gehen, und du kriegst ein Baby - nein, wir kriegen ein Baby! Der richtige Moment für weitere große Lebensentscheidungen, findest du nicht?“
„Hm ...“
„He! Das war dein Stichwort! Wolltest du mich nicht eigentlich was fragen?“, raunte Bille dicht an seinem Ohr.
„Stichwort? Dich was fragen? Was meinst du?“ Simon rieb sich verwirrt die Augen.
„Ja! Etwas sehr Wichtiges für uns beide!“
Jetzt verstand er. Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Oh nein, ich hab dich einmal gefragt, und du hast mir einen Korb gegeben. Ein zweites Mal soll mir das nicht passieren. Und schon gar nicht morgens um fünf, wenn ich am sensibelsten bin.“
„Oh Mann!“ Bille seufzte übertrieben und rollte die Augen zur Decke. „Muss man denn alles selber machen!“ Dann richtete sie sich auf und sah ihrem Freund eindringlich in die Augen. „Also gut. Simon Henrich, willst du mich heiraten? Mit allem Drum und Dran, den guten und den schlechten Tagen und bis der Tod uns scheidet und so weiter?“
Jetzt richtete auch Simon sich auf. „Sibylle Abromeit, ich will. Mit allem Drum und Dran und so weiter. Unter einer Bedingung!“
„Und die wäre?“
„Nie wieder Kamillentee mit trockenem Brot und Möhren!“
„Ich denke, das lässt sich einrichten.“
Simon nahm einen Strohhalm und knüpfte daraus zwei Ringe, einen davon schob er Bille über den Finger, den anderen ließ er sich von ihr anstecken. Dann küsste er sie feierlich.
„Was für eine Nacht! Einer von uns sollte jetzt vielleicht Huberts Schnaps holen“, meinte Bille gähnend und kuschelte sich wieder unter die Decke.
„Gute Idee. Einer von uns sollte das machen.“ Simon schmiegte sich an sie. „Einen Schnaps auf Feodoras Gesundheit, einen auf unser Baby und einen auf die Verlobung.“ Er hatte noch nicht ausgesprochen, da waren sie beide fest eingeschlafen.
Ausritt im Frühling
Bille und Simon mussten sich noch wochenlang von der Stallmannschaft necken lassen, die sie morgens im Tiefschlaf bei Pünktchen und ihrem Fohlen in der Box überrascht hatte. Sie hätten die Stute und das Fohlen wohl wärmen müssen in der kalten Nacht, hieß es. Oder sie hätten die Geburt so heftig gefeiert, dass sie es nicht mehr bis nach Hause geschafft hatten. Die leeren Becher ließen einiges vermuten, nur die Flaschen habe man leider nicht mehr finden können. Immer neue Versionen machten die Runde.
Den beiden war das egal, sie konnten herzlich mitlachen. Und zur Feier der Geburt von „Pamela“, so hatten sie das Stutfohlen genannt, veranstalteten sie einen festlichen Umtrunk in der Sattelkammer - mit dick belegten, knackig frischen Brötchen. Deren tiefere Bedeutung verrieten sie allerdings nicht.
Simon kehrte bald darauf nach Berlin zurück, doch er kam jedes Wochenende zu Besuch. Bille hatte mit ihrer Klasse und den ihr anvertrauten Turnierpferden ohnehin so viel zu tun, dass sie gar nicht dazu kam, ihn zu vermissen. Und abends führten sie lange Telefongespräche.
Langsam verabschiedete sich der Winter. Auf den Koppeln, an Sträuchern und Bäumen zeigte sich das erste Grün. Auf dem Hof wurde es wieder lebendig. Mehrere Fohlen waren geboren worden und durften mit ihren Müttern die ersten Sonnenstrahlen in den Paddocks genießen. Ein Großteil des Reitunterrichts konnte nun draußen abgehalten werden, und jeden Nachmittag herrschte auf allen Plätzen lebhafter
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