Rücksichtslos
umgebenden Mädels um mindestens einen halben Kopf. Die linke Hand in der Hosentasche lehnte er in seinem engen Shirt und der Jeans an der Theke und strahlte alle mit seinen ebenmäßigen Zähnen an. Sie wusste es noch, als wäre es gestern gewesen. Während sie an ihrer Cola nippte, beobachtete sie ihn, und plötzlich stand er vor ihr und bat sie auf die Tanzfläche. „Dein rotes Haar gefällt mir“, murmelte er. Eine Stunde später standen sie in einer schummrigen Ecke und knutschten miteinander herum. Kira fühlte sich wie im siebten Himmel. Der Absturz kam am nächsten Tag, als Kevin sie zuhause besuchte. Ihre Eltern freuten sich zunächst mit ihr. Dann begannen sie jedoch, ihren Freund auszufragen. Was er beruflich mache? Er hatte keinen Beruf. Ob er noch zur Schule gehe? Nein. Er würde Gelegenheitsjobs annehmen. Lernen müsste er nichts mehr. Wie er sich denn ein Auto leisten könne oder gar seine Wohnung? Mit den Jobs könne er sich hervorragend über Wasser halten. Die Mienen ihrer Eltern verzogen sich immer mehr. Von der anfänglichen Freude konnte sie nun nichts mehr sehen. Und Kira? Sie hatte alles durch eine rosarote Brille gesehen. Nachdem Kevin gegangen war, gaben ihre Eltern ihr klipp und klar zu verstehen, was sie von ihm hielten. Und wie hatte sie reagiert? So wie achtzehnjährige Frauen reagieren. Sie war voll auf Konfrontation gegangen. Aber ihre Eltern waren nicht von ihrem Standpunkt abzubringen: Kevin taugte nichts!
Einige Wochen lang ließen ihre Eltern sie in Ruhe. Wahrscheinlich hofften sie, dass sie zur Vernunft kam. Als sie dann jedoch ständig später nach Hause kam und sie zudem noch einige Klausuren in den Sand setzte, platzte ihrem Vater der Kragen. Er stellte ihr ein Ultimatum: Entweder traf sie sich weiter mit diesem Kevin, oder sie konzentrierte sich auf ihre Ausbildung zur kaufmännischen Angestellten. Und wenn sie zu ihrem Freund hielt und die Ausbildung schleifen ließ, dann könnte sie ihre Koffer packen. Und was hatte sie getan? Drei Tage später packte sie alles, was sie besaß und verschwand mitten in der Nacht, ohne ihren Eltern Bescheid zu sagen. Seither hatte sie kaum mehr Kontakt zu ihnen, und sie konnten auch nicht herausfinden, wo sie wohnte.
Kevin hatte ihr diese Wohnung besorgt, die sie gerade so von ihrem Ausbildungsgehalt finanzieren konnte. Die Ausbildung wollte sie schon zu Ende bringen, damit sie einen Beruf hatte. Ganz so dumm war sie nicht. Aber – Kira barg den Kopf in ihren Händen, als sie zurückdachte – dumm genug.
„ Alles in Ordnung?“, fragte Frau Kowatz.
Kira nickte hinter ihren Händen. Anfänglich hatte sie alles durch eine rosarote Brille gesehen. Es war auch alles wunderbar. Kevin trug sie auf Händen. Doch bereits nach wenigen Wochen war sie abends immer öfter allein . Er kam nur noch vorbei, um mit ihr ins Bett zu gehen. Und als sie ihn darauf ansprach und meinte, es sei besser, Schluss zu machen, hatte er ihr eine deftige Ohrfeige verpasst.
„ Ich bestimme, wann Schluss ist! Kapiert?“ Mehr sagte er nicht. Doch sein Tonfall und die Backpfeife verursachten ihr ordentliches Unbehagen. Die nächsten Tage verliefen wieder besser, aber dann vergaß Kira die Pille zu nehmen, und er ignorierte diese Tatsache komplett. Jetzt saß sie da, in dem ganzen Schlamassel! Sie wusste weder ein noch aus. Und zu ihren Eltern traute sie sich am allerwenigsten. Auf gar keinen Fall würde sie das tun. Da war sie ein ausgesprochener Feig ling.
„ Haben Sie wirklich niemanden, der Ihnen helfen kann?“, fragte Frau Kowatz erneut.
Kira schüttelte schluchzend den Kopf.
„ Ich kann Ihnen helfen.“, meinte die Frau und streichelte sanft über ihren Kopf. Diese Geste brachte Kira erneut zum Aufschluchzen.
„ Und wie?“
„ In unser Frauenhaus nehmen wir ausschließlich schwangere Frauen auf, die ansonsten niemanden haben, an den sie sich wenden können. Frauen wie Sie. Wir kümmern uns um diese Frauen, bis das Kind auf der Welt ist. Und danach helfen wir ihnen natürlich auch.“
Kira starrte sie durch einen Vorhang aus Tränen an.
„ Wer ist w ir ?“
Frau Kowatz holte tief Luft. „Nun. Hauptsächlich kümmere ich mich um die Frauen. Unterstützt werde ich dabei von einem Gönner, der jedoch unbekannt bleiben möchte. Er stellt das Gebäude, in dem die Frauen untergebracht werden, zur Verfügung und finanziert alles.“
Nachdem sie ausgesprochen hatte, wartete sie Kiras Reaktion ab. Diese beruhigte sich allmählich.
„ Ich muss die Wohnung
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