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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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war er dann hier? Gütiger Gott! Sie in die Irre geführt? Das war unmöglich. Und die vielen Zeichen seiner Wertschätzung? Die Rosen? Sie waren zwar gelb, zugegeben, aber in Blumen und ihre Farbe durfte man nicht zu viel hineininterpretieren. Aber was war mit ihren Kutschfahrten durch den Park? Er fuhr jetzt schon seit sechs Wochen jeden Donnerstag mit ihr den Rotten-Row-Weg im Hyde Park entlang. Und gestern erst, als er ihr auf dem Kiesweg beim Aussteigen aus dem Landauer half, hatte er ihre Hand gedrückt und sie sehr vertraut angelächelt, als wärmte die Berührung seine Gedanken ebenso wie ihre. Sie hatte ihn nicht falsch verstanden !
    »Sie müssen offen mit mir sprechen«, bat sie zögernd. »Wir sind uns in den letzten Wochen … recht nahegekommen … «
    »Gewiss.« Er knetete unruhig an seiner Hutkrempe herum. Der Hut würde sich nie wieder davon erholen. »Ich habe den allergrößten Respekt für Sie entwickelt, Miss Boyce. In dem Ausmaß, dass … « Die Farbe seiner eben noch geröteten Wangen verblasste nun wieder. »… es mein sehnlichster Wunsch ist, die Ehre zu haben, Sie meine Schwägerin zu nennen.«
    Sie vernahm ein gedämpftes Aufstöhnen. Das musste Sophie sein, die heimlich durchs Schlüsselloch linste. »Ihre Schwägerin?«, flüsterte Lydia fassungslos.
    »Meine Schwägerin«, bestätigte er.
    Ihr Körper prickelte vor plötzlicher Kälte, als hätte man sie in einen Wintersee gestoßen. Sophie? Sophie , natürlich! Sophie hatte sie während der Fahrten durch den Park stets begleitet, genau wie bei ihren sonnigen Spaziergängen. Doch niemand hätte je vermutet … Er hatte nie etwas angedeutet. Schließlich hatte er immer nur Augen für sie gehabt! Es war nicht Sophie, die George bei jenem ersten Mal zum Tanz aufforderte. Es war auch nicht Sophie, die nach jenem Ball Blumen von ihm bekam.
    Aber es war Sophie, die darauf bestand, zu den Ausflügen mitzukommen. Sophie, die ihn am Ellenbogen berührte, als Lydia zu schüchtern dazu war. Sophie, die sich über sie gebeugt und über jeden seiner Witze gelacht hatte.
    Gott im Himmel. Sophie würde ihn nicht abweisen.
    Sie ließ den Stuhl wieder los und wich einen Schritt zurück. »Eigentlich ziemt sich das nicht.« Ihre Stimme klang furchtbar trocken. Sie erkannte sie selbst nicht wieder. »Der jüngeren Schwester einen Antrag zu machen, obwohl die ältere noch unverheiratet ist.«
    Sein Gesicht bekam wieder Farbe – sicherlich eine Röte der Verärgerung. »Das hat mich durchaus bekümmert. Doch da Ihr Vater in Ägypten weilt, wusste ich nicht, an wen ich mich wenden sollte. Ich habe ihm vor zwei Wochen telegrafiert, aber noch keine Antwort erhalten.«
    »Vor zwei Wochen?« Er hegte schon seit zwei Wochen Absichten für Sophie? Als er zu dem Wohltätigkeitsbasar gekommen war, um das von ihr bestickte Schultertuch zu kaufen, hatte er Sophie heiraten wollen? »Es ist das perfekte Geburtstagsgeschenk für meine Mutter. Ich glaube, ich habe Ihnen schon gesagt, wie sehr sie Sie bewundert«, sagte er damals.
    »Gewiss«, bekräftigte er. »Deshalb wollte ich auch heute mit Ihnen sprechen. Ihre Schwester hat mich informiert, dass Sie eine Art … Verwalterin der Familienangelegenheiten sind.« Hastig fügte er hinzu: »Nicht, dass ich die Kompetenz nicht bewundern würde, mit der Sie diese höchst mühselige Rolle übernommen haben, in Ihrem zarten Alter und mit so geringer Erfahrung. Ich kann mir gar nicht vorstellen, welche Anstrengung es Sie kosten muss, die Angelegenheiten Ihres Vaters zu regeln … «
    Ein neuer, schrecklicher Gedanke durchfuhr Lydia. Sophie hatte ihm davon erzählt? »Meine Schwester? Sie wusste , dass Sie sich dieses Gespräch erhofften?«
    Ein kurzes Schweigen. Er blickte betreten zu Boden. Er wusste selbst, wie schäbig das war. »Ja.«
    Das also war der Grund ihrer Befürchtungen: eine böse Vorahnung von Scham, Schmerz und Zorn. Denn sie konnte Sophie diese Partie nicht versagen. Sie war hervorragend. George – mein George – war der Erbe einer Baronswürde, und damit eines Vermögens. Etwas Besseres konnte sich niemand erhoffen. Doch zu wissen – zu wissen, dass Sophie sie auf diese Art und Weise verraten hatte! Ihre Schwester wusste genau, was Lydia sich in Bezug auf George erhofft hatte. Sophie hatte ihr schweigend und mit einem Lächeln zugehört, wenn Lydia sich ihr anvertraute, sie geradezu ermutigt, mit ihm zu flirten, obwohl sie die ganze Zeit über wusste , wem seine wahre Zuneigung galt! Jedenfalls nicht

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