Rückkehr von den Sternen
Jahren vergehen.
Auch das war noch zu wenig. Die Antwort war nicht mehr aktuell, war schon tot; denn sie brachte Nachrichten über den Zustand der anderen, auÃergalaktischen Zivilisation aus einer Zeit, in der sie an das andere Sternenufer gelangt waren. Während ihres Rückfluges stand aber jene Welt nicht still, sondern ging um eine, um zwei, drei Millionen von Jahren weiter. Die Fragen und Antworten verfehlten sich daher im Zickzack, unterlagen einer Verspätung von Hunderten von Zeitaltern, die sie durchstrich, die jeglichen Austausch von Erfahrungen, Werten und Gedanken zu einer Fiktion machte. Zu einem Nichts. Die Raumfahrer waren also Vermittler und Zusteller toter Inhalte und ihr Werk ein Akt rücksichtsloser und unwiderruflicher Entfremdung aus der Geschichte der Menschheit. Die Weltallexpeditionen bildeten eine bisher unbekannte Art â die kostspieligste von allen möglichen Arten â von Fahnenflucht aus der Geschichte.
Und für einen solchen Wahnwitz, für einen solchen aussichtslosen, stets vergeblichen Irrsinn sollte die Erde mit der höchsten Anspannung aller Kräfte arbeiten und ihre besten Menschen hergeben?
Das Buch schloà mit einem Kapitel über die Expeditionsmöglichkeiten mit Hilfe der Roboter. Sie würden selbstverständlich auch nur tote Inhalte vermitteln, doch konnte man auf diese Art die Opfer an Menschen vermeiden.
Dann gab es noch einen Anhang von drei Seiten, den Versuch einer Antwort auf die Frage, ob es eine Möglichkeit der Reisen mit Ãberlichtgeschwindigkeiten gebe, gar vielleicht eine des sogenannten »momentanen Kosmos-Kontakts« â das heiÃt der Ãberschreitung des Weltallraums ohne oder fast ohne Zeitverlust, dank den noch unbekannten Eigenschaften der Materie und des Raums, durch irgendeinen »Fernkontakt«. Diese Theorie, vielmehr diese Hypothese, die sich auf fast gar keine Forschungsergebnisse stützte, hatte ihren Namen: Teletaxie. Starck meinte, im Besitz eines Argumentes zu sein, das auch diese letzte Chance zunichte machte. Würde sie nämlich bestehen â behauptete er â, so hätte sie zweifellos irgendeine der höchstentwickelten Zivilisationen unserer Galaxis â oder auch der anderen â entdeckt. Ihre Vertreter könnten dann in diesem Fall in einer recht kurzen Zeit sämtliche Planetensysteme und Sonnen â die unsere mitinbegriffen â »fernbesuchen«. Die Erde hat aber bisher einen solchen »Telebesuch« nicht erfahren, was den Beweis erbringt, daà jene blitzartige Art der kosmischen Reisen sich wohl denken, nie aber verwirklichen läÃt.
Ich kehrte heim, betäubt, mit einem fast kindlichen Gefühl persönlicher Kränkung. Starck, dieser Mensch, den ich nie gesehen hatte, verletzte mich wie kein anderer. Meine unzulängliche Zusammenfassung kann die rücksichtslose Logik seiner Ausführungen nicht wiedergeben. Ich weià nicht mehr, wie ich in mein Zimmer kam, wie ich mich umzog â plötzlich hatte ich Lust auf eine Zigarette und merkte, daà ich schon eine rauchte, auf meinem Bett zusammengekauert, als wartete ich auf etwas.
Ach, ja: das Mittagessen. Das gemeinsame Mittagessen. Es war so: Ich hatte ein biÃchen Angst vor den Menschen. Ich gab es nicht einmal vor mir selbst zu. Darum hatte ich so schnell zugestimmt, die Villa mit Fremden zu teilen. Vielleicht hatte die Tatsache, daà ich diese Fremden erwartete, meine unheimliche Eile hervorgerufen, als ob ich mit allem fertig werden, mich auf ihre Anwesenheit vorbereiten müÃte, durch Bücher in die Geheimnisse des neuen Lebens eingeführt.
Am Morgen dieses Tages hätte ich mir das vielleicht nicht so deutlich gesagt. Nach dem Buch von Starck verlieà mich aber plötzlich das Lampenfieber vor der Begegnung. Ich nahm aus dem Leseapparat das bläuliche, kornartige Kristall und legte es, voller Furcht und Staunen, auf den Tisch. Dieses kleine Ding hatte mich k.  o. geschlagen. Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr dachte ich an Thurber und an Gimma: Ich muÃte sie Wiedersehen. Vielleicht hat dieses Buch auch recht, aber irgendein anderes Recht steht hinter uns. Niemand kann völlig recht haben. Das kann nicht sein.
Ein singendes Signal rià mich aus meiner Betäubung. Ich zog meine Jacke gerade und ging hinunter, in mich selbst hineinhorchend, schon ruhiger. Die Sonne schien durch die Weinranken der Veranda, die Halle war, wie immer am
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